Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet OSWALDE
(getauft am 14.12.2018)
Am
14.12.2018 befand sich über großen Teilen des Nordatlantiks in einer Höhe von
5,5 km ein ausgeprägter Kaltluftvorstoß nach Süden, welcher auch als Trog bezeichnet
wird. Mit diesem korrespondierte ein kräftiges Tiefdruckgebiet im Bodenniveau,
dass sich mit einem Kerndruck von 960 hPa vom zentralen Nordatlantik in
Richtung Island verlagerte. Entlang der Kaltfront dieses unbenannten Wirbels
bildete sich dabei eine wellenartige Deformation, woraus sich bis zum Abend ein
neues Tiefdruckgebiet entwickelte. Da dieses Tief auch Einfluss auf das
Wettergeschehen in Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es in der Prognose für den
Folgetag auf den Namen OSWALDE getauft.
Zum
Nachttermin um 01 Uhr MEZ am 15.12. wurde das Tief OSWALDE mit einem Kerndruck
von knapp 1000 hPa westlich der Biskaya analysiert. Zu diesem Zeitpunkt verlief
eine kurze Warmfront vom Tiefdruckzentrum nach Nordosten und ging südwestlich
von Irland in die Kaltfront des unbenannten Wirbels bei Island über. Außerdem
erstreckte sich eine Kaltfront vom Kern des Tiefs OSWALDE nach Südwesten über
die Azoren. Auf der Azoreninsel Flores kamen dabei 5 l/m² Regen innerhalb von
12 Stunden bis 07 Uhr MEZ zusammen. Durch das umfangreiche Hoch GOTTHARD mit
Zentrum über dem Nordwesten Russlands wurde das Tief OSWALDE auf eine
nordöstliche Zugbahn gezwungen, wodurch es sich im Laufe des Tages bis über die
Britischen Inseln verlagerte. Dabei trat vielerorts Regen auf, welcher
vereinzelt schauerartig zu ergiebigen Mengen führte. An der französischen
Station Lann Bihoué nahe
Lorient wurden dabei zwölfstündig bis 19 Uhr MEZ 20 l/m², in Santiago de
Compostela 32 l/m², im schottischen West Freugh 36
l/m² und am nordirischen Lough Fea
41 l/m² gemessen. Gleichzeitig entwickelte sich die Zyklone OSWALDE zu einem
kräftigen Sturmtief. Vor allem auf den Britischen Inseln wurden auch im
Flachland schwere Sturmböen registriert. An besonders exponierten Stellen
konnten hingegen Orkanböen verzeichnet werden, zum Beispiel in Aberdaron mit Böen von bis zu 128 km/h, auf dem Cairnwell mit 161 km/h oder in den Cairngorms mit sogar 215
km/h.
Um
01 Uhr MEZ am 16.12. befand sich das Sturmtief OSWALDE dann schließlich nur
wenige Kilometer nordwestlich von Schottland. Sein Kerndruck hatte sich dabei
auf ca. 982 hPa verstärkt. Das zugehörige Frontensystem war bereits zu einem
großen Teil okkludiert. Hierbei holt die schneller ziehende Kaltfront Teile der
vorlaufenden Warmfront ein und hebt die Warmluft an. Dadurch entsteht am
sogenannten Okklusionspunkt, wo Warm- und Kaltfront aufeinandertreffen, ein
neuer Frontentyp, welcher als Okklusion bezeichnet wird. Je nachdem, ob hinter
der Okklusion relativ warme oder kalte Luftmassen einfließen, kann sie auch als
Kalt- oder Warmfrontokklusion spezifiziert werden. Eine solche Okklusion führte
zu diesem Zeitpunkt vom Zentrum des Tiefs OSWALDE bogenförmig nach Norden, wo
sie nahe Jan Mayen in die Kaltfront eines anderen Systems überging. Des
Weiteren reichte eine zweite Okklusion über Schottland und Ostengland nach
Südosten, wobei sie sich an ihrem Okklusionspunkt nordöstlich von Paris in eine
Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief bis Marseille,
während sich die Kaltfront nach Südwesten über die Pyrenäen und den Norden
Spaniens bis südlich der Azoren erstreckte. Während sich das Sturmfeld
verbreitet abschwächte, blieben die oftmals leichten Regenfälle erhalten und
sorgten nur vereinzelt für zwölfstündige Mengen im zweistelligen Bereich. Bis
07 Uhr MEZ wurden so beispielsweise 12 l/m² im südfranzösischen Aurillac, 18 l/m² im schweizerischen Blatten, 20 l/m² in Villardeciervos im Nordwesten Spaniens, 29 l/m² in Aberdeen
und 37 l/m² in Porto registriert.
Im
Tagesverlauf bildete sich an einer wellenförmigen Deformation entlang der Kaltfront
des Wirbels OSWALDE über Nordspanien ein neues Tiefdruckgebiet, welches auf den
Namen QETSIYAH getauft wurde und den südlichen Teil des Frontensystems der
Zyklone OSWALDE übernahm. Dadurch konzentrierten sich die dem Tief OSWALDE
zuzuordnenden Niederschläge entlang der Okklusion vorranging auf Zentral- und
Nordeuropa, wobei bis 19 Uhr MEZ nur jeweils 4 l/m² in Oberstdorf und Öhringen
bei Heilbronn sowie 7 l/m² im schwedischen Ljungby
zusammenkamen. In Norwegen konnten mit 9 l/m² in Tveitsund,
10 l/m² Høydalsmo und 13 l/m² in Gjerstad
höhere Niederschlagsmengen verzeichnet werden. Außerdem frischte dort der Wind
deutlich auf und erreichte in exponierten Lagen sogar Orkanstärke, wie auf der
Insel Eigerøya mit maximal 126 km/h oder in Kvitfjell
mit 159 km/h.
Am
17.12. befand sich die Zyklone OSWALDE um 01 Uhr MEZ schließlich mit ihrem
Zentrum und einem Druck von etwa 995 hPa nördlich der Färöer-Inseln über dem
Europäischen Nordmeer. Die zugehörige Okklusion führte dabei über die Nordsee,
Schleswig-Holstein und Sachsen bis über Tschechien. Die Front blieb dabei wenig
wetterwirksam und sorgte in Deutschland nur für wenige Zehntelliter
Niederschlag pro Quadratmeter. Im weiteren Tagesverlauf wurde das Tief OSWALDE
in die Zirkulation des mit 965 hPa kräftig ausgeprägten und von Westen
heranziehenden Wirbels PIA aufgenommen. Dadurch konnte die Zyklone OSWALDE am
Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert bzw. namentlich
verzeichnet werden.