Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
PEARL
(getauft
am 26.04.2018)
Um den 25. April herum zeigte das
Strömungsmuster über dem Atlantisch-Europäischen-Raum eine zonale, also
breitenkreisparallele, Ausprägung mit kräftigen Westwinden in der Höhe. Das
Maximum war etwa auf einer Linie Neufundland - Britische Inseln - Baltikum zu
finden, so wurden durch eine Radiosonde über dem Südosten Englands
Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h in 10 km Höhe gemessen. Kleinräumige
Störungen innerhalb dieses Strömungsfeldes, sogenannte Kurzwellentröge, bilden
häufig den Ausgangspunkt für die Entstehung neuer Tiefdruckgebiete, die unter
Verstärkung über den Atlantik in Richtung Europa ziehen. Dies geschah auch in
der Nacht zum 26. April im Bereich des mittleren Atlantik.
Bereits in den Frühstunden des 26.
April konnte die sich neu bildende Zyklone etwa 850 km nördlich der Azoren und
1400 km westlich der Britischen Inseln mit einem Kerndruck von knapp unter 1020
hPa analysiert werden. Allgemein spricht man zwar erst ab unter 1013 hPa von
tiefem Luftdruck. Befindet man sich jedoch in einem Bereich von generell
höherem Luftdruck, wie etwa im Umfeld des Azorenhochs, so kann auch bei höheren
Werten Tiefdruckeinfluss vorherrschen. Da das Tief an den Folgetagen auch
Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es auf den Namen
PEARL getauft.
Erste Niederschlagsfelder im
Zusammenhang mit dem sich Richtung Westeuropa verlagernden Wirbel erreichten in
der Nacht zum 27.04. die Britischen Inseln, genauer das südliche Irland, Wales
und England. Bis zum darauf folgenden Morgen fielen an der südostenglischen
Küste in der Spitze knapp 20 l/m² innerhalb von 12 Stunden, so wie in Camborne. Meist aber blieben die Regenmengen bei unter 10
l/m², die Wetterstation in Plymouth meldete etwa 6 l/m², in Cork waren es 9
l/m².
Am anschließenden Tag zog Tief PEARL
unter Verstärkung, es wies um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, einen Kerndruck von
unter 1000 hPa auf, langsam von der Keltischen See aus weiter in Richtung
Ärmelkanal. Gleichzeitig weiteten sich die Regenfälle über den Britischen
Inseln aus und griffen auch auf Frankreich über. Schwerpunkt blieb jedoch
England, wo zwischen 06 und 18 UTC beispielsweise in Plymouth weitere 11 l/m²,
in Nottingham 7 l/m² und im Londoner St. James Park 5 l/m² gemessen wurden.
Über der Bretagne waren es im selben Zeitraum bis zu 5 l/m² Regen, wie etwa in
Brest mit 4 l/m². Aber nicht nur über Großbritannien und Nordfrankreich,
sondern auch über Deutschland machte sich das Tief PEARL bereits bemerkbar,
nämlich in Form von dünner Schleierbewölkung, die aus Südwesten aufzog. Diese
stand im Zusammenhang mit der Warmfront des Tiefs. In der dahinter aus Süden
einfließenden, wärmeren Luft stiegen die Temperaturen allgemein auf Werte bis
20°C und damit 3-5 Grad über das Niveau des Vortages. Über Süddeutschland
wurden sogar über 20°C gemessen, wie z.B. in München oder Stuttgart mit jeweils
22°C.
Am frühen Morgen des 28. April konnte
Tief PEARL mit einem Kerndruck von nunmehr knapp unter 1005 hPa mit Zentrum
über Südostengland analysiert werden. Die mit dem Tief verknüpften Fronten
spannten sich als Warmfront vom Zentrum aus ostwärts über die südliche Nordsee
bis nach Dänemark und zur westlichen Ostsee. Die Kaltfront hingegen verlief
südwestwärts über Frankreich bis zur Iberischen Halbinsel, wo sich gerade das
neue Tief QUITTA formierte. Da sich der über die Nordsee ziehende Wirbel in den
folgenden Stunden bereits wieder abschwächte, gingen auch die
Niederschlagsaktivitäten zurück. Entlang von Warm- und Kaltfront wurde, mit
Ausnahme des südlichen und östlichen Frankreich, wo 2-3 l/m² in 12 Stunden
fielen, kein nennenswerter Regen mehr beobachtet. Lediglich im Bereich der
Zugbahn des Tiefs PEARL, entlang der Nordseeküsten bis nach Dänemark, regnete
es punktuell etwas kräftiger. Die Messstationen in Emden und im niederländischen
Stavoren registrierten jeweils 8 l/m² innert 12
Stunden.
Wenn auch weniger durch
Niederschläge, so machte sich das Tief PEARL mit seinen Ausläufern jedoch
anhand der Temperaturen bemerkbar. In der hinter der Kaltfront einfließenden,
kühleren und wolkenreichen Meeresluft stiegen die Temperaturen über Teilen
Frankreichs und den Benelux-Staaten auf meist nur noch 13-16°C. Im Vergleich
dazu wurden vor der Front, im Warmsektor des Tiefs gerade über Süd- und
Ostdeutschland über 20°C gemessen, in Berlin und Cottbus bis zu 23°C und in
Regensburg gar bis 25°C.
In der sich anschließenden Nacht fiel
im Umfeld des Kerns gebietsweise weiterer leichter Regen. Neben der Nord- und
Ostseeküste, waren davon auch Dänemark und Südschweden betroffen. Beispielsweise
regnete es zwischen 18 UTC bis zum darauf folgenden Morgen 06 UTC in Norrköpingen 7 l/m², in Göteborg 2 l/m², in Kopenhagen
blieb es dagegen trocken.
Unterdessen war Tief PEARL am Morgen
des 29. April nur noch schwer auf den Bodendruckkarten auszumachen, da sich die
Luftdruckgegensätze über Mitteleuropa nahezu egalisiert hatten. Während die
Berliner Wetterkarte das Zentrum im Bereich der südwestlichen Nordsee
analysierte, befand sich das Zentrum mit dem niedrigsten Luftdruck im Bereich des
Kattegats. So wurde um 00 UTC an der Wetterstation im schwedischen Helsingborg
ein Luftdruck von 1010,3 hPa gemessen.
Die Ausläufer des Tiefs, die vor
allem anhand von Satellitenbildern noch gut zu erkennen waren, spannten sich zu
diesem Zeitpunkt von der südlichen Nordsee über Südschweden bis ins Baltikum,
sowie vom Kern aus südwärts quer über Deutschland bis zu den Westalpen.
Zwischen Südskandinavien und dem Baltikum machte sich der Wirbel durch kompakte
Wolkenfelder und zeit- und gebietsweise leichten bis mäßigen Regen oder
Regenschauer bemerkbar. Beispielsweise regnete es an diesem Tag in Helsinki 2
l/m², in Stockholm 3 l/m² und in St. Petersburg, wohin sich der Kern
verlagerte, 5 l/m² bis zum Abend. Über West- und Mitteleuropa hingegen war der
Einfluss des Tiefs an diesem 29. April kaum mehr zu spüren. Ursache war das
sich über Spanien weiter verstärkende und Richtung Frankreich ziehende Tief
QUITTA, welches die Ausläufer von Tief PEARL in seine Zirkulation mit aufnahm.
Auch in der folgenden Nacht kam es
noch zu Niederschlägen entlang des nach Westrussland ziehenden Tiefs PEARL.
Dabei wurden zwischen 18 und 06 UTC des Folgetages meist um 5 l/m² zwischen
Finnischem Meerbusen und Leningrader Gebiet beobachtet. In Nowaja
Ladoga, etwa 140 km östlich von Sankt Petersburg, waren
es sogar 10 l/m².
Im Petersburger Raum konnte dann auch
der Kern des Tiefs am Morgen des 30. April verortet werden. Hier lag der
Luftdruck bei etwas unter 1015 hPa. Mit dem Kern verknüpft war noch eine
Okklusionsfront, also eine Mischfront mit sowohl Warm- als auch Kaltfrontcharakter,
die sich südwestwärts bis ins Baltikum spannte und dort in die Ausläufer des nachfolgenden
Tiefs QUITTA überging. Weitere Niederschläge vor allem im Umfeld der ostwärts
entlang der oberen Wolga ziehenden Zyklone führten aber zu keinen größeren
Regenmengen mehr. Meist registrierten die Wetterstationen zwölfstündlich nur
noch 2-5 l/m².
Am frühen Morgen des 01. Mai konnte
Tief PEARL letztmalig im Bereich der mittleren Wolga analysiert werden, wobei
der Luftdruck hier bei knapp unter 1010 hPa lag. Im weiteren Tagesverlauf zog
das Tief mit leichten Niederschlägen ostwärts über den Ural in Richtung
Sibirien und entschwand somit aus dem Ausschnitt der Berliner Wetterkarte.