Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PATRICK

(getauft am 07.02.2015)

 

Am 7. Februar 2015 wurde ein Tiefdruckgebiet an der südgrönländischen Küste auf den Namen PATRICK getauft. Der Wirbel PATRICK bildete sich als Wellentief im Bereich des Jetstreams. Dabei handelt es sich um ein Starkwindband in der höheren Atmosphäre, das zum Zeitpunkt der Taufe vom kanadischen Neufundland über den Süden Grönlands und Island bis nach Skandinavien reichte und an mehreren Stellen leicht verwellt war. Das bedeutet, daß an diesen Stellen die kalte Luft aus Norden etwas weiter als in der Umgebung gegen die südlich angrenzende, deutlich mildere Luft stieß und so die Bildung von Tiefdruckgebieten anregte. Einer dieser Wirbel, die neu gebildete Zyklone PATRICK, lag mit ihrem Zentrum, in dem ein Kerndruck von knapp unter 1020 hPa herrschte, südlich des ostgrönländischen Ortes Angmagssalik, auch unter dem Namen Tasiilaq bekannt. Dies ist für ein Tiefdruckgebiet ein recht hoher Luftdruck, aber es kommt auf das Verhältnis zur Umgebung an, und südöstlich des Tiefs PATRICK herrschte deutlich höherer Luftdruck. Dort lag das Hochdruckgebiet GABRIELA mit einem Kerndruck von über 1040 hPa westlich von Irland. Andererseits befand sich westlich des Tiefs PATRICK eine Tiefdruckrinne, die aus mehreren unbenannten Tiefdruckgebieten bestand. In deren Kernen wurde ein Luftdruck von unter 1005 hPa, teilweise sogar unter 990 hPa gemessen. Das Tiefdruckgebiet PATRICK befand sich an einer leicht verwellten, überwiegend aber als Warmfront analysierten Luftmassengrenze, die von einem der unbenannten Tiefs mit Zentrum östlich der zu Kanada gehörenden Labrador-Halbinsel ausging und die etwa 500 km westsüdwestlich der isländischen Hauptstadt Reykjavik endete.

Bis zum Morgen des Folgetages hatte sich das Tiefdruckgebiet PATRICK entsprechend der angesprochenen Höhenströmung, also des Jetstreams, weiter nach Osten bewegt und wurde mit einem Kerndruck von etwas unter 1005 hPa zwischen dem Osten Grönlands und Nordisland analysiert. Ungefähr 300 km weiter nördlich befand sich mit einem Kerndruck von knapp 1000 hPa ein weiteres Tiefdruckzentrum, das ebenfalls dem Tiefdrucksystem PATRICK zugeordnet war. Von den Tiefdruckzentren jeweils in südöstlicher Richtung ausgehend, verliefen ungefähr parallel zwei Warmfronten bis vor die schottische Nordküste. Vom südlichen der beiden Tiefdruckkerne erstreckte sich zudem in westlicher Richtung eine Kaltfront, die jedoch nach etwa 200 km in die Warmfront eines unbenannten Tiefdruckgebietes überging, das mit seinem Zentrum an der Südspitze Grönlands lag. Die Fronten des Tiefdrucksystems PATRICK machten sich an Land zunächst überwiegend durch starke, teilweise dichte Bewölkung bemerkbar. So meldete die Wetterstation Reykjavik zeitweise komplett von Wolken bedeckten Himmel. Das Tiefdruckgebiet PATRICK zog am nördlichen Rand des Hochdruckgebietes GABRIELA entlang und streifte die nordwestlichsten und nördlichsten Bereiche Europas.

Bis zum Morgen des 9. Februar kam auf der Insel Jan Mayen in der Grönlandsee nordöstlich von Island eine 24-stündige Niederschlagsmenge von gerade einmal 0,3 l/m² innerhalb von 24 Stunden zusammen. In der mittelnorwegischen Hafenstadt Trondheim fiel die 24-stündige Niederschlagssumme mit 40 l/m² gleichzeitig deutlich höher aus. Mittlerweile hatte sich das Zentrum des Tiefdruckgebietes PATRICK als Dipol, also mit zwei Kernen von jeweils etwas unter 985 hPa Luftdruck, nach Jan Mayen sowie ungefähr 300 km weiter in nordöstliche Richtung verlagert. Ähnlich wie im Auge eines Hurrikans war auch in unmittelbarer Nähe zum Zentrum des Tiefdruckgebietes PATRICK die Wetter- und speziell die Niederschlagsaktivität nur sehr gering. Dagegen hatten sich die von den Kernen des Wirbels PATRICK nach Südosten reichende Fronten auf das norwegische Festland zubewegt. Dies bedeutete einerseits Staueffekte bei Eintreffen der feuchten, labilen Luftmassen am gebirgigen Land. Andererseits hatten sich beide, nach wie vor in etwa parallele Fronten an ihrem östlichen Ende über Nordschweden zusammengeschlossen. Das System dieser Luftmassengrenzen war zudem okkludiert, was bedeutet, dass sich die Fronten wie bei einem Reißverschluss zusammengeschlossen haben. Es handelte sich nämlich bei den auf das norwegische Festland ziehenden Luftmassengrenzen zwischenzeitlich nicht mehr um reine Warmfronten, sondern teilweise auch um Kaltfronten. Wenn sich nun Kalt- und Warmfronten zu einer Okklusionsfront, also einer Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, zusammenschließen, ist oft am Okklusionspunkt, also dem Punkt, an dem sich Warm- und Kaltfront treffen, mit besonders kräftigem und länger anhaltendem Niederschlag zu rechnen. Durch den Okklusionsprozess und lokale Staueffekte erklärt sich somit die hohe Niederschlagssumme in Trondheim. Weiter südlich, in Südskandinavien und Teilen von Mitteleuropa, brachte eine von Nordschweden ausgehende und bis in den Norden Belgiens reichende Warmfront vielerorts wolkenreiches Wetter mit leichtem Sprühregen und Niederschlagsmengen von meist unter 1 l/m².

Bis zum Morgen des Folgetages kamen in Trondheim weitere 10 l/m² zusammen, in der weiter südlich gelegenen norwegischen Hafenstadt Bergen wurden immerhin noch 7 l/m² registriert. In den anderen, von den Fronten des Tiefs PATRICK beeinflussten Gebieten an Land lagen die 24-stündigen Niederschlagsmengen überwiegend im einstelligen Bereich, meist sogar um oder unter 1 l/m². Nun wurde das Zentrum des Wirbels PATRICK mit einem Kerndruck von unter 960 hPa etwa 300 km nordnordöstlich des Nordkaps analysiert. Von dort bis zur Nordküste der zu Russland gehörenden Kola-Halbinsel zog sich eine Okklusionsfront, die in erster Linie in höheren Luftschichten wetterwirksam war. Über der Kola-Halbinsel selbst folgte eine überwiegend als Warmfront charakterisierte Luftmassengrenze, die auch im Bodenniveau eine gewisse Wetteraktivität aufwies. Vom Okklusionspunkt an der Südküste der Kola-Halbinsel zum Weißen Meer ging zum einem eine Warmfront aus. Diese reichte über den Nordwesten Russlands, das Baltikum und Polen bis knapp nördlich der serbischen Hauptstadt Belgrad. Zum anderen zog sich vom Okklusionspunkt ausgehend in südwestlicher Richtung eine Kaltfront, die die Nordspitze des Bottnischen Meerbusens streifte und weiter nach Westen ungefähr dem Polarkreis folgend bis vor die norwegische Küste reichte. Dort ging sie in eine Warmfront eines unbenannten über dem südöstlichen Grönland und Island gelegenen Tiefdruckkomplexes über.

Am 11. Februar war das Tiefdruckgebiet PATRICK zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Der Wirbel PATRICK lag nun, nachdem es dem äußersten Norden Skandinaviens sowie dem Nordwesten und Norden des europäischen Teils von Russland gebietsweise Niederschläge meist leichter Intensität, zeitweise als Regen, zeitweise als Schnee, gebracht hatte, mit einem Kerndruck von etwas unter 970 hPa ungefähr im Bereich des Autonomen Kreises der Nenzen im Norden Russlands. Die Zyklone PATRICK wurde in den Folgetagen von unbenannten Tiefs abgelöst, die von Westen folgten und dem äußersten Nordosten Europas weiterhin gebietsweise wechselhaftes Wetter brachten.

 


Geschrieben am 23.4.2015 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 09.02.2015

Pate: Patrick Nether