Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
OTTILIE
(getauft am
01.09.2020)
Am
01. September 2020 wurde ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik auf den
Namen OTTILIE getauft. Es bildete sich im Zusammenhang mit aus polaren Breiten
weit nach Süden bis zur ostkanadischen Insel Neufundland reichenden
Höhenkaltluft, einem sogenannten Trog. Der Kerndruck des Tiefs OTTILIE, dessen
Zentrum sich östlich von Neufundland und südlich der Südspitze Grönlands
befand, lag bei unter 995 hPa. Von dort aus ging in ungefähr östlicher Richtung
eine etwa 600 km lange Okklusionsfront, das ist eine Mischfront mit Warm- und
Kaltfronteigenschaften, bis zum Okklusionspunkt. Dort liefen eine Warm- und
eine Kaltfront wie bei einem Reißverschluss zusammen. Die Warmfront zog sich
zunächst ungefähr 600 km nach Osten, um nach Süden bis etwa ebenso weit von der
portugiesischen Inselgruppe der Azoren entfernt zu verlaufen. Die Kaltfront
zeigte einen bogenförmigen Verlauf, der südlich des Okklusionspunktes rasch von
einer südlichen auf eine südwestliche bis westliche Richtung schwenkte.
Ostnordöstlich der Bermuda-Inseln und südlich von Neufundland ging die
Kaltfront in eine Warmfront über, die nach Südwesten bis Westen verlief und
nordwestlich der Bermuda-Inseln den von der Berliner Wetterkarte abgedeckten
Bereich verließ. Außerdem zog sich eine hauptsächlich in höheren Luftschichten
aktive Okklusionsfront vom Zentrum des Wirbels OTTILIE nach Westsüdwesten, die
bis ungefähr 300 km vor Neufundland reichte. Im Verlauf brachten Regenwolken
vor allem im Westen der Britischen Inseln zeitweiligen Niederschlag, der sich
24-stündig bis zum Morgen des 02. September auf 11 l/m² im nordirischen
Murlough und 10 l/m² im schottischen Tiree summierte.
Mittlerweile
hatte sich das Tiefdruckgebiet OTTILIE nach Osten bis Nordosten verlagert und
besaß nun zwei Kerne mit jeweils unter 995 hPa, nämlich OTTILIE I westlich von
Irland und südöstlich der Südspitze Grönlands sowie OTTILIE II nordwestlich der
Britischen Inseln und südlich von Island. Beide waren durch eine
Okklusionsfront miteinander verbunden, die über das Teiltief OTTILIE II
hinausreichte und bogenförmig im Uhrzeigersinn bis zum Okklusionspunkt verlief,
der sich vor der Westküste Irlands befand. Von dort ging eine Warmfront in
südlicher bis südwestlicher Richtung aus, die bis zu einem Punkt etwa 800 km
westlich der portugiesischen Küste in Höhe der Hauptstadt Lissabon zu verfolgen
war. Vom Okklusionspunkt ging außerdem eine Kaltfront nach Südwesten bis Westen
aus, die nach ungefähr 200 km in eine Warmfront überging, die zu einem
unbenannten Tiefdruckgebiet etwa auf halbem Wege zwischen den Azoren und
Bermuda gehörte. Vor allem auf den Britischen Inseln und im Osten Islands fiel
mitunter länger anhaltender Regen, teils auch Sprühregen. Bis zum Morgen des 03.
September kamen in 24 Stunden im schottischen Dundrennan 54 l/m² Niederschlag
zusammen, wovon alleine in sechs Stunden am Nachmittag des 02. September über
40 l/m² fielen. Von der Wetterstation Kárahnjúkar, zwei durch Lavaausbrüche
entstandene Kegel im Osten Islands, wurden 24-stündig bis zum Morgen des 03.
September 14 l/m² gemeldet.
Nun
lag die Zyklone OTTILIE südlich bis südöstlich von Island. Das Teiltief OTTILIE
I war mit unter 985 hPa etwa 500 km südlich von Island zu finden, während das
Teiltief OTTILIE II mit nahezu gleichem Kerndruck ungefähr 300 km südöstlich
von Island analysiert wurde. Von dort verlief zum einen eine Okklusionsfront
über das Teiltief OTTILIE I hinaus bis vor die südgrönländische Ostküste, zum
anderen beschrieb diese östlich des Teiltiefs OTTILIE II einen Bogen, von
nordöstlicher auf südliche Richtung schwenkend, bis zum Okklusionspunkt vor der
schottischen Ostküste. Dort traf eine Warmfront, die über die nordwestliche
Nordsee, England und den westlichen Ärmelkanal sowie die Nordwestspitze
Frankreichs passierend bis zur westlichen Biskaya reichte, auf eine Kaltfront.
Letztere folgte der Warmfront in
zunächst engem Abstand, was einen schmalem Warmsektor zwischen den beiden
Fronten zur Folge hatte, und überquerte die Britischen Inseln, um weiter in
südwestlicher Richtung bis ungefähr 800 km nordöstlich der Azoren zu verlaufen
und dort in eine Warmfront überzugehen, die zu einer verwellten
Luftmassengrenze gehörte, welche sich in grob westlicher Richtung über den
Nordatlantik bis zum Seegebiet zwischen Bermuda und Neufundland erstreckte. Im
Tagesverlauf tauchte die zum Tiefdruckgebiet OTTILIE gehörende Okklusionsfront
auch im Mitteleuropaausschnitt der Mittagskarte der Berliner Wetterkarte auf.
Tagsüber regnete es vor allem rund um die Nordsee. Am Oberrhein sorgte die
Warmluftzufuhr stellenweise für einen Sommertag nach meteorologischer
Definition mit einer Höchsttemperatur von 25,0°C oder etwas darüber. In der
Nacht zum 04. September wurde an der Wetterstation Trier-Zeven in
Rheinland-Pfalz mit einer Tiefsttemperatur von 19,2°C nur knapp eine Tropische
Nacht verpasst, für die die Temperatur nicht unter 20,0°C hätte sinken dürfen.
Bis zum Morgen des 04. September summierte sich der Niederschlag im
schottischen Achnagard auf 30 l/m². Aus dem nordisländischen Raufarhöfn wurden
sogar 39 l/m² gemeldet. Das südnorwegische Kristiansand / Kjevik kam auf 35
l/m² und in Werlte-Wehm im westlichen Niedersachsen fielen 28 l/m². Hornsund im
Süden der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen verzeichnete 33 l/m².
Am
04. September lag das Teiltief OTTILIE I mit seinem Zentrum zwischen den
Färöer-Inseln und Island und besaß einen Kerndruck von unter 990 hPa. Das
Teiltief OTTILIE II befand sich mit weniger als 995 hPa knapp nördlich der zu
Norwegen gehörenden Insel Jan Mayen. Beide Teiltiefs waren durch eine
Okklusionsfront miteinander verbunden. Südlich an das Teiltief OTTILIE I
anschließend, verlief sie östlich an den Färöer-Inseln vorbei und über den
Norden der Britischen Inseln bis nach Irland. Nördlich an das Teiltief OTTILIE
II anschließend, beschrieb die Okklusionsfront einen Bogen entlang des
südlichen Spitzbergens und über das Nordmeer bis an die südnorwegische
Westküste, um knapp südlich der Hauptstadt Oslo weiter nach Südschweden zu
verlaufen. Nördlich von Rügen endete sie am Okklusionspunkt. Von dort reichte
eine Warmfront über den Osten und Süden Deutschlands bis etwa zur Grenze zur
Schweiz westlich des Bodensees, während sich eine Kaltfront vom Okklusionspunkt
über Norddeutschland, die Niederlande und Belgien nach Nordfrankreich und zum
südlichen Ärmelkanal erstreckte, bevor sie nordwestlich der Biskaya und
südsüdwestlich von Irland in eine Warmfront überging, die Teil einer verwellten
Luftmassengrenze über dem Nordatlantik war. Berlin wurde morgens von der
Warmfront überquert, lag danach kurzzeitig in maritimer Subtropikluft, bevor
vormittags die Kaltfront folgte. Die größten 12-stündigen Niederschlagsmengen
gab es bis zum Abend mit 27 l/m² an der Wetterstation Furuneset an der
südnorwegischen Westküste. Im Südwesten Deutschlands sorgte die südwestliche
Strömung dafür, dass an einigen Wetterstationen ein Heißer Tag mit 30,0°C oder
etwas mehr erreicht wurde. Bis zum Morgen des 05. September summierte sich der
24-stündige Niederschlag in der norwegischen Region Bergen auf örtlich über 50
l/m². So meldeten Furuneset und das etwas weiter südöstlich gelegene Kvamskogen-Jonshøgdi jeweils 53 l/m².
Nun
wurde das Teiltief OTTILIE I über dem Nordmeer mit unter 995 hPa analysiert,
während sich ein weiteres Teiltief, OTTILIE III über dem nördlichen
Mittelschweden, mit unter 1000 hPa gebildet hatte. Östlich des Zentrums von
OTTILIE I begann eine Okklusionsfront, die einen Bogen südlich und westlich um
das Teiltief herum vollzog und sich in nördlicher bis nordöstlicher Richtung
über Spitzbergen hinaus erstreckte und nördlich der russischen Inselgruppe
Franz-Josef-Land den von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Bereich verließ.
Über dem mittleren Norwegen begann eine weitere Okklusionsfront, die nördlich
am Kern des Teiltiefs OTTILIE III vorbei zum nördlichen Bottnischen Meerbusen
verlief und Finnland überquerte, wobei sie von östlicher auf südliche Richtung
schwenkte und über das Baltikum bis zum Okklusionspunkt im
polnisch-weißrussischen Grenzgebiet führte. Von dort reichte eine Warmfront bis
ins östliche Ungarn, während eine Kaltfront weiter westlich folgte und vom
Okklusionspunkt bis ins südöstliche Polen verlief, wo sie in eine nach
Südwesteuropa und weiter auf den Atlantik reichende Kaltfront überging. Neben
Regen an den Fronten ist erwähnenswert, dass sich besonders ab dem Nachmittag
im östlichen Mitteleuropa einige Gewitter bildeten. Im thüringischen Dachwig,
wo am Vortag mit 27°C ein Sommertag erreicht wurde, gab es auf der Rückseite
des Tiefs OTTILIE und den zugehörigen Fronten lediglich noch 20°C als
Höchsttemperatur. In Friesenhagen in Rheinland-Pfalz trat in der Nacht zum 06.
September bei zeitweise klarem Himmel sogar leichter Bodenfrost mit einer
Tiefsttemperatur von -2°C in 5 cm Höhe über dem Boden auf. Bis zum Morgen des 06.
September wurden an der Wetterstation Modalen III in Norwegen 60 l/m² Niederschlag
gemessen. Aus Ostrołęka in Polen wurden 28 l/m² gemeldet. Cuxhaven in
Niedersachsen kam auf 25 l/m².
Am
06. September lag das Teiltief OTTILIE I mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa
vor der norwegischen Küste auf der geographischen Breite von Trondheim. Von
dort verlief eine Okklusionsfront bogenförmig zunächst nach Süden bis Westen an
der norwegischen Küste, um nordöstlich der zu Großbritannien gehörenden
Shetland-Inseln auf nördliche Richtungen umzuschwenken und bis etwa 200 km
ostnordöstlich von Jan Mayen zu führen. Das Teiltief OTTILIE III befand sich
mit seinem Zentrum, in dem ein Kerndruck von ebenfalls unter 1000 hPa gemessen
wurde, an der Nordspitze des Bottnischen Meerbusens. Um dieses herum zog sich,
vom nordnorwegischen Festland über die auch zu Norwegen gehörende Inselgruppe
der Lofoten führend, das Festland in der Gegend des Nordkaps erreichend und
weiter nach Süden fortsetzend, eine weitere Okklusionsfront bis zum
Okklusionspunkt, der sich an ähnlicher Stelle wie der für den Vortag
beschriebene Okklusionspunkt im polnisch-weißrussischen Grenzgebiet befand. Von
dort zog sich eine Warmfront über den nördlichen Balkan bis ins zentrale
Serbien, während eine Kaltfront vom Okklusionspunkt ausgehend nach Südwesten
bis in die Grenzregion zwischen der Slowakei und Ungarn führte, wo sie in eine
Warmfront eines unbenannten Tiefs über der nördlichen Adria überging. Die
Luftmassengegensätze waren teils deutlich ausgeprägt. So steig die Temperatur
in Lublin im Osten Polens auf 16°C, wogegen sie im westukrainischen Welykyj Beresnyj
27°C erreichte. In Zamość im Südosten Polens kamen bis zum Morgen des
Folgetages in 24 Stunden 17 l/m² Niederschlag zusammen. In Ustka an der
polnischen Ostseeküste waren es 20 l/m², im lettischen Rucava 21 l/m² und an
den mecklenburg-vorpommerschen Wetterstationen am Darßer Ort und in Juliusruh
auf Rügen jeweils 14 l/m². Im südschwedischen Knäred fielen 22 l/m².
Am
07. September befand sich das Tiefdruckgebiet OTTILIE über der Barentssee
zwischen dem norwegischen Festland, Spitzbergen und der zu Russland gehörenden
Doppelinsel Nowaja Semlja. Vom Zentrum, in dem der Luftdruck bei unter 1000 hPa
lag, ging eine Okklusionsfront in östlicher Richtung bis nach Nowaja Semlja
aus, von wo sie einen Bogen im Uhrzeigersinn bis an die nordrussische Küste
beschrieb, um in eine Okklusionsfront als Teil einer langgestreckten Luftmassengrenze
mit eingelagerten Tiefdruckgebieten über Ost- und Südeuropa überzugehen.
Außerdem ging vom Kern des Wirbels OTTILIE eine Okklusionsfront nach Süden bis
Südwesten aus, die über Nordskandinavien, entlang der finnischen Westküste und
Südschweden bis zum Kattegat reichte. Bis zum Abend fielen in Krasny Cholm in
der russischen Oblast Twer 12-stündig 21 l/m² Niederschlag. In den folgenden
zwölf Stunden kamen dort weitere 18 l/m² zusammen, während aus dem
westsüdwestlich gelegenen Twer im letztgenannten Zeitraum 30 l/m² und aus dem
noch weiter westsüdwestlich gelegenen Bely 33 l/m² gemeldet wurden.
Am
08. September war das Tiefdruckgebiet OTTILIE zum letzten Mal als eigenes
Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Vom Kern zwischen
Spitzbergen, Franz-Josef-Land und Nowaja Semlja, wo der Luftdruck nach wie vor
unter 1000 hPa lag, verlief eine Okklusionsfront nach Südosten in den äußersten
Osten des europäischen Nordrussland, um dort in eine Kaltfront überzugehen, die
westlich des Ural bis etwa in die russische Oblast Kostroma nordöstlich der
Hauptstadt Moskau zu verlaufen und in eine Warmfront überzugehen, die zu einem
unbenannten Tief in der Gegend von Moskau gehörte. In Konoscha in der
russischen Oblast Archangelsk gab es 12-stündig bis zum Abend 32 l/m²
Niederschlag. In den nächsten Tagen folgten die Tiefs PIA und QUINTA im
Nordosten Europas.