Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet OLLI

(getauft am 07.02.2017)

 

Am 7. Februar 2017 wurde ein Tiefdruckgebiet in der Prognose für den Folgetag über dem westlichen Mittelmeer auf den Namen OLLI getauft. Zum Zeitpunkt der Taufe deutete sich am Rand des Tiefs NIKLAS, dessen Kern südwestlich von Island lag, die Bildung eines neuen Tiefdruckgebietes an. Eine Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, zog sich von einem Gebiet nördlich des Kerns des Wirbels NIKLAS und westlich von Island über die Britischen Inseln und den westlichen Ärmelkanal bis zum Okklusionspunkt an der Nordküste der Bretagne. Dort traf eine über Westfrankreich und die östliche Biskaya bis über den Nordosten Spaniens verlaufende Warmfront wie bei einem Reißverschluss auf eine weiter westlich folgende Kaltfront, die über die Biskaya und den Nordwesten Spaniens bis über die Gegend der zu Portugal gehörenden Inselgruppe Madeira reichte. Im südlichen Bereich der Okklusionsfront, des Okklusionspunktes und des weiter südlich zwischen Warm- und Kaltfront aufgespannten Warmluftsektors des Tiefs NIKLAS sank der Luftdruck im Vergleich zur Umgebung. In höheren Luftschichten bildete sich vom 7. zum 8. Februar aus einer zunächst ebenfalls im Vergleich zur Umgebung kälteren Zone ein abgeschlossenes Höhentief, also eine relativ kalte Zone mit eigenständiger Zirkulation um ein Tiefdruckzentrum herum, aus.

Am 8. Februar wurde in der Bodenwetterkarte das Bodentiefdruckgebiet OLLI mit seinem Zentrum etwa über der Côte d’Azur in Südfrankreich analysiert. Das dazugehörige Höhentief lag nördlich davon über dem westlichen Ärmelkanal, wobei tiefer Luftdruck in höheren Luftschichten auch deutlich weiter südlich bis etwa zu den Pyrenäen herrschte. Dass Höhentief bzw. Höhentiefs und Bodentief nicht an der gleichen geographischen Position liegen, ist ein Zeichen für die noch anhaltende Entwicklung des Bodentiefs. Der Kerndruck der Zyklone OLLI lag bei weniger als 1015 hPa. Nach Norden schloß sich eine Okklusionsfront an, die bis in die Grenzregion von der Westschweiz bis Ostfrankreich reichte und dort in eine weitere, zu einem unbenannten Tief über Nordostfrankreich gehörenden Okklusionsfront überging. Nach Norden bis Westen setzte sich die zuvor durch die Okklusionsfronten beschriebene Luftmassengrenze über einige Tausend Kilometer fort und mündete letztlich im Tiefdruckkomplex NIKLAS südlich von Grönland, das sowohl am Boden ausgedehnt war, als auch in der Höhe mit einem umfangreichen Tief korrespondierte. Auf Bodenniveau erstreckte sich außerdem südlich bis westlich des Tiefdruckgebietes OLLI eine Kaltfront. Diese verlief über das westliche Mittelmeer, passierte die Balearen und reichte über dem äußersten Norden Marokkos bis nach Madeira. Da der Zeitpunkt des Übergangs aus den zuvor beschriebenen Frontenstrukturen des Tiefdruckgebietes NIKLAS zum eigenständigen Bodentief OLLI subjektiv ist, kann anhand der 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen des 8. Februars keine eindeutige Aussage darüber getroffen werden, wie viel Niederschlag das Tiefdruckgebiet OLLI bis dahin seit seiner Entstehung brachte. Stattdessen kann man sich aber anhand des Niederschlags vom 8. Februar morgens an im Bereich der zuvor beschriebenen Fronten des Tiefs OLLI einen Überblick verschaffen. Die mittlerweile etwas nach Südosten verlagerte Kaltfront machte sich in den Morgenstunden sowie am Vormittag über Nordafrika in erster Linie durch ein Wolkenband bemerkbar, das von der Küste Nordostalgeriens bis ins algerisch-marokkanische Grenzgebiet verlief. In Richtung Sardinien und Korsika sowie der Côte d’Azur machte sich die Nähe zum Zentrum sowie zur Okklusionsfront des Tiefdruckgebietes OLLI in Form von teils kräftigem Regen bemerkbar. Auf den Balearen, insbesondere auf Mallorca, kam es aufgrund instabil geschichteter Kaltluft, die hinter der Kaltfront einfloss, zu schauerartigem Regen. In Lluc im Norden Mallorcas fiel in drei Stunden bis 10 Uhr MEZ eine Niederschlagsmenge von 27,5 l/m², begünstigt auch dadurch, dass die feuchten, von Nordwesten anströmenden Luftmassen an den Bergen zum Abregnen gezwungen wurden. Bei den 6-stündig gemeldeten Niederschlagssummen bis 13 Uhr MEZ erreichte Lluc 33,7 l/m², womit also über 6 l/m² in drei Stunden dazukamen. Capo Caccia im Nordwesten Sardiniens kam 6-stündig auf 14,4 l/m². An der Wetterstation Grand St. Bernard an der schweizerisch-italienischen Grenze summierte sich der dort als Schnee fallende Niederschlag im gleichen Zeitraum auf 11 l/m² auf. In den algerischen küstennahen bzw. Küstenorten Tizi-Ouzou sowie Jijel-Port kamen 10 bzw. 11 l/m² in 6 Stunden zusammen, was auf Schauer und Gewitter zurückzuführen ist, die sich bis zum Mittag und frühen Nachmittag ausgebildet hatten. Bis zum Abend kam es im Westen Tunesiens, wie in Tozeur und Gafsa, zu Sand- und Staubstürmen. An der Wetterstation in Tizi-Ouzou wurden zudem teils schwere Sturmböen bis 89 km/h registriert. In Mahon auf Menorca und am Cap Corse im Norden Korsikas erreichte der Wind in Böen jeweils Sturmstärke, was Stufe 9 auf der Beaufort-Skala entspricht. Noch kräftiger war der Wind im Süden Frankreichs, wo auf dem Mont Aigoual im Zentralmassiv mit bis zu 131 km/h sowie am Cap Béar an der Mittelmeerküste nahe der spanischen Grenze mit maximal 154 km/h jeweils Spitzenböen der Orkanstärke auftraten. Von Avignon und Orange bis zu den östlichen Pyrenäen kam es nachmittags und abends auch in tieferen Lagen an einigen Orten zu Sturmböen. Stellenweise, wie in Perpignan und Leucate, gab es schwere Sturmböen, und in Vives wurden sogar orkanartige Böen gemessen. Vor der Kaltfront stieg die Temperatur im nordwestlibyschen Küstenort Zuara auf 23°C, im tunesischen Kairouan gab es mit 22°C eine ähnliche Höchsttemperatur. Dagegen verzeichnete Lluc lediglich ein Maximum von 7°C, und unter oft dichten Regenwolken war es auch in Marseille mit einer Höchsttemperatur von 9°C deutlich weniger mild als vor der Kaltfront. Die einströmende Kaltluft begünstigte darüber hinaus die weitere Entwicklung des Tiefdruckgebietes OLLI.

Bis zum Morgen des 9. Februars summierte sich der Niederschlag 24-stündig auf Korsika örtlich auf mehr als 100 l/m² auf. So verzeichnete Oletta im Norden der Insel 125,9 l/m², während in Solenzara an der Ostküste 104 l/m² fielen. In Skikda an der algerischen Küste kamen 48 l/m² zusammen und in Luqa auf Malta betrug die Niederschlagssumme 22,8 l/m². Auf dem europäischen Festland erreichte die Schweizer Wetterstation Grand St. Bernard eine Niederschlagsmenge von
20,7 l/m², auf dem Mont du Chat im französischen Jura fielen 18,7 l/m² und in Coublevie in Departement Isere kamen 16,7 l/m² zusammen. Mittlerweile befand sich das Zentrum des Tiefdruckgebietes OLLI, in dem ein Kerndruck von unter 1010 hPa herrschte, etwa an der Ostküste Sardiniens. Von dort aus verlief eine Okklusionsfront bogenförmig nach Nordwesten bis Norden und führte westlich von Korsika zum südfranzösischen Festland im Bereich der Provence, um weiter über Ostfrankreich und Belgien bis über die Niederlande zur Emsmündung zu reichen. Südlich des Kerns des Wirbels OLLI erstreckte sich eine Kaltfront, die knapp südwestlich von Sizilien verlief, im westlichen Libyen auf den afrikanischen Kontinent traf und weiter nach Süden bis über den Rand des von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Gebietes hinaus führte.

Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen des Folgetages zeigten weiterhin den Einfluss der zum Tief OLLI gehörenden Fronten. So kamen in Souda auf Kreta 40,1 l/m² zusammen, das tunesische Tabarka verzeichnete
61,4 l/m² und Bastia auf Korsika kam auf 41,4 l/m². Der Kerndruck zwischen Sizilien und Tunesien lag bei unter 1010 hPa. Etwa von der Nordspitze Tunesiens ausgehend, zog sich eine Okklusionsfront in einem Bogen, den Südosten Sardiniens streifend, bis vor die süditalienische Küste des Tyrrhenischen Meeres. Ihre Fortsetzung fand sie als Höhenokklusion, die über Süditalien und das Ionische Meer bis zur Großen Syrte verlief und weiter über Libyen in südlicher bis südwestlicher Richtung bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte reichte. Das zuvor angesprochene Höhentief als steuerndes Element schwächte sich ab und lag nun fast deckungsgleich zum Bodentiefdruckgebiet OLLI, so dass sich in der Folge über dem zentralen Mittelmeerraum geringe Luftdruckgegensätze und eine Wetterberuhigung einstellten. Das Tiefdruckgebiet OLLI erschien somit am 10. Februar zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte.

 

 

Geschrieben am 06.04.2017 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 08.02.2017

Pate: Oliver Roth