Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
PASCAL
(getauft am 25.06.2015)
Zu
Beginn der dritten Junidekade 2015 verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet über den
Nordatlantik in Richtung Osten. Dieses wurde am 25.06. in der Prognose für den
Folgetag auf den Namen PASCAL getauft, konnte jedoch aufgrund seiner raschen
Entwicklung noch am selben Tag namentlich auf der Berliner Wetterkarte
verzeichnet werden. Das Tief befand sich dabei am Südrand eines kräftigen
Höhentrogs, also einem Kaltluftvorstoß nach Süden in einer Höhe von etwa 5,5
km.
Bis
zum Folgetag verlagerte sich das Bodentief PASCAL etwas nach Norden und lag mit
seinem Zentrum und einem Kerndruck von knapp unter 985 hPa ungefähr 600 km
südwestlich von Island. Zur Zyklone gehörte eine ausgeprägte Okklusionsfront,
die sich vom Zentrum aus wenige Hundert Kilometer nach Osten erstreckte. Bei
einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront, die Kalt- und
Warmfronteigenschaften aufweist. Bei diesem Prozess holt die schneller ziehende
Kaltfront die Warmfront am Okklusionspunkt ein, wodurch die letztere angehoben
wird und sich die Okklusion bildet. Von dort verliefen eine Warmfront über
Nordschottland und die Nordsee bis nach Hamburg sowie eine Kaltfront über die
Südwestküste Irlands bis südlich der Azoren. Die Britischen Inseln befanden
sich demnach im Warmsektor des Tiefs PASCAL, d.h. im Bereich zwischen Warm- und
Kaltfront. Dabei flossen dort gemäßigte Luftmassen ein, wodurch
Höchsttemperaturen von 26,9°C in Northolt und 27,7°C am Flughafen
London-Heathrow gemessen wurden. Dazu fielen bis 18 Uhr UTC, was 20 Uhr MESZ
entspricht, innerhalb von 12 Stunden je
8 mm in Kinloss und Eskdalemuir in Schottland.
In
der Nacht zum 27. Juni änderte das Tief PASCAL seine Lage im Vergleich zum
Vortag kaum. Am Okklusionspunkt, an dem seine Warmfront und eine Kaltfront
zusammentrafen, entwickelte sich ein zweiter Tiefdruckkern mit Namen PASCAL II
und einem Kerndruck von rund 1010 hPa, so dass die Kaltfront rasch nach Osten
vorankam und am Vormittag die Westgrenze Deutschlands erreichte. Vom
ursprünglichen Tief PASCAL I mit etwa 990 hPa verlief um 00 Uhr UTC eine
Okklusion zunächst nach Westen, führte dann bogenförmig nach Nordosten über
Island und erstreckte sich folgend nach Südosten, wo sie nördlich von
Schottland in die Okklusion des zweiten Kerns überging. Der Okklusionspunkt des
Tiefs PASCAL II befand sich währenddessen über der Nordsee etwa 200 km östlich
von Schottland, auf dem gleichen Breitenkreis wie Aberdeen. Dank der nach
Norddeutschland herangeführten feuchten, warmen und labil geschichteten Luft
konnte eine Konvergenzlinie, d.h. eine Zone zusammenfließender Luft in
Bodennahe, entstehen. Die Schichtung ist labil, wenn die Temperaturänderung
eines Luftpakets bei Vertikalbewegungen kleiner ist als die seiner
Umgebungsluft. Es ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der Schauer- und
Gewitterentstehung. So fielen in Mückeburg innerhalb von 6 Stunden bis zum 06
Uhr UTC-Termin 23 mm Niederschlag. In Alfeld wurde bis 09 Uhr UTC eine
3-stündige Niederschlagsmenge von 14 mm gemessen.
In
den folgenden 24 Stunden hatten sich die Lage und Intensität des über dem
Nordatlantik liegenden Tiefdruckgebietes PASCAL I mit weiterhin 990 hPa sowohl
im Bodenniveau als auch die Position des zugehörigen Höhenwirbels nicht
geändert. Dabei zog sich eine Okklusion vom Tiefzentrum nach Südosten entlang
der irischen Westküste und teilte sich auf Breite von Bordeaux in eine nach
Südwesten weisende Warm- und eine bis südwestlich der Azoren reichende
Kaltfront auf. Vom Zentrum des Teilwirbels PASCAL II über der Ostseeküste
Polens, welches einen Druck von nun ca. 1015 hPa besaß, ging eine langgezogene
rückläufige Okklusionsfront nach Nordwesten aus, die sich von Island aus über
die Nordsee und Südskandinavien bis zum Tiefdruckkern und von dort weiter nach
Westpolen erstreckte und auf dem gleichen Breitenkreis wie Warschau, wo der
Okklusionspunkt lag, endete. Die von diesem Punkt ausgehende kurze Warmfront
führte über Südpolen und den Karpaten bis nach Budapest. Die Kaltfront verlief
weiter südlich und bestimmte mit wolkenreichem und regnerischem Wetter ein
Gebiet von Osttschechien über Österreich, den Alpenraum, Südfrankreich und
Nordspanien bis nach Nordportugal. Um 06 Uhr UTC meldeten die Wetterstationen
Wien und Innsbruck 24-stündige Niederschlagsmengen von 12 bzw. 14 mm. Ebenfalls
in 24 Stunden konnten weiterhin 35 mm in Achenkirch, 37 mm in Sankt Wolfgang
und 39 mm in Jauerling registriert werden.
In der Nacht verlagerte sich der Tiefkomplex PASCAL langsam weiter
nordwärts und sein Frontensystem bestimmte das Wetter von Nord- und Osteuropa.
Im Einflussbereich der zum Teiltief PASCAL II gehörenden Kaltfront, welche
zunächst als Okklusion über Südschweden, die Ostsee und Polen bis nach Belgrad
reichte, blieb es recht kühl. Die Wetterstation Stockholm Arlanda verzeichnete am
29. Juni nur 19,4°C als Tageshöchsttemperatur. An der Wetterstation
Warschau-Okecie stieg die Temperatur auf 20,3°C, wobei das nächtliche Minimum
bei 16,3°C lag. Der Grund für den geringen Temperaturunterschied war die
ganztägig dichte Bewölkung, die erst nach dem Abzug der Kaltfront auflockerte.
Entlang des Frontensystems des Tiefs PASCAL I fiel ebenfalls Niederschlag.
Dabei zog die Kaltfront bereits am Vorabend über die Britischen Inseln und
sorgte so vor allem im Norden für nennenswerte 24-stündige Regenmengen von
beispielsweise 11,6 mm in Wick, 15,0 mm in Eskdalemuir und 16,4 mm am Flughafen
in Kirkwall.
Während
das Tief PASCAL I in die Zirkulation des Wirbels QUINTUS aufgenommen wurde,
schwächte sich das Tief PASCAL II westlich von Stockholm weiter ab und war auch
nur noch wenig wetterwirksam. Mit weiterer Verstärkung und nördlicher
Verlagerung des Hochs ANNELIE löste sich das Tief PASCAL bis zum Folgetag dann
vollständig auf und konnte am 01.07. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte
namentlich verzeichnet werden.
Geschrieben am 31.08.2015 von Adrienn Hegedüs
Berliner Wetterkarte: 27.06.2015
Pate: Pascal Kaldemeyer