Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
OCEANA
(getauft
am 02.02.2016)
Auf der Rückseite des großräumigen
Tiefdruckgebiets NORKYS mit Zentrum über der Nordsee strömte am 02.02.2016
Kaltluft polaren Ursprungs über Frankreich in den westlichen Mittelmeerraum. Da
beim Aufeinandertreffen der Kaltluft mit der Warmluft über dem Mittelmeerraum
am nächsten Tag ein Tiefdruckgebiet entstehen sollte, wurde dieses in der
Prognose für den Folgetag von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den
Namen OCEANA getauft.
Das Tiefdruckgebiet OCEANA bildete sich in
Form eines Wellentiefs an der Kaltfront des Tiefs NORKYS in den Frühstunden des
03.02. über dem Nordwesten Italiens. Dort setzte leichter Regen ein, welcher
sich vor allem an den Südalpen rasch intensivierte. Bis zum Mittag hatte das
Tief OCEANA eine knapp 200 km lange und ostwärts über die Alpen reichende
Warmfront und eine entlang der französisch-italienischen Grenze bis über das westliche
Mittelmeer verlaufende Kaltfront ausgebildet. Zudem fiel der Luftdruck im Kern
des Tiefs OCEANA rasch ab. Am Nachmittag und am frühen Abend entwickelten sich
an der Kaltfront über Nordwestitalien Schauer und einzelne Gewitter, in Mailand
traten bei den Gewittern auch Hagel auf. Die Niederschläge über dem westlichen
Alpenraum verstärkten sich ebenfalls weiter. Am späten Abend entstanden auch
teils starke Gewitter entlang der Küste von Slowenien und dem Norden Kroatiens
sowie über dem Nordosten Italiens.
Bis 01 Uhr MEZ des 04.02. war das Tief
OCEANA über die östliche Adria weitergezogen, der Luftdruck im Inneren war auf
unter 1010 hPa gefallen. Die Warmfront führte nun vom Zentrum aus ostwärts bis
nach Ungarn, die Kaltfront hatte sich über Italien hinweg bis zum Ionischen
Meer und den Norden Afrikas verlagert. Zusätzlich bildete sich am Tief OCEANA
eine westwärts gerichtete und bis Korsika reichende Okklusion aus. Als Okklusion
oder Okklusionsfront wird eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront bezeichnet, die
entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vorhergehende
Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront zusammenlaufen,
heißt Okklusionspunkt. Zum Morgen des 04.02. war das Tief OCEANA über das
Dreiländereck Montenegro, Serbien und Albanien gezogen, doch bereits tags zuvor
brachte das Tief OCEANA vor allem in den Südalpen und im Umfeld der nördlichen
Adria viel Niederschlag. Bis 07 Uhr MEZ waren auf dem 2472 m hohen Grand St.
Bernard innerhalb von 24 Stunden 105,0 mm Schnee gefallen, zudem wurden auf dem
Gipfel Orkanböen bis 120,5 km/h registriert. In weiten Teilen der Schweiz
traten Niederschlagssummen um 20 mm auf, ebenso im Süden Österreichs. Im
italienischen Treviso waren im Zusammenhang mit den Gewittern des Vorabends und
der Nacht 23,0 mm gefallen, in Venedig wurden 28,0 mm gemessen. Besonders
kräftige Gewitter hatten im kroatischen Rijeka über Nacht sogar unwetterartige
77,3 mm Niederschlag gebracht. Rückseitig des Wirbels OCEANA konnte sich zudem
die polare Kaltluft von Norden her über Italien weit nach Süden ausbreiten,
sodass in Norditalien in dieser Nacht verbreitet Tiefsttemperaturen im
Frostbereich gemessen werden konnten, wie am Flughafen von Mailand mit -6,1°C
und an der Station Turin Venaria mit
-4,4°C. Oberhalb von 500 Meter gingen auf dem Westbalkan die Regenfälle auch
vermehrt in Schnee über. In den Morgen- und Vormittagsstunden breiteten sich
die stärksten Niederschlagsgebiete mit der Zugrichtung des Tiefs OCEANA entlang
der Balkanwestküste südwärts aus und erreichten auch den Nordwesten
Griechenlands. Dabei konnten sich in der Kaltluft über dem Süden Italiens und
Sizilien erneut einzelne Gewitter bilden. Da die nachfolgende Kaltluft im
weiteren Verlauf jedoch auch sehr trocken war, schien an diesem Tag bei zwar
kühlen Temperaturen über dem Norden und der Mitte Italiens 9 bis 10 Stunden
lang die Sonne. Bis zum späten Abend war das Zentrum des Tiefdruckwirbels
OCEANA bis über den Norden Griechenlands gezogen. An der weiter südwestwärts
ziehenden Kaltfront entwickelten sich über dem Ionischen Meer einige Gewitter,
welche gegen Mitternacht auch die Halbinsel Peloponnes erreichten.
Bis zum 05.02.2016 um 01 Uhr MEZ war das
Tief OCEANA über die Ägäis weitergezogen, der Luftdruck im Zentrum des Tiefs
war weiter leicht gefallen und betrug ca. 1008 hPa. Die Kaltfront hatte sich
weiter südostwärts verlagert und reichte vom Kern nach Süden über Griechenland
bis nach Nordafrika. Die Warmfront befand sich zu diesem Zeitpunkt über dem
Schwarzen Meer. Das Tief OCEANA zog in östlicher Richtung auf die türkische
Westküste zu, dabei entstanden im Umfeld des Tiefdruckzentrums erneut einige
Gewitter über der Ostägäis. Zudem setzten kräftige Regenfälle über der
Westtürkei ein. Besonders über Südbulgarien, dem Osten Griechenlands und dem
Westen der Türkei nahmen diese auch teils unwetterartige Ausmaße an. So wurden
bis 07 Uhr MEZ des 05.02. am Flughafen der griechischen Stadt Alexandroupoli in nur 12 Stunden 72,0 mm Niederschlag
gemessen, im südbulgarischen Kurdjali sogar 82,0 mm.
Im türkischen Kirklareli waren bis zum Morgen 41,0 mm
Niederschlag gefallen, welcher in den Frühstunden sogar in Schnee übergegangen
war, sodass dort zudem eine Schneedecke von 1 cm Höhe gemessen werden konnte.
Auf der griechischen Insel Limnos wurden außerdem Sturmböen bis 72,3 km/h
gemessen werden, ebenso in Alexandroupoli. Weiter
westlich in der albanischen Stadt Vlore wurden
innerhalb von 24 Stunden 32,0 mm Niederschlag in Zusammenhang mit Tief OCEANA
gemessen, im italienischen Pescara 13,0 mm und im
bosnisch-herzegowinischen Gebirgszug Bjelasnica 18,5
mm. Der Tiefdruckwirbel OCEANA zog im Folgenden über den Westen der Türkei
weiter ins Landesinnere, dabei entwickelten sich an der türkischen Südküste
Schauer und noch vereinzelte Gewitter. Die Hauptniederschlagsgebiete
konzentrierten sich nur noch auf den Bereich der Ägäis und der westlichen
Türkei. Gegen Abend befand sich das Tiefdruckzentrum westlich der türkischen
Hauptstadt Ankara. In der Nacht dehnten sich die Niederschläge weiter nach
Osten aus, in den Hochlagen der Türkei schneite es auch.
Bis 01 Uhr MEZ des 06.02. war das Tief
OCEANA bis zur Landesmitte der Türkei weitergezogen, der Luftdruck im Zentrum
betrug nach wie vor ca. 1008 hPa. Die Kaltfront hatte den gesamten östlichen
Mittelmeerraum überquert und reichte bis über den Norden Ägyptens, wo es auch
leicht zu regnen begonnen hatte. Die Warmfront verlief vom Zentrum aus
nordwärts über das Schwarze Meer bis über Südrussland. Zur zweiten Nachthälfte
schlug das Tief OCEANA eine eher südöstlichere Zugbahn ein und verlagerte sich
in Richtung türkischer Südküste. Um 07 Uhr MEZ wurden vor allem in der
westlichen Türkei teils sehr hohe 24-stündige Niederschlagsmengen gemessen. In Adapazari wurden 66,2 mm Niederschlag registriert, in Mugla 64,4 mm. Doch auch auf Kreta wurden in Kasteli 43,2 mm gemessen und in Morphou
auf Zypern 4,6 mm. Das Tief OCEANA verlagerte sich weiter in Richtung
türkisch-syrisches Grenzgebiet, die Kaltfront zog über Israel, den Libanon,
Jordanien und Syrien hinweg zügig nordostwärts, sodass es in dieser Region zu
längeren Regenfällen kam. Bis 19 Uhr MEZ kam es so zu 8,0 mm Niederschlag in
Jerusalem, 14,0 mm im jordanischen Irbid und 12,0 mm
im syrischen Latakia.
Um 01 Uhr MEZ des 07.02. befand sich das
Zentrum von Tief OCEANA vor ebendieser Küstenstadt Latakia,
der Luftdruck im Inneren war auf knapp 1009 hPa angestiegen. Auf der Rückseite
des Tiefs hatte es zusätzlich eine neue Kaltfront ausgebildet, welche von der
Küste Ägyptens bis zum Kern des Tiefs verlief. An dieser Kaltfront bildeten
sich in der Nacht auch zahlreiche Gewitter entlang der Küsten Israels, des
Libanons und Syriens. Aufgrund dessen traten in diesen Regionen ungewöhnlich
hohe 24-stündige Niederschlagssummen bis 07 Uhr MEZ auf, in der libanesischen
Stadt Tripoli wurden 46,0 mm gemessen, in Jerusalem
40,0 mm und im türkischen Tunceli 45,6 mm. In den
Folgestunden zog das Tief OCEANA weiter nach Osten und entfernte sich damit aus
dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte.
Das Tief OCEANA hatte das Wettergeschehen
im Mittelmeerraum über insgesamt 5 Tage beeinflusst und vor allem über dem östlichen
Mittelmeer für zahlreiche Gewitter und hohe Niederschlagssummen gesorgt.
Zusätzlich hatten sich die kräftigen Regenfälle auch bis in den westlichen Teil
des Nahen Ostens ausgedehnt und dort ebenfalls für Niederschlagsmengen gesorgt,
welche in etwa der Hälfte des dort üblichen Monatsmittels entsprechen.
Geschrieben
am 15.05.2016 von Maximilian Steinbach
Berliner
Wetterkarte: 05.02.2016
Pate:
Marina Oceana Arnold