Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
OSCAR
(getauft
am 30.11.2015)
Unterhalb einer kräftigen westlichen
Strömung in etwa 5,5 km Höhe, welche vom Nordwesten Nordamerikas bis nach
Westeuropa reichte, bildete sich im Bodenniveau über dem Nordwestatlantik beim
Aufeinandertreffen von polaren und subtropischen Luftmassen am 29.11.2015 ein
Wellentief aus. Dieses zog mit der Höhenströmung rasch über den Atlantik nach
Osten und befand sich am 30.11. um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von rund 1005
hPa ca. 1200 südlich von Island und etwa 600 km westlich von Irland über dem
Nordostatlantik. Da dieses Tief im weiteren Verlauf auch Einfluss auf
Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es noch am selben Tag auf den Namen OSCAR
getauft.
Der Wirbel OSCAR besaß zu diesem Zeitpunkt
eine lang gestreckte Kaltfront, welche teils verwellt nach Südwesten bis zu den
Bermuda-Inseln verlief. Des Weiteren führte vom Tiefzentrum eine Warmfront südlich
an den Britischen Inseln vorbei nach Südosten und ging über Belgien in die
Kaltfront des Tiefs NILS II über. Mit der Ankunft der Warmfront hielten die
unter dem Einfluss des Tiefs NILS begonnenen Niederschläge auf den Britischen
Inseln weiter an. Bis 07 Uhr MEZ fielen dadurch innerhalb der vorangegangenen
12 Stunden 9 l/m² in Pembrey Sands, je 10 l/m² in Prestwick und am Mace Head in Irland sowie 13 l/m² in Mumbles. Mit Durchzug des Tiefdruckzentrums intensivierten
sich die Niederschläge vor allem in Wales im Tagesverlauf nochmals. Dabei
wurden bis 19 Uhr MEZ 12-stündige Mengen von 39 l/m² in Sennybridge,
40 l/m² in Bala, 45 l/m² in Capel Curig
und 53 l/m² am Lake Vyrnwy registriert. Auch in den
Benelux-Staaten summierten sich die Regenmengen bis zum Abend verbreitet auf
zweistellige Werte. So wurden im selben Zeitraum wie zuvor 11 l/m² in Gent und
17 l/m² im niederländischen De Bilt verzeichnet.
Deutschland geriet aufgrund der ostwärts gerichteten Zugbahn des Tiefs OSCAR
ebenfalls in den Einfluss der frontalen Niederschlagsfelder. Am stärksten
fielen die Niederschläge dabei aufgrund von Staueffekten an den Gebirgen aus,
wodurch ebenfalls 12-stündig bis 19 Uhr MEZ beispielsweise 27 l/m² auf dem
Brocken und 36 l/m² am Großen Arber gemessen wurden.
Das Zentrum des Wirbels OSCAR befand sich
am 01.12. um 01 Uhr MEZ nahe Frankfurt/Oder und besaß einen weiterhin
unveränderten Druck von knapp unter 1005 hPa. Die Warmfront verlief nun vom
Kern nach Südwesten über Tschechien und die Karpaten bis zur Krim. Die
Kaltfront wies hingegen nach Südwesten über Mitteldeutschland und Belgien bis
zum Ärmelkanal. Die Niederschläge im Bereich des Tiefs OSCAR hielten im Verlauf
weiter an. Bis zum Morgentermin um 07 Uhr MEZ wurden innerhalb der
vorangegangenen 12 Stunden in Lebork in Polen 15
l/m², am Flughafen in Maastricht 18 l/m², im österreichischen Rohrbach 21 l/m²,
am Mont Rigi im Osten Belgiens 32 l/m² und in Pec pod Snezkou im tschechischen Teil
des Riesengebirges sogar 40 l/m² gemessen. In Deutschland wurden die höchsten
Mengen erneut an den Gebirgen verzeichnet, aber auch im Westen intensivierte
sich der Regen nochmals. Dadurch fielen 22 l/m² in Lüdenscheid, 32 l/m² in
Schmücke, 34 l/m² in Braunlage, 38 l/m² an der Station Kaisersbach-Cronhütte,
41 l/m² am Kahler Asten und 59 l/m² am Großen Arber. In den darauf folgenden 12
Stunden verlagerte sich das Niederschlagsfeld mit dem Tief OSCAR weiter nach Osteuropa.
Dabei konnten Regensummen von 10 l/m² im tschechischen Primda,
24 l/m² auf dem Lomnicky Stit
in der Hohen Tatra und 18 l/m² in Rachiw in der
Westukraine registriert werden.
Bereits am Abend begann das Tief OSCAR zu okkludieren
und wurde um 01 Uhr MEZ am 02.12. mit einem verstärkten Kerndruck von rund
1000 hPa über der östlichen Ukraine nahe der Stadt Charkiw analysiert.
Okkludieren bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die schneller ziehende
Kaltfront des Tiefs die Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und
dadurch eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften entsteht, welche
Okklusion genannt wird. Solch eine Okklusion führte vom Kern des Tiefs OSCAR
nach Süden bis zur russischen Hafenstadt Noworossiysk
am Schwarzen Meer in der Region Krasnodar. Dort nahm sie Kaltfrontcharakter an
und erstreckte sich über Rumänien und Serbien weiter gen Westen, bevor sie über
Österreich in die Warmfront des Nordmeertiefs QASIM überging. Die Okkludierung
des Frontensystems des Tiefs OSCAR war bereits soweit vorangeschritten, dass
die Warmfront vollständig von der Kaltfront eingeholt wurde und nicht mehr
analysiert werden konnte. Bis 07 Uhr MEZ kamen im Bereich des Tiefzentrums
12-stündig 17 l/m² in Kolomak, 21 l/m² in Krasnohrad und 23 l/m² an Regen und Schnee in Charkiw
zusammen. In den folgenden 12 Stunden fielen außerdem in Kupjansk 9 l/m² und in Velykyi Burluk 10 l/m² Niederschlag.
Das Tief OSCAR blieb in seiner Lage bis zum
Folgetag relativ stationär und verlagerte sich nur wenig nach Nordosten bis
über die südwestrussische Stadt Woronesch. Der Kerndruck erhöhte sich indes
etwas auf ca. 1005 hPa. Vom Zentrum ging eine Okklusion nach Westen aus, die
bogenförmig nördlich um den Kern verlief, um folgend nach Südosten in Richtung
Kaspisches Meer zu weisen. Das zugehörige Niederschlagsfeld nahm nun zusehends
an Intensität ab. Die höchsten 12-stündigen Mengen beliefen sich auf 4 l/m² in
Woronesch und 9 l/m² in Saratow.
Mit der Ausbreitung des Hochdruckgebiets
XENA über Südosteuropa schwächte sich das Tief OSCAR in der Folge stark ab und
konnte am 03.12. nur noch einen zentrumsnahen Druck von etwa 1025 hPa
aufweisen. Der Einfluss des nun nahe der russisch-georgischen Grenze an der
Nordostküste des Schwarzen Meeres befindlichen Wirbels verringerte sich
ebenfalls auf eben jenes Gebiet, da dem Tiefdruckgebiet OSCAR keine Fronten
mehr zugewiesen werden konnten. Nennenswerte Niederschlagsmengen wurden ebenfalls
nicht mehr beobachtet.
Bis zum Abend verringerten sich die
Luftdruckgegensätze im Bereich des Tiefs OSCAR soweit, dass es sich komplett
auflöste und am Folgetag nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert
werden konnte.
Geschrieben
am 13.01.2016 von Sebastian Wölk
Berliner
Wetterkarte: 01.12.2015
Pate:
Oscar Motley