Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PERDITA

(getauft am 10.10.2012)

 

Anfang Oktober entwickelte sich über dem Nordatlantik ein neues Tiefdruckgebiet, das für das Wettergeschehen in Mitteleuropa von Bedeutung sein würde. Daher wurde es am 10.10. auf den Namen PERDITA getauft. Der Kern des Tiefs befand sich an diesem Tag etwa   900 km westlich der irischen Westküste und hatte einen Druck von etwas unter 1010 hPa. Die Warmfront des Wirbels verlief in Richtung Osten, über die Südspitze Irlands hinweg bis zum Ärmelkanal. Im Gegensatz dazu erstreckte sich die Kaltfront in südwestlicher Richtung bis weit über den Nordatlantik. Von etwa 15 Uhr MEZ an fiel an der Wetterstation Plymouth in Südengland als eine Folge des Warmfrontdurchzuges immer wieder Sprühregen. Gegen Mitternacht kam es dort aufgrund des Durchzugs der Kaltfront noch zu Regenschauern, die bis etwa 07 Uhr MEZ des 11.10. mit dem Sprühregen zusammen insgesamt ca. 3 l/m² ergaben. Bis zu diesem Tag verlagerte sich das Tief PERDITA weiter in Richtung Nordosten und lag mit seinem Kern nun etwa 300 km westlich der Hebriden. Der Druck im Zentrum des Tiefs war bis auf etwa 1000 hPa gesunken, was eine Verstärkung des Druckgebildes bedeutet. Die Warmfront der Zyklone erstreckte sich wellenartig über Großbritannien hinweg bis zur französischen Hauptstadt Paris. Ihre Kaltfront verlief vom Zentrum aus über Irlands Westküste hinweg bis weit über den Nordatlantik. Beim Durchzug der Fronten wurden in der französischen Küstenstadt Brest innerhalb von 24 Stunden bis nachts 01 Uhr des darauffolgenden Tages insgesamt 7 l/m² Niederschlag aus leichtem Sprühregen, Regen und Regenschauern ermittelt. In Rennes waren es zwischen 01 Uhr und 19 Uhr sogar 13 l/m². Auch auf den Britischen Inseln sorgte das Tief für heftigen Regen. So wurden bis 07 Uhr des Folgetags in Charterhall Regenmengen von 44 l/m² und in Leuchars von bis zu 42 l/m² registriert, beides innerhalb von 24 Stunden.

Bis zum 12.10. war das Tiefdruckgebiet in südöstliche Richtung gezogen und lag mit seinem Kern nun über dem Zentrum Großbritanniens, ungefähr bei der nordenglischen Stadt Manchester. Die Warmfront des Druckgebildes verlief an diesem Tag in einem südwestlichen Bogen über Frankreich und Nordwestitalien hinweg bis über den Süden Jugoslawiens. Besonders war, dass das Tief an diesem Tag über zwei Kaltfronten verfügte. Die erste Kaltfront verlief vom Zentrum des Tiefs aus über die Mitte Frankreichs hinweg bis in die Nähe von Marseille, während die zweite, nachfolgende Kaltfront über die französische Normandie, den Golf von Biscaya und Nordspanien hinweg bis über den östlichen Nordatlantik verlief. Der rasche Durchzug der drei Fronten führte vor allem in Frankreich, Deutschland und Dänemark vielerorts zu ergiebigen Regengüssen. An der deutschen Ostseeküste wurden zum Teil innerhalb von 6 Stunden bis zu 5 l/m² Niederschlag aus Regen und Sprühregen gemessen, wie zum Beispiel in Lübeck und Rostock zwischen  19 Uhr und 01 Uhr des nächsten Tages. Im dänischen Billund in Jütland fielen sogar innerhalb von 12 Stunden 23 l/m² Regen.

Bis zum Folgetag, dem 13.10. verlagerte sich das Tief PERDITA nur wenig. Es lag mit seinem Zentrum und unverändertem Kerndruck über Schottland. An diesem Tag hatte das Tief angefangen zu okkludieren. Beim Prozess der Okklusion holt die nachfolgende Kaltfront die vorlaufende Warmfront ein, wodurch sich eine Mischfront herausbildet, die sogenannte Okklusionsfront. Auch an diesem Tag zeigte sich eine Besonderheit, denn der Wirbel verfügte über zwei Okklusionsfronten. Die eine erstreckte sich vom Kern des Tiefs aus bogenartig in Richtung Nordwesten über Island hinweg und anschließend auf das westliche Europäische Nordmeer hinaus bis etwa 100 km östlich der grönländischen Küste. Die zweite Okklusionsfront reichte über die Nordsee, Dänemark und die deutsche Ostgrenze hinweg bis an den Ostrand der Alpen, wo sich der sogenannte Okklusionspunkt befand, an dem sich die Okklusionsfront wieder in eine Warm- und eine Kaltfront aufteilt. Diese zweite Okklusionsfront hatte am Boden Warmfrontcharakter. Die Warmfront des Tiefs PERDITA erstreckte sich vom Okklusionspunkt ausgehen in Richtung Südosten, bis über Zentralbosnien und Herzegowinas. Seine Kaltfront verlief dagegen Richtung Südwesten bis zum italienischen Venedig. Beim Durchzug der Warmfrontokklusion kam es in der polnischen Hauptstadt Warschau zwischen 07 Uhr und 13 Uhr zu leichten Regenfällen, die ca. 0,2 l/m² Niederschlag brachten. Im polnischen Leba fielen zwischen 04 Uhr und 13 Uhr sogar 6 l/m² Niederschlag.

Der 14.10. zeigte das Tiefdruckgebiet PERDITA in zwei Kerne aufgespalten, welche beide etwa einen Kerndruck von 1000 hPa besaßen. Tief PERDITA I lag mit seinem Kern über dem Nordkanal, der Nordirland von Schottland trennt. Es besaß, wie bereits am Vortag zwei Okklusionsfronten, wovon die eine in nordwestlicher Richtung über den Nordatlantik verlief und sich die andere über die nördliche Nordsee, Südskandinavien und die Ostsee hinweg bis etwa 300 km östlich der weißrussischen Stadt Minsk erstreckte. Dort wechselte sie ihren Charakter in den einer Kaltfront, welche sich in Richtung Südwesten zog, bevor sie an der polnischen Ostgrenze endete. Tief PERDITA II lag mit seinem Kern mittig über der Nordsee, von wo aus die Okklusionsfront über Norddeutschland hinweg bis nach Frankfurt am Main verlief. Von dort aus reichte eine Kaltfront über Zentralfrankreich hinweg bis nach Nantes, an der französischen Atlantikküste. Beim Durchzug der Kaltfront kam es in einigen deutschen Städten in den Morgenstunden zu leichten Regenfällen. In Hamburg-Fuhlsbüttel wurden beispielsweise zwischen 01 und 07 Uhr Niederschlagsmengen von 3 l/m² registriert. An der Station Berlin-Dahlem, einer vorrangig von Studenten der Freien Universität Berlin betreuten Wetterstation, wurden innerhalb von 2 Stunden bis 07 Uhr morgens 0,7 l/m² Niederschlag registriert.

Am darauffolgenden Tag, dem 15.10. verfügte die Zyklone PERDITA wieder nur über einen Kern, der sich über der Nordsee befand. Der Kerndruck war nochmals bis knapp unter 995 hPa abgefallen. Vom Zentrum aus reichte die Okklusionsfront des Tiefdruckgebietes über Norddänemark und Südskandinavien bis zur lettischen Hauptstadt Riga. Die sich anschließende Warmfront verlief weiter bis zur russisch-ukrainischen Grenze. Die Kaltfront des Wirbels erstreckte sich vom Okklusionspunkt aus bis nach Nordostpolen. Dies war der letzte Tag an dem das lebhafte, regenreiche Tiefdruckgebiet PERDITA auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 

Geschrieben am 25.10.2012 von Gregor Meusel

Berliner Wetterkarte: 14.10.2012

Pate: Perdita Smith