Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ORTRUN

(getauft am 11.07.2014)

 

Am 11. Juli 2014 wurde ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik auf den Namen ORTRUN getauft. Es hatte sich aus einem zuvor unbenannten Tiefdruckgebiet mit Zentrum südöstlich der Südspitze von Grönland gebildet. Dieses intensivierte sich durch ein verstärktes Höhentief in einer Höhe von etwa 5,5 km südwestlich von Island. Wenn das Höhentief und das Bodentief übereinander liegen, ist das in der Regel ein Zeichen dafür, das das Bodentief in seiner Entwicklung gewissermaßen noch reift, beziehungsweise sich verstärkt. Das Tiefdruckgebiet ORTRUN befand sich an seinem Tauftag mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa südwestlich von Island etwa 250 km von der Hauptstadt Reykjavik entfernt. Vom Tiefdruckzentrum ging eine Okklusionsfront, eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, in südöstlicher bis südlicher Richtung aus und reichte bis zum Okklusionspunkt, der sich ungefähr 500 km nordwestlich von Irland befand. Dort traf eine Warmfront, die bis etwa 500 km nordwestlich der Iberischen Halbinsel reichte, auf eine Kaltfront, welche in südwestlicher bis westlicher Richtung bis ungefähr 800 km südlich des Kerns des Wirbels ORTRUN verlief. Dort ging die Kaltfront in eine Warmfront über, die zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet mit Kern vor der kanadischen Halbinsel Labrador gehörte.

Bis zum Morgen des Folgetages wurde auf den Faröer-Inseln eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 2 l/m² registriert, die auf die Okklusionsfront des Tiefdruckgebietes ORTRUN zurückzuführen ist. Mittlerweile lag der Kern der Zyklone ORTRUN über dem südwestlichen Island, wobei der Luftdruck im Tiefdruckzentrum etwas unter 1000 hPa betrug. Von dort zog sich eine bogenförmige Okklusionsfront über den Osten Islands und knapp östlich der Faröer-Inseln sowie über das westliche Schottland bis zum Okklusionspunkt über Irland. Von dort reichte eine Warmfront in südlicher Richtung bis zur zentralen Biskaya. Außerdem ging vom Okklusionspunkt eine Kaltfront aus, die knapp südwestlich von Irland in eine Warmfront überging, die zu einem unbenannten Randtief ungefähr 600 km südlich des steuernden Tiefs ORTRUN gehörte.

Die Niederschlagsmenge bis zum Morgen des 13. Juli lag an der Wetterstation Stornoway auf den zu Schottland gehörenden Äußeren Hebriden bei 13 l/m². Sie ist allerdings nur zum Teil auf die direkte Tiefdrucktätigkeit des Wirbels ORTRUN zurückzuführen. Ein Teil der Niederschlagssumme ist auch die Folge der Fronten des angesprochenen unbenannten Randtiefs über Schottland. Aufgrund der Okklusionsfront des Tiefs ORTRUN wurden auf den Faröer-Inseln 9 l/m² Regen in 24 Stunden bis 08 Uhr MESZ gemessen. Der Kern der Zyklone ORTRUN hatte sich in der Zwischenzeit etwas verlagert und befand sich nun ungefähr 300 km südlich von Island. Von dort ausgehend, verlief die Okklusionsfront halbkreisförmig über den Westen Islands, knapp südlich an der Insel Jan Mayen vorbei bis zu einem Punkt etwa 300 km südlich von Jan Mayen und 500 km nördlich der Faröer-Inseln.

Bis zum Morgen des 14. Juli gab es auch auf dem europäischen Festland teilweise deutliche Folgen des Tiefdruckgebietes ORTRUN und dessen Fronten. So kamen in der belgischen Hauptstadt Brüssel 34 l/m² Regen in 24 Stunden bis 08 Uhr MESZ zusammen. Dabei ist zu beachten, dass an Wetterstationen in der Nähe von Brüssel oft deutlich weniger Niederschlag fiel, wie in Ostende in der belgischen Provinz Westflandern mit 5 l/m². Im äußersten Westen Deutschlands, wie in Aachen mit 17,1 l/m², gab es gebietsweise wiederum recht kräftige Niederschläge. Der Grund für diese zum Teil ergiebigen Regenfälle, begleitet von eher geringen Niederschlagsmengen in der Umgebung, ist auf örtlich begrenzte kräftige Schauer einer Kaltfront zurückzuführen. Diese erstreckte sich vom Schwarzwald bis zur Nordsee und ging weiter nördlich in eine Okklusionsfront über, die zum Zentrum des Tiefdruckgebietes ORTRUN führte, wo der Kerndruck bei etwas unter 1000 hPa lag. Die Zyklone ORTRUN hatte sich mittlerweile wieder etwas nach Norden verlagert und befand sich im Bereich der Südküste Islands. Knapp südlich von Jan Mayen ging eine weitere Okklusionsfront nach Osten aus und reichte bis zum Weißen Meer. Zudem ging die zum Tief ORTRUN gehörende Kaltfront ungefähr über dem Schwarzwald in eine Warmfront über, welche zu einem Tiefdruckgebiet im Bereich des Golfs von Genua gehörte.

Die Niederschlagsmengen bis zum Morgen des Folgetages lassen sich nur bedingt den Fronten des Tiefdruckgebietes ORTRUN zuordnen, weil gleichzeitig das Tief NIKE von Südskandinavien bis nach Osteuropa aktiv war und einen Teil zum Niederschlag über Mitteleuropa beisteuerte. Recht eindeutig lässt sich die Tagesniederschlagssumme von 33,4 l/m² in Freiburg im Breisgau der Kaltfront des Wirbels ORTRUN zuordnen. Am 15. Juli ging  ausgehend vom Tief ORTRUN mit Zentrum vor der Westküste von Island und einem Kerndruck von etwas unter 1000 hPa eine Okklusionsfront aus, die nördlich an Island vorbei bis ungefähr 300 km südlich von Jan Mayen reichte. Dort ging sie in eine andere Okklusionsfront über, die zu dem Tief NIKE vor der norwegischen Westküste in Höhe des Polarkreises gehörte.

Bis zum Morgen des Folgetages hatte die nach Nordosten ziehende Okklusionsfront des Tiefs ORTRUN an der Wetterstation von Jan Mayen eine Niederschlagssumme von 5 l/m² gebracht. Am 16. Juli war das Tiefdruckgebiet ORTRUN westlich von Jan Mayen ungefähr 200 km vor der grönländischen Ostküste zum letzten Mal auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Die von dort ausgehende Okklusionsfront ging nördlich von Jan Mayen in eine Warmfront über, die bis nach Lappland führte und dort in eine Kaltfront eines Wellentiefs südlich von Murmansk im Nordwesten Russlands überging.

 


Geschrieben am 18.09.2014 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 14.07.2014

Pate: Ortrun Germendorf