Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet OKSANA

(getauft am 11.07.2012)

 

Bis zum 11.07. war über dem Nordatlantik in der mittleren Troposphäre, d.h. in einer Höhe von ca. 5,5 km, eine sogenannte Omega-Lage bestimmend, bei der ein Höhentief mit seinem Zentrum über dem zentralen Grönland lag. Dabei drehte die Strömung von Neufundland kommend scharf nach Norden und verlief über Süd-, Nord- und Ostgrönland nach Island, um anschließend über den Britischen Inseln in einen Kaltlufttrog zu münden. Auf der Westseite wurde warme Höhenluft weit nach Norden und auf der Ostseite kalte Höhenluft nach Nordwesteuropa transportiert. Allerdings formierte sich von der Labradorsee her kommend ein Tiefdrucksystem, welches im Bodenniveau deutlich stärker ausgeprägt war als in der Höhe und beendete diese blockierende Wetterlage, sodass sich in der Höhenwetterkarte eine durchgehend westliche Strömung von Neufundland bis nach Westeuropa ausprägte.

Zu diesem Tiefdrucksystem gehörte auch ein Wirbel, der an diesem Tag in der Prognose für den Folgetag auf den Namen OKSANA getauft wurde. Er folgte einer östlichen bis südöstlichen Zugrichtung und lag in der Nacht zum 12.07. mit seinem Zentrum vor der irischen Westküste. Der Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt knapp unter 1010 hPa. Weiterhin war das Tief OKSANA Teil einer zusammenhängenden Linie von kleineren Tiefdruckgebieten, die sich wie auf einer Kette aufgereiht von Westgrönland über Irland und wieder nach Westen zur Ostküste der USA erstreckte. Nur die Warmfront vom Tief OKSANA war mit einer Länge von etwa 1500 km vom Zentrum aus gesehen erkennbar ausgeprägt. Die Kaltfront war noch nicht eindeutig analysierbar und bildete sich erst im Laufe des 12.07. heraus. Da Warm- und Kaltfront vergleichsweise dicht beieinander lagen, hatte auch der Warmsektor, d.h. der Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, im Bodenniveau eine flächenmäßig geringe Ausdehnung.

Im Tagesverlauf überquerte das Tief OKSANA mit einer Okklusion, also einer Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, welche sich vom Tiefzentrum aus über den Ärmelkanal bis zum Golf von Biskaya erstrecke, Großbritannien. Irland und der Südhälfte Großbritanniens brachte die Okklusion dabei länger andauernden Regen. Beispielsweise wurden in Bournemouth 15 l/m² und in Plymouth 17 l/m² gemessen, aber auch in London summierte sich die 24-stündige Regenmenge auf 9 l/m². Das durch Hebung von Warmluft entstandene kompakte Regengebiet brachte ebenfalls über Nordfrankreich länger anhaltenden Regen mit Mengen von z.B. 11 l/m² in Brest und 10 l/m² in Paris innerhalb von 24 Stunden.

Das Tiefdruckgebiet OKSANA folgte der Höhenströmung, die südlich am Höhentiefzentrum über der Nordsee vorbeiführte. Dadurch änderte sich ihre Zugrichtung von östliche auf nordöstliche Richtung, sodass das Zentrum am 13.07. nicht über Deutschland hinweg zog, sondern an der deutschen Nordseeküste entlang nach Dänemark. Dagegen überquerte die inzwischen nur noch in der Höhe ausgeprägte Warmfront die Nordhälfte Deutschlands.  Das immer noch großflächige Regengebiet mit schauerartig verstärkten Niederschlägen verlagerte sich ebenfalls mit der Zugrichtung. Beispielsweise fielen am Flughafen Berlin-Tegel innerhalb von 12 Stunden 10 l/m², in Greifswald wurden 6 l/m² registriert. Die Höchsttemperatur erreichte in der Nordhälfte Deutschlands unter den dichten Wolken keine 20°C, während entlang des Rheins bis zu 23°C gemessen wurde. In den folgenden 12 Stunden kamen auf der Rückseite der Okklusionsfront bei einzelnen Schauern weitere  2 bis 3 l/m² hinzu. In dem Bereich des Tiefzentrums, welches in der Nacht über Dänemark hinweg zog, meldeten Karup und Hvide Sande mit je 7 l/m² die höchste Niederschlagssumme zum 6 Uhr UTC-Termin, d.h. 8 Uhr MESZ. Bis zum 18 Uhr UTC-Termin fielen in Hvide Sande weitere 12 l/m², in Aalborg mit 13 l/m² sogar noch etwas mehr. Am Flughafen von Billund wurde mit 10 l/m² ebenfalls eine zweistellige Regenmenge registriert.

Obwohl das Tiefdruckgebiet OKSANA am 14.07. den tiefsten Kerndruck mit knapp unter 1000 hPa erreichte, tauchte es an diesem Tag nach nur drei Tagen letztmalig über Südschweden auf der Berliner Wetterkarte auf. Das nachfolgende Tief PETRA, welches sich von Süddeutschland über Polen in Richtung Baltikum verlagerte, wurde das steuernde Tiefdruckgebiet und nahm dabei das Tief OKSANA in seine Zirkulation mit auf.

 


Geschrieben am 05.09.2012 von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 13.07.2012

Pate: Marius Salamon