Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
PAUL
(getauft
am 14.05.2011)
Im Tagesverlauf des 13.05.2011 bildete sich
am, über Mitteleuropa ausgedehnten, Frontensystem des Tiefs NORBERT ein
weiteres, eigenständiges Tiefdruckgebiet aus, welches am Morgen des 14.05. auf
den Namen PAUL getauft wurde. Um 00 Uhr UTC (02 Uhr MESZ) befand sich der Kern
der Zyklone Paul mit einem Kerndruck von ca. 1010 hPa über den Farörer Inseln.
Von diesem ausgehend erstreckte sich bogenförmig über die Nordsee eine
Okklusionsfront, d.h. eine Front, die sowohl Eigenschaften von Warm-, als auch
von Kaltfronten hat. Nahe Amsterdam wandelte sich diese in eine Kaltfront um,
die über Frankreich bis zur Biskaya verlief. Entlang der Okklusion kam es zu
Regenschauern, die durch Schiffsmeldungen erfasst wurden. Bis zum Mittag
verlagerte sich der Wirbel PAUL in östliche Richtung bis nach Dänemark. Vom,
nahe der dänischen Stadt Odense liegenden, Zentrum aus hatte die Okklusion
Kaltfrontcharakter angenommen und erstreckte sich über Kiel, Hannover, Frankfurt/Main
und Saarbrücken bis nach Lyon. Im gesamten Frontbereich wurden teils mäßige
Schauer gemeldet. Innerhalb der nächsten 12 Stunden zog das Zentrum des Wirbels
gen Norden und lag am 15.5. um 00 Uhr UTC bei Oslo. Das zugehörige
Frontensystem hatte sich zudem in östliche Richtung verlagert. Vom Kern
erstreckte sich nun wieder eine Okklusionsfront über Südschweden, die Ostsee
und Warschau bis nach Osttschechien. Dort spaltete sie sich in eine nach
Südosten verlaufende Warmfront, die nahe des Schwarzen Meeres in die Kaltfront
des Teiltiefs NORBERT II überging und in eine Kaltfront, die sich über Wien und
die Poebene bis nach Madrid erstreckte, wo sie in eine weitere Warmfront
überging. Mit dem raschen Durchzug des Frontensystems traten besonders im
Bereich der Kaltfront weiterhin Schauer und auch Gewitter auf. So wurden
innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 15.5. in Innsbruck 26 mm und in
Salzburg 34 mm Niederschlag gemessen. Auf der Zugspitze fielen die
Niederschläge durchgängig als Schnee, wodurch sich die Schneedecke um 28 cm,
auf 220 cm erhöhte. Auch in Spanien löste die Kaltfront Gewitter mit teils
ergiebigen Niederschlägen aus. In Barcelona wurden 12-stündig bis 06 Uhr UTC 14
mm Regen gemeldet. Die Kaltfront von Tief PAUL bildete dabei eine starke
Luftmassengrenze aus. Wurden im Warmluftsektor, dem Bereich zwischen Warm- und
Kaltfront, am 14.5. noch Maximaltemperaturen von über 20°C, wie in Wien mit
22°C oder Klagenfurt mit 25°C gemessen, so wurden nach Durchzug der Kaltfront
in der Nacht am nächsten Tag nur noch Maximalwerte zwischen 10°C in Klagenfurt und
13°C in Wien erreicht. Bis zur Nacht zum 16.5. blieb das Zentrum des Wirbels
nahezu stationär im Raum Oslo. Von dort aus erstreckte sich die Okklusion in
einem Bogen über Südfinnland und das Baltikum bis zum Dreiländereck
Polen-Weißrussland-Ukraine, wo sie sich in eine, bis zum Schwarzen Meer
reichende, Warmfront und eine, bis nach Belgrad reichende, Kaltfront
aufspaltete. Die Wetteraktivität entlang der Kaltfront hatte etwas
nachgelassen, allerdings wurden im Frontbereich der Okklusion Schauer gemeldet,
die z.B. in Minsk zu einer 24-stündigen Niederschlagsmenge von 11 mm führten.
Der Warmsektor war an diesem Tag sehr
gut ausgeprägt, was durch Temperaturdifferenzen von teilweise 9 Grad zwischen
Gebieten unter Einfluss des Warmsektors und Gebieten außerhalb des Warmsektors
deutlich wurde. Innerhalb der nächsten Stunden verstärkte sich der Wirbel PAUL
auf einen Kerndruck von ca. 1000 hPa und zog bis zum 17.5. 00 Uhr UTC mit
seinem Zentrum nach Nordschweden. Die Warmfront hatte sich aufgelöst, sodass
sich vom Zentrum ausgehend eine Okklusion über Nordfinnland und Karelien bis in
den Raum zwischen Moskau und Kiew erstreckte, wo sie sich in eine Kaltfront
umwandelte, die bei Bukarest in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs
überging. Entlang dieses Frontensystems wurden aufgrund der
Temperaturunterschiede von bis zu 4 Grad auf beiden Seiten weiterhin leichte
Schauer ausgelöst.
Bei nahezu gleichem Kerndruck verschob sich
das Zentrum des Wirbels PAUL bis zum Folgetag zum Weißen Meer. Zudem hatte sich
ein Teiltief abgespalten, das über dem nördlichen Teil des Bottnischen
Meerbusens lag. Beide Kerne wurden durch eine Okklusionsfront verbunden, die
sich weiter bis zur Südspitze der russischen Doppelinsel Nowaja Semlja
erstreckte, wo sie sich wiederum in eine neu angegliederte Warmfront und die
Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief in Richtung Osten über Sibirien,
die Kaltfront erstreckte sich bis zur südlichen Ukraine. Im weit aufgespannten
Warmsektor blieb es nahezu bedeckt, während im Bereich der Kaltfront wieder
Schauer ausgelöst wurden und sich die Wolken nach Durchzug der Kaltfront meist
auflösten. Verdrängt durch das nachfolgende Tiefdruckgebiet QUIRIAKUS zog die
Zyklone PAUL im Tagesverlauf nach Osten und lag am Morgen des 19.5. mit ihrem
Zentrum bei Workuta. Während sich die Okklusion aufgelöst hatte, konnte über
dem Norden Sibiriens weiterhin die Warmfront und in westliche Richtung über
Archangelsk, bis zur russisch-finnischen Grenze reichend, die Kaltfront
analysiert werden. Innerhalb der nächsten 24 Stunden zog das Tiefdruckgebiet
PAUL in östliche Richtung aus den Darstellungsbereich hinaus, sodass es am
19.5. zum letzten Mal auf der Berliner Wetterkarte analysiert wurde.
Geschrieben am 02.09.2011 von Katrin Krüger
Berliner Wetterkarte: 16.05.2011
Pate: Payback.de