Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
PATRICK
(getauft
am 22.09.2015)
Am 22.09.2015 kam es auf der Rückseite des
mit seinem Zentrum über der Nordsee liegenden Tiefs NASAR zu einem Vorstoß
kühler maritimer Luftmassen polaren Ursprungs über Großbritannien und Frankreich
in den westlichen Mittelmeerraum. Diese erreichte den Golf von Genua in den
Frühstunden des 23.09. und traf dort auf die noch vorherrschende, warme
Subtropikluft, was dazu führte, dass sich schnell eine sogenannte Genuazyklone
entwickeln konnte. Da diese das Wettergeschehen in Europa beeinflussen sollte,
wurde der Wirbel in der Prognose für den Folgetag von den Meteorologen der
Berliner Wetterkarte auf den Namen PATRICK getauft.
Am 23.09. um 01 Uhr MEZ herrschte in dem
Zentrum ein Kerndruck von ca. 1002 hPa. Im Laufe des Morgens und in den
Vormittagsstunden setzte in einem Streifen vom Norden Italiens bis in den Süden
Österreichs Dauerregen ein, welcher sich zunehmend intensivierte und auch von Gewittern
durchsetzt war. Im höheren Bergland oberhalb von 2000 m fiel dieser in Form von
Schnee. Im Laufe des Tages setzten sich die Niederschläge unter Verlagerung des
Tiefdruckgebietes PATRICK nach Süden auch bis zur Mitte Italiens und nach
Korsika und Sardinien durch, wobei sich auch vereinzelt intensive Gewitter
ausbilden konnten, welche Starkregen, Hagel und schwere Sturmböen mit sich
brachten. Zudem entwickelte sich auch aufgrund der starken
Luftdruckunterschiede auf engem Raum ein Starkwindband am Golf von Genua,
welches dazu führte, dass auf dem Cape Corse, einer
Halbinsel im Norden Korsikas, sogar Orkanböen bis 126 km/h gemessen wurden. Bis
zur Nacht weiteten sich die Niederschläge immer weiter aus und erreichten auch
den Balkanraum von Slowenien bis in den Süden Kroatiens, wo sie sich vor allem
am Dinarischen Gebirge stauten.
Bis 01 Uhr MEZ des 24.09. hatte sich das
Zentrum von Tief PATRICK bis ins Umfeld der italienischen Hauptstadt Rom
verlagert. Von diesem Zentrum aus, in dem ein leicht angestiegener Luftdruck
von ca. 1008 hPa gemessen wurde, ging eine kurze, nach Nordosten reichende
Okklusion aus. Eine Okklusion bezeichnet eine Mischfront aus Kalt- und
Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront
die vordere Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront
zusammenlaufen, heißt Okklusionspunkt. Dieser Okklusionspunkt befand sich über der
italienischen Adriaküste, von dort ging eine nach Nordosten bis Budapest
reichende Warmfront und eine im Uhrzeigersinn erst nach Süden und dann nach
Westen führende Kaltfront aus. Entlang der Kaltfront dehnten sich die
Niederschläge auch in der Nacht weiter südwärts aus und erreichten in der
zweiten Nachthälfte Sizilien und den Norden Afrikas. Bis 07 Uhr MEZ des 24.09.
wurden vor allem im Adriaumfeld sehr hohe 24-stündige Niederschlagssummen gemessen.
So wurden im österreichischen Villach 78,0 mm Niederschlag gemessen, im
slowenischen Vojsko 68,2 mm und im kroatischen Ploce 63,4 mm. In der italienischen Stadt Campobasso wurden
sogar innerhalb von nur 6 Stunden 38,0 mm Niederschlag gemessen, welche im
Zusammenhang mit Gewittern gefallen waren. Im Tagesverlauf des 24.09.
verlagerte sich das Tief PATRICK weiter südostwärts
und war vor allem durch einen Kaltluftsektor in der Höhe dort besonders
ausgeprägt. Diese Kaltluft sorgte zusätzlich für eine Destabilisierung der
Atmosphäre, was dazu führte, dass sich schon in den Vormittagsstunden in einem
Streifen vom südwestlichen Italien bis zum südlichen Kroatien starke Gewitter
ausbilden konnten. Im Bereich der Warmfront breiteten sich die Niederschläge
auch weiter auf dem Balkan bis nach Bosnien und Herzegowina, Serbien und ins
südliche Ungarn aus.
Der Kern des Tiefs PATRICK war indes bis 01
Uhr MEZ des 25.09. zur kroatischen Küste gezogen. Der Druck im Inneren hatte
sich in den vergangenen 24 Stunden kaum verändert und betrug nun ca. 1009 hPa.
In den Frühstunden erreichte die Kaltfront des Tiefs PATRICK mit Niederschlag
und Gewittern Albanien und den Norden Griechenlands, wodurch im albanischen Vlore 46,0 mm Niederschlag bis 07 Uhr MEZ gemessen wurden,
am Flughafen der griechischen Stadt Kerkyra binnen
weniger Stunden 40,2 mm. Auch in Tunesien sorgte die Kaltfront für viel Regen,
in der Stadt Remada wurden 50,4 mm Niederschlag
registriert. Besonders heftige Gewitter hatten in der Nacht die kroatische
Hafenstadt Dubrovnik überquert. Dort wurde an der Wetterstation des Flughafens Cilipi eine unwetterartige Niederschlagssumme von 155,0 mm
binnen 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ
des 25.09 gemessen. Im Bereich der Warmfront waren großflächig in Kroatien,
Bosnien und Herzegowina, dem westlichen Serbien und Slowenien 20 bis 40 mm
Niederschlag gefallen.
Im Tagesverlauf zog der Tiefdruckwirbel
PATRICK entlang der Ostküste des ionischen Meeres und erreichte in der Nacht
die Küste der griechischen Halbinsel Peleponnes,
wobei der Luftdruck im Zentrum leicht auf etwa 1010 hPa angestiegen war. Die
Kaltfront des Tiefs erstreckte sich vom Zentrum nach Süden bis zur libyschen
Küste, die Warmfront war nur noch schwach ausgeprägt und reichte nordwärts bis
nach Bulgarien. Die Kaltfront sorgte sogar im sonst sehr trockenen
Küstenbereich von Libyen für länger anhaltende Niederschläge, welche in der
Summe bis 07 Uhr MEZ des 26.09. 24-stündig für bemerkenswerte 15 bis vereinzelt
auch über 50 mm Niederschlag sorgten. Besonders stark hatte es erneut den
Küstenbereich entlang des östlichen ionischen Meeres getroffen, wo
beispielsweise am Flughafen von Kefalhnia aufgrund
stundenlanger Gewitteraktivität über 140 mm gemessen wurden.
In den darauffolgenden Stunden zog das Tief
PATRICK in östliche Richtung, überquerte unter Abschwächung das griechische
Festland und erreichte am 27.09. 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von ca. 1012
hPa die Ägäis. Die Warm- und Kaltfront hatten sich ebenfalls wie das Tiefzentrum
leicht ostwärts verlagert. Der Schwerpunkt der Niederschläge lag hierbei über
mehrere Stunden unverändert über dem Norden Griechenlands, dem Süden
Mazedoniens und dem Südosten Bulgariens. Die höchste 24-stündige
Niederschlagssumme wurde bis zum Morgen des 27.09. mit 72,0 mm in der
nordgriechischen Stadt Thessaloniki gemessen. In den restlichen Landesteilen
Griechenlands wurden hingegen deutlich geringere Niederschlagssummen von 10 bis
20 mm registriert. Im weiteren Verlauf des 27.09. verlagerte sich der Tiefdruckkomplex
PATRICK über die Ägäis hinweg, schwächte sich dabei jedoch immer stärker ab und
löste sich in den Abendstunden vor der türkischen Küste auf.
Insgesamt sorgte das Tief PATRICK über
einen Zeitraum von 5 Tagen zum Ende des Monats September für starke gewittrige,
teils auch unwetterartige Niederschläge im mittleren und östlichen
Mittelmeerraum und brachte im frühen Verlauf seiner Entwicklung sogar Sturm-
und Orkanböen im Golf von Genua und auf Korsika.
Geschrieben am 20.11.2015 von Maximilian
Steinbach
Berliner
Wetterkarte: 25.09.2015
Pate:
Patrick Tracht