Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet OLIVIA
(getauft am 19.11.2016)
Im Tagesverlauf
des 18.11.2016 überquerte die Kaltfront des Tiefdrucksystems MIRJA unter
anderem Frankreich und Deutschland von Nordwest nach Südost. Während sie
anfangs rasch nach Südosten vorankam, verlangsamte sich ihre
Verlagerungsgeschwindigkeit bis zum Abend deutlich. Zudem erreichte die Front
die Alpen, die ein großes natürliches Hindernis darstellen. Auf der
Alpensüdseite bildete sich am Abend erstmals ein Luftdruckminimum aus.
Wenige Stunden
später, um 01 Uhr MEZ des 19.11., konnte das auf den Namen OLIVIA getaufte Tief
mit Zentrum über den französischen Alpen analysiert werden. Durch die
Drehrichtung des Tiefs OLIVIA gegen den Uhrzeigersinn wurde die Kaltfront, an
dem sich das Tief gebildet hatte, wieder rückläufig und verlagerte sich
nordwärts und stellte so eine Warmfront dar, die sich vom Zentrum aus über
Österreich und Südbayern bis nach Tschechien erstreckte. Die Kaltfront zog sich
über Südfrankreich und Katalonien bis nach Andalusien. Während die Kaltfront
nur vereinzelt im Süden Frankreichs Niederschlag brachte, wie beispielsweise in
Orange mit 17 mm Regen in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ, war die Warmfront sehr
wetteraktiv. So fiel in Bayern in einem schmalen Streifen vom Allgäu bis zum
Bayerischen Wald die ganze Nacht Regen, der verbreitet bis zu 10 mm verursachte,
an der Station Mering nahe Augsburg sogar 19 mm im gleichen Zeitraum.
Südöstlich des Frontensystems führte Südwind von der nördlichen Adria über
Slowenien bis ins österreichische Kärnten zu hohen Niederschlagswerten. In der
slowenischen Hauptstadt Ljubljana fiel in einem südlichen Stadtteil nur
6 mm Niederschlag, in einem nördlichen dagegen 40 mm. Auf österreichischer
Seite gab es in Villach 17 mm und an der slowenisch-kroatischen Grenze in Parg sogar 74 mm in 12 Stunden. Die Höchsttemperatur dieses
Tages war dabei deutschlandweit mit 7 bis 9°C recht einheitlich. Am Vortag konnten
es in der Lausitz und in Sachsen noch bis zu 17°C verzeichnet werden. Diese
wärmere Luft war an diesem Tag in Wien zu finden, wo maximal 16°C erreicht
wurden. Der frontale Regen verlagerte sich im Tagesverlauf nach Nordosten. In
Berlin wurden bis zum Abend um 19 Uhr MEZ in 12 Stunden 3 bis 4 mm Regen
registriert, in Bayern verbreitet 7 bis 11 mm, im Allgäu sogar bis zu 21 mm in
Balderschwang und auf dem Säntis in der Schweiz 22 mm. Aber auch Polen fielen
teilweise erhebliche Niederschlagsmengen. So wurden in Lodz 17 mm, in Ketrzyn 15 mm und in Cervena im
Osten Tschechiens 20 mm gemessen.
Am Folgetag um 01
Uhr MEZ befand sich das Tiefdruckgebiet OLIVIA über Litauen mit einem minimalen
Luftdruck von ca. 1005 hPa. Der Wirbel OLIVIA besaß eine sich nach Nordosten
nach Russland erstreckende Höhenwarmfront sowie eine nach Süden reichende
Höhenkaltfront, die über Ostpolen bis über die Slowakei reichte. Bis zum Morgen
um 07 Uhr MEZ konnten nur im Osten Brandenburgs und Sachsens sowie in
Niederbayern noch Niederschlagsmengen bis 2 mm gemessen werden. Weiter
nordöstlich fiel dagegen wesentlich mehr Niederschlag. In Polen summierte sich
der Regen auf meist etwa 2 bis 5 mm, im Nordosten Polens bis zu 11 mm. Die
Nacht gestaltete sich im Südosten Polens, der von der Kaltluft nicht erreicht
wurde, mild mit beispielsweise 10°C in Lesko als
Minimum, wobei dies nur mit leichtem Föhn von der Hohen Tatra möglich war. Im
Nordwesten ging die Temperatur dagegen meist unter 5°C zurück, in Zielona Gora wurde nur 1°C gemessen. Auf deutscher Seite sank in Coschen das Minimum der Temperatur sogar auf 0°C, ebenso an
der am Stadtrand gelegenen Station Berlin-Kaniswall.
In den baltischen Staaten, im Süden Finnlands sowie im Nordwesten Russlands wurde
in der Nacht einiger Niederschlag beobachtet, der jedoch zum Großteil als Regen
fiel, nur anfangs schneite es teilweise. Im lettischen Skriveri
kamen dabei 23 mm und im estnischen Tartu 22 mm Niederschlag in 12 Stunden bis
07 Uhr MEZ zusammen. Die vorhandene Schneedecke in der Region um St. Petersburg
sowie in der südlichen Mitte Finnlands schrumpfte durch den niedergehenden
Regen und die milden Temperaturen deutlich. Das Tief OLIVIA war dabei in eine
starke südliche Strömung eingebettet, die milde Luft in den Nordosten Europas
transportierte. Kennzeichnend dafür ist die Temperatur in 850 hPa, was etwa eine
Höhe von 1500 m entspricht. Dort lagen die Tagesmaxima am 20.11. im Warmsektor,
also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, über dem Nordwesten Russlands
teils bei über 5°C. Durch den sehr niedrigen Sonnenstand sowie die teils noch
vorhandene Schneedecke, die durch die kalte Vorwitterung in der zweiten
Novemberdekade entstanden war, erhöhte sich die Bodentemperatur im Vergleich
zur Temperatur in 850 hPa nur gering, teilweise kühlte sie sich sogar ab. So
wurde über den Schneeflächen etwas landeinwärts in Russland nur ein Maximum von
3°C gemessen, im inzwischen schneelosen St. Petersburg dagegen schon 7°C. Im
Baltikum stieg das Maximum auf verbreitet 5 bis 8°C an. Dies geschah sogar auf
der höhenkalten Seite des Tiefs OLIVIA, weil dort durch einen höheren
Temperaturkontrast zwischen Boden und höheren Luftschichten eine stärkere
vertikale Durchmischung auftritt und sich somit der Boden teilweise stark
erwärmt. Bei der Ankunft höhenwarmer Luft im Zusammenhang mit einer Warmfront
lässt sich dagegen die vor der Front liegende schwerere bodennahe Kaltluft
nicht so leicht verdrängen, weil die Schichtung stabil ist und kaum Austausch
zwischen der wärmeren Luft in der Höhe und der kalten Luft am Boden
stattfindet. Bis zum Abend zog der Niederschlag nach Nordosten, wobei im
russischen Karelien noch bis zu 16 mm Niederschlag registriert wurden.
Mit der starken
Strömung in der Höhe und auch am Boden verlagerte sich das Tief OLIVIA rasch
nach Nordosten. Um 01 Uhr MEZ des 21.11. befand sich der Wirbel OLIVIA bereits
über der Südküste der Barentssee mit einem minimalen Luftdruck von ca. 1007
hPa. Vom Zentrum aus verlief eine kurze Okklusion nach Südosten. Dies stellt
eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront dar, bei welcher sich die wärmere Luft
nur noch in höheren Luftschichten befindet. Am Okklusionspunkt spaltete sich
diese in eine Höhenwarmfront auf, die sich in östliche Richtung erstreckte,
sowie in eine Höhenkaltfront auf, welche einige Hundert Kilometer nach
Südwesten reichte. Um diese Uhrzeit wurde vor der Warmfront Schneefall gemeldet
und die Temperatur stieg von vorher etwa -15°C auf etwa -5°C an. Im Warmsektor
erwärmte sich die Temperatur nur wenig, da sich bodennah ein südwestlicher Wind
einstellte, der sehr kalte Luft aus dem Bereich des weiter südlich liegenden
mächtigen Kältehochs in diese Region führte. Allerdings war im Warmsektor die
Lufttemperatur in höheren Luftschichten teilweise über dem Gefrierpunkt, sodass
örtlich gefrierender Regen fiel. Erst hinter der Kaltfront erwärmte sich die
Luft infolge stärkerer Durchmischung bodennah, sodass dann bei 2°C einzelne
Schneeschauer niedergingen, weil in der Höhe wieder kältere Luft ein Schmelzen
in höheren Luftschichten verhinderte. Aus diesem Grund wurden die Fronten nur
als Höhenfronten analysiert, weil diese bodennah teilweise sogar das Gegenteil
bewirkten. Auf dem weiteren Weg nach Osten kühlte sich die Luft im Tagesverlauf
in höheren Luftschichten weiter ab, sodass die sich insgesamt abschwächenden
Niederschläge zunehmend in Schnee übergingen. Durch die hinter der Kaltfront
vorhandene westliche bis nordwestliche Bodenströmung von der noch nicht
gefrorenen Barentssee blieb die Temperatur in Bodennähe oftmals jedoch positiv.
Das
Tiefdruckgebiet OLIVIA zog bis zum Folgetag unter Abschwächung weiter nach
Osten, sodass es am Folgetag außerhalb des Darstellungsbereichs der Berliner
Wetterkarte war und somit nicht mehr analysiert werden konnte.
Geschrieben
am 08.12.2016 von Dustin Böttcher
Berliner
Wetterkarte: 19.11.2016
Pate:
Otto Müller