Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
PAOLINI
(getauft am 11.2.2011)
Am 11. Februar 2011 bildete sich vor der
neufundländischen Küste, in Folge von großen Temperaturunterschieden in der
Höhe, ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen PAOLINI getauft wurde. Im Druckniveau
von 500 hPa, das entspricht ungefähr 5,5 Kilometern Höhe, wurden an der
Südküste Neufundlands ca. -20°C und
an der Nordküste Neufundlands etwa -40°C gemessen. Mit einer kräftigen
Höhenströmung zog das Tief PAOLINI bis zum nächsten Tag in ostnordöstlicher
Richtung über den Nordatlantik und verstärkte sich enorm. Der Kerndruck lag
nun, ungefähr 800 Kilometer südöstlich von Grönland, nur noch bei 935 hPa. Das
Tief zeigte eine ausgeprägte Wirbelstruktur, mit einer Okklusionsfront, also
einer Luftmassengrenze mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, vom Kern ausgehend
bis nördlich der Inselgruppe der Azoren, von wo aus die Warmfront und weiter
westlich die Kaltfront ausgingen. Besonders an der Süd- und Westseite des
Wirbels PAOLINI waren die Linien gleichen Luftdrucks, die Isobaren, sehr eng
gedrängt, was einen Wind bis Orkanstärke zur Folge hatte, der jedoch weitab von
landgebundenen Wetterstationen auftrat. Am nächsten Tag hatte sich das Tief
PAOLINI entsprechend dem Höhentief in 500 hPa nach Norden vor die grönländische
Küste verlagert und hatte einen Kerndruck von 940 hPa. Von dort erstreckten
sich über Island und die Britischen Inseln bis über das westliche Mitteleuropa
zwei Okklusionsfronten, in deren Bereich es ausgedehnte Wolkenbänder sowie
gebietsweise Niederschlag gab. Im Bereich der weiter östlich gelegenen
Okklusionsfront kam es unter anderem in Norddeutschland zu Schnee und
Schneeregen. Die weiter westlich gelegene, zweite Okklusionsfront brachte mit
milderer Luft unter anderem auf den Britischen Inseln Regen, der zum Teil
schauerartig verstärkt war. An der südenglischen Station Plymouth erreichte
morgens der Wind im Mittel eine Geschwindigkeit von 54 km/h, das entspricht der
Windstärke 7. In Böen trat besonders an den Küsten Westeuropas und in höheren
Lagen Wind der Sturmstärke, also 9 Beaufort, auf. Dort gab es auch die
ergiebigsten Niederschläge, wie die 24-stündigen Summen bis zum Morgen des 14.
Februar zeigen. Im schottischen Glasgow kamen 13 l/m² zusammen, im
südenglischen Bournemouth waren es 18 l/m² und in Brest in der westlichen
Bretagne sogar 20 l/m². Mittlerweile waren zwei Kerne der Zyklone zu erkennen.
PAOLINI I befand sich mit einem Kerndruck von
965 hPa zwischen Südgrönland und Island, PAOLINI II lag über Irland und
besaß einen Kerndruck von 995 hPa. Beide Teiltiefs waren durch eine
Okklusionsfront miteinander verbunden. Eine Verlagerung weiter nach Osten wurde
größtenteils durch das Hochdruckgebiet GABRIELA über Skandinavien und Finnland
blockiert. Die Ausläufer des Tiefdruckkomplexes PAOLINI machten sich an Land
mehr durch Wolken als durch Niederschläge bemerkbar, die nur vereinzelt, wie im
irischen Dublin und im belgischen Ostende, und meist mit kaum messbaren Mengen
auftraten. Auffällig sind die Temperaturunterschiede in Deutschland vom Mittag.
Während es auf Rügen in einer östlichen Strömung am Rand des Hochs GABRIELA mit
-2°C leichten Frost gab, war es im Südwesten Deutschlands hinter der Warmfront
des Tiefs PAOLINI II mit 10°C, am Oberrhein örtlich auch 12°C, deutlich milder.
Im Bereich der kalten Luft im Nordosten Deutschlands schneite es mancherorts.
Am 15. Februar befand sich der Kern PAOLINI I nördlich von Island, der Kern
PAOLINI II war nördlich von Schottland zu finden. In einem Streifen von der
Nordsee bis zum Schwarzwald wurde wiederum Niederschlag, in tiefen Lagen als
Regen, in höheren Lagen als Schnee registriert. Eine Ausnahme für das Flachland
bildeten Dänemark und Schleswig-Holstein. Dort fiel zum Teil ergiebig Schnee,
und es bildete sich bis zum Morgen des 16. Februar im dänischen Jütland, sowie
in Schleswig-Holstein eine teils 10 cm dicke Schneedecke aus. Am Tage war dann
das Tiefdruckgebiet PAOLINI mit einem einzigen Kern südlich von Island zu
sehen, dies war auch der letzte Tag, an dem der Wirbel als eigenständiges
Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen war, denn das
Tiefdruckgebiet QUIRIN übernahm mit mehreren Zentren bei den Britischen Inseln
die steuernde Funktion über dem Nordwesten Europas.
Geschrieben am 22.03.2011 von Heiko Wiese
Berliner Wetterkarte: 14.02.2011
Pate: Carde Ostermann-Richter