Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ODO

(getauft am 19.04.2013)

 

Am 19. April 2013 war eine lang gezogene Luftmassengrenze über Europa zu erkennen, die sich von Karelien im Grenzgebiet zwischen Finnland und Russland über das Baltikum und Polen bis zu den Alpen und weiter über Südfrankreich und die Iberische Halbinsel bis zum westlichen Nordatlantik nahe der Inselgruppe von Madeira erstreckte. Während die Luftmassengrenze im Bereich der Alpen als Warmfront ausgeprägt war, besaß sie über Südfrankreich und Spanien Kaltfrontcharakter. Etwa über den französischen Seealpen entstand an der Übergangsstelle zwischen der Warmfront und der Kaltfront im Laufe des Tages ein Wellentief, welches in der Prognose für den Folgetag auf den Namen ODO getauft wurde.

Am 20. April lag das Wellentief ODO mit einem Kerndruck von knapp 1010 hPa über der Provence. Die Warmfront reichte von dort ausgehend über Norditalien und den östlichen Alpenraum bis über den Westen Ungarns, wo die Verbindung zu einer Kaltfront bestand, die zum Tief NILS über der Barentssee gehörte. Vom Tiefdruckzentrum des Wirbels ODO ging außerdem eine bogenförmige Kaltfront aus, die östlich von Korsika und Sardinien verlief und entlang der algerischen Küste bis über die Grenzregion zu Marokko reichte. Bereits in der Nacht zu diesem Tag regnete es besonders in Norditalien zum Teil stark, was zu einer 24-stündigen Niederschlagsmenge von 70 Liter pro Quadratmeter bis zu diesem Tag um 08 Uhr MESZ in Turin führte. Im Tagesverlauf änderte sich an der Lage des Tiefdruckkerns der Zyklone ODO kaum etwas und so lag er am Morgen des 21. April vor der südfranzösischen Küste etwas südöstlich von Marseille und der Kerndruck betrug etwas unter 1015 hPa. Da sich die Fronten auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn um Tiefdruckkerne bewegen und die Kaltfront sich schneller, holt sie die Warmfront nach und nach ein. Dadurch bildet sich eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die sogenannte Okklusionsfront. Vom Zentrum beschrieb diese einen Bogen dem Verlauf der Alpen folgend bis zum Okklusionspunkt, der ungefähr über dem Schweizer Kanton Graubünden lag. Von dort ging eine Warmfront aus, die sich nach Osten bis zu den Karpaten im Norden Rumäniens erstreckte. Außerdem begann am Okklusionspunkt des Tiefs ODO eine Kaltfront, die über die nördliche Adria und das südliche Italien bis östlich von Malta reichte, um dort in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über Algerien überzugehen. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen dieses Tages zeigen wiederum den Schwerpunkt des Regens über Norditalien. Während in Turin 23 l/m² fielen, kamen in Mailand 30 l/m² zusammen. Die Mitteleuropakarte der Berliner Wetterkarte zeigt die Lage des Okklusionspunktes um 14 Uhr MESZ nach Osten verschoben, über der nordostitalienischen Region Friaul-Julisch Venetien. Bis zum Morgen des Folgetages erreichte Dubrovnik in Kroatien mit 33 l/m² die höchste Niederschlagssumme. Im weiter westlich gelegenen Venedig in Norditalien kamen 9 l/m² zusammen.

Am 22. April lag der Kern des Tiefdruckgebietes ODO mit unverändertem Kerndruck über dem Ligurischen Meer, von wo aus eine bogenförmige Okklusionsfront über den Norden Italiens entlang der Alpen und über die Adria verlief. Östlich der süditalienischen Region Apulien ging sie in eine Kaltfront über, die sich in südwestlicher Richtung bis südlich von Tunis erstreckte. Eine Warmfront war nicht zu erkennen, somit war das Tief schon recht weit okkludiert, also gereift. Den Gebieten rund um die nördliche Adria brachte das Tief ODO weiterhin teils ergiebigen und besonders an der kroatischen Küste schauerartig verstärkten und mit Gewittern durchsetzten Regen. Dubrovnik meldete bis zum Morgen des Folgetages eine Niederschlagssumme von 57 l/m². Auch auf der Rückseite, also westlich der Okklusionsfront und der Kaltfront, gab es gebietsweise signifikante Regenmengen, wie in der italienischen Hauptstadt Rom mit 10 l/m² und im weiter südlich gelegenen Neapel mit 12 l/m².

Am 23. April befand sich das Tief ODO mit seinem Kern über der nördlichen Adria. Von der Poebene ging eine Okklusionsfront aus und führte zunächst über den Balkan, um im Küstengebiet von Montenegro und Albanien in eine Kaltfront überzugehen, die über dem Golf von Tarent in eine Warmfront überging, welche bis an die nordafrikanische Küste im Grenzgebiet von Tunesien und Libyen reichte. Aufgrund des sich verstärkenden Hochdruckeinflusses löste sich das Tief ODO im weiteren Verlauf vollständig auf und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 21.04.2013

Pate: Dr. Odo Feenstra