Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet PEDRO
(getauft am 02.12.2019)
Die Vergabe
von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner
Wetterkarte nur für Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf die
Großwetterlage in Europa haben. Am 02.12.2019 befand sich ein unbenanntes
Tiefdrucksystem an der Südostküste Grönlands. Das dazugehörige, ausgedehnte
Frontensystem erstreckte sich über eine Länge von 4000 Kilometern nach
Südwesten. Hierbei war bereits eine deutliche Wellenstörung an der Stelle
ausgeprägt, an der die Kaltfront in eine Warmfront mündete. Nach der Prognose
der Berliner Wetterkarte sollte sich an dieser Stelle am nächsten Tag ein
Tiefdruckzentrum entwickeln, weshalb dieses Tief auf der Prognosekarte vom
02.12.2019 auf den Namen PEDRO getauft wurde.
Am 03.12.
wurde der Wirbel PEDRO erstmals auf einer Analysekarte um 01 Uhr MEZ erwähnt.
Dort befand sich das Tiefdruckgebiet rund 1500 km westlich von Irland mit einem
Kerndruck von unter 995 hPa, wobei das Tiefdruckzentrum noch nicht komplett von
Isobaren, Linien gleichen Luftdrucks, umschlossen wurde. Des Weiteren lag der
Wirbel PEDRO auf der Vorderseite eines Trogs, wodurch sich das Tief weiter
intensivierte. Die Warmfront richtete sich nach Nordosten aus und mündete über
Island in einer Kaltfront. Die Kaltfront verlagerte sich Richtung Südwesten und
überquerte große Teile des Atlantischen Ozeans. Warm- und Kaltfront bezeichnen
hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Bereits in
der vergangenen Nacht hatten die ersten Ausläufer des Tiefs PEDRO die
isländische Küste erreicht, bevor am Nachmittag das Tiefdruckzentrum über die
Insel hinweg zog. Zudem trafen die ersten Ausläufer der Kaltfront auf die Küste
der Britischen Inseln. Besonders an der isländischen Westküste wurden am Morgen
des 03.12. bis zu 92,2 l/m² Niederschlag in Grundarfjörður
für die vergangenen 24 Stunden gemeldet. Im Laufe des Tages setzte anschließend
advektiver Niederschlag aus der Warmfront ein, wobei die Niederschlagsmengen
mit maximal 20,6 l/m², ebenfalls in Grundarfjörður, deutlich
geringer waren. Zusätzlich frischte am Abend der Wind zeitweise auf und wehte mit
94 km/h in Stórhöfði um 20 Uhr MEZ. Auch im
Vereinigten Königreich traten diverse signifikante Wetterzustände auf. Hierbei
blieben größere Niederschlagsereignisse aus. Die höchsten Niederschlagsmengen
waren am See Loch Glascarnoch mit 13,0 l/m² verortet.
Allerdings wurden diverse Orkanböen an den exponierten Stationen registriert.
Auf dem Cairngorm erreichte der Wind bis zu 154 km/h in
der Nacht zum 04.12. um 01 Uhr MEZ. Diese Werte sind bei einem Frontendurchgang
allerdings nicht ungewöhnlich. Der Windrekord für diese Messstation liegt
übrigens bei beachtlichen 278 km/h und ist damit einer der Spitzenreiter in
Europa.
Am folgenden
Tag lag der Wirbel PEDRO mit einem Kerndruck von unter 970 hPa über Island.
Damit hatte sich das Tiefdruckgebiet, wie prognostiziert, deutlich
intensiviert, weshalb der Kerndruck um 25 hPa abgenommen hatte. An diesem Tag
überquerte die Warmfront die Skandinavische Halbinsel, weshalb Norwegen längere
Zeit im Warmsektor lag, welcher durch advektiven Landregen geprägt war. Das
führte in der norwegischen Stadt Takle zu 47,1 l/m² in 24 Stunden, in Stryn zu 33,4 l/m² und Hjartåsen
zu 32,5 l/m². Des Weiteren wurden durch den Kaltfrontdurchgang in Aultbea im Norden Großbritanniens 15,0 l/m² registriert. In
Schottland nahm der Wind zum Nachmittag und Abend wieder deutlich zu, nachdem
er sich am Vormittag etwas beruhigt hatte. In Cairnwell
und am Aonach Mòr wurden
wieder einige Orkanböen mit ca. 125 km/h gemessen. Auf dem Cairngorm
war es nochmals erheblich windiger mit 145,6 km/h.
Am
Donnerstag, dem 05.12., erstreckte sich der Wirbel PEDRO über der Insel Jan
Mayen mit einem Kerndruck von unter 955 hPa. Darüber hinaus hatte sich zu
diesem Zeitpunkt parallel ein Prozess innerhalb des Tiefdruckgebiets PEDRO
ereignet, der in der Meteorologie unter dem Begriff der Okkludierung fällt.
Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem eine Mischfront durch den
Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider Typen
in sich vereint. Aufgrund der Rotationsrichtung des Tiefdruckgebiets, gegen den
Uhrzeigersinn, wurde weiterhin feuchte Luft aus Südwesten in Richtung der
norwegischen Küste angeströmt. An der Westküste Norwegens regnete es daher über
den gesamten Tag, wobei die Niederschlagssummen regional stark unterschiedlich
ausfielen. An der Station Fossmark meldete die
Wetterstation eine Niederschlagssumme von 96,5 l/m². Hierbei regnete es
zeitweise mit einer Niederschlagsintensität von bis zu 9 l/m² pro Stunde. Fossmark liegt in direkter Nähe der Stadt Bergen, welche
mit einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von 2251 l/m² zu den
niederschlagsreichsten Städten Europas zählt. Im Vergleich hierzu fallen in
Berlin nur 580 l/m² pro Jahr. Aber auch an der Station Takle wurde eine
akkumulierte Tagesniederschlagsmenge von über 66 l/m² registriert. Zudem
breitete sich die milde Luftmasse aus dem Westen bis nach Schweden aus, was zu
einer deutlichen Erwärmung der Höchsttemperatur dort führte. Im Vergleich zum
Vortag erhöhte sich die Maximaltemperatur um bis zu 6 Kelvin wie in Torpshammar, wo sie von -2°C auf +4°C anstieg.
Bis zum
folgenden Tag hatte sich das Tief PEDRO nur um ca. 600 km nach Südosten
verlagert und befand sich nun 1000 km westlich der nordwestlichen Küste
Norwegens. Zudem hatte sich die Okklusion deutlich ausgedehnt, was gleichzeitig
zu einer Abschwächung des Tiefs und einem Anstieg des Kerndrucks führte.
Zeitgleich nahm die absolute Feuchte innerhalb der Okklusionsfront über
Russland schnell ab. Der Grund hierfür waren die zum Teil eiskalten
Temperaturen. Kalte Luft kann deutlich weniger Feuchtigkeit mitführen, weshalb
die Niederschläge dementsprechend deutlich geringer ausfallen. Trotzdem wurden
an der russischen Station bis zu 11 l/m² in Biser
gemessen. Bis zum 08.12. verlagerte sich der Wirbel PEDRO anschließend über
Norwegen bis zur Halbinsel Kola. Allerdings folgte aus Südwesten bereits das
nächste kräftige Tiefdruckgebiet QUENTIN, in dessen Zirkulation das
Tiefdruckgebiet PEDRO in der Folge aufgenommen wurde.