Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PERRYMAN

(getauft am 04.09.2017)

 

Die Tiefdruckgebiete, welche das Wetter in Europa beeinflussen, entstehen häufig nördlich der Westwindzone über dem Nordatlantik, südlich von Grönland und Island. Der Grund dafür ist, dass dort die Bedingungen für deren Entstehung durch intensive Tröge, also Höhentiefs mit polarer Kaltluft, oft ideal sind. Im Laufe des 3. September 2017 verstärkte sich eine bereits vorhandene Tiefdruckzone recht deutlich von etwa 995 auf unter 980 hPa Kerndruck. Zum Nachttermin um 02 Uhr MESZ des 4. September wurde dieses Tief daher als Analysetaufe mit dem Namen PERRYMAN belegt.

Auf der Bodenwetterkarte der Berliner Wetterkarte befand sich das Kerngebiet des Wirbels PERRYMAN zu diesem Zeitpunkt ungefähr 400 km südwestlich von Island. Da sich dieser Wirbel aus bereits bestehenden Tiefdruckkernen entwickelt hatte, war das Frontensystem in einem fortgeschrittenen Entwicklungszustand, also größtenteils okkludiert. Diese Okklusion, welche entsteht, wenn die Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt und dabei die leichtere Luft im Warmluftsektor des Tiefs über die kalte Luft anhebt wird, zog sich bei der Zyklone PERRYMAN vom Kern aus nach Nordosten um Island herum und in einem Bogen nach Süden über Irland bis über den westlichen Ärmelkanal, wo sie sich anschließend in eine kurze Warm- und Kaltfront auftrennte. Nördlich von Island ging außerdem eine Warmfront nach Nordosten über das Nordpolarmeer ab, wo sie in die Kaltfront eines unbenannten Tiefdruckgebiets überging. Zuletzt wurde noch eine weitere Okklusion südlich des Kerns des Tiefs PERRYMAN analysiert, welche zunächst aus Südwesten her in Richtung des Tiefzentrums verlief, dann in einem Bogen nach Südosten abknickte und anschließend etwa 200 km westlich von Irland weiter als Kaltfront nach Südwesten über den Nordatlantik analysiert wurde. Im Tagesverlauf drehte sich das vordere Frontensystem um den Tiefdruckkern PERRYMAN bei Island ein und überquerte dabei Großbritannien und mit der Warmfront den Norden Frankreichs bis Westdeutschland. Am Vormittag wurden 6-stündig bis 14 Uhr MESZ 10 l/m² Regen in Hellisskard bei Reykjavik gemessen. In Laufbali waren es sogar 19,5 l/m² im selben Zeitraum und in Glasgow 4 l/m², wo am Nachmittag und Abend bis 20 Uhr MESZ weitere 3 l/m² folgten. In den südlicher gelegenen London und Rouen wurden in den gesamten 12 Stunden 0,4 l/m² registriert.

In der Nacht zum 5. September veränderte sich der Wirbel PERRYMAN kaum in Position und Stärke. Darüber, in der mittleren Troposphäre in etwa 5 km Höhe, hatte sich derweil ein stabiles, abgeschlossenes Höhentief entwickelt. Durch die zyklonale Windströmung, also gegen den Uhrzeigersinn um den Kern, drehte sich das Frontensystem von Wirbel PENNYMAN weiter ein, was zur charakteristischen Spiralform der Wolkenbänder im Satellitenbild führte. Die stark ausgeprägte Okklusion zog sich in Richtung Südwesten in einem Bogen zwischen Grönland und Island um das Zentrum des Tiefs PERRYMAN und über das Europäische Nordmeer bis über die Nordsee, wo sie sich am sogenannten Okklusionspunkt in eine Warmfront nach Süden und eine Kaltfront auftrennte. Die kurze Kaltfront ging bereits über England in eine Warmfront eines kleinen Randtiefs über. Parallel zu diesem ersten Frontensystem folgte etwa 400 km dahinter eine weitere, schwächere Okklusion. Am Vormittag zwischen 08 und 14 Uhr MESZ brachten die ersten Ausläufer 7 l/m² in Bergen, 1 l/m² in Dünkirchen und 0,2 l/m² in Nantes. Weiter westlich, innerhalb des Frontensystems, wurden Niederschlagswerte bis 18 l/m² im Englischen Leek Thorncliff erreicht. Über dem Alpenraum wurde die schwache Warmfront durch orographische Hebung soweit verstärkt, sodass Regen um 1,5 l/m² wie an der Station in Oberammergau gemessen werden konnte. In den folgenden 6 Stunden wurden die Niederschlagswerte in Bergen und Leek Thorncliff jeweils auf 21 l/m² erhöht und auch in Westdeutschland wurden bereits beispielsweise 0,6 l/m² in Bremen und 0,3 l/m² in Bonn gemessen. Weiterhin zog das Kerngebiet der Zyklone PERRYMAN nun langsam ostwärts und überquerte dabei Island, was dort ebenfalls 12-stündig für bis zu 15,6 l/m² wie in Siglufjodur führte. Hinter dem sich ostwärts verlagernden Frontensystem floss nun maritime Polarluft ein, in der sich überwiegend Quellwolken bildeten. Als Folge dieses Luftmassenwechsels sanken die Tiefsttemperaturen in England in der folgenden Nacht um rund 5 Grad im Vergleich zum Vortag. In London zum Beispiel wurde ein Rückgang von 16,6°C auf 11,6°C verzeichnet.

Weiterhin entwickelte sich bis zum Morgen des 6. September im Bereich des Okklusionspunktes über der Südküste Norwegens ein neuer Tiefdruckkern namens PERRYMAN II mit ungefähr 1005 hPa Kerndruck. Der Hauptkern PERRYMAN I wurde derweil etwas abgeschwächt auf 990 hPa über der Südostspitze Islands analysiert. Das Frontensystem okkludierte im Verlauf des Tages unter langsamer Verlagerung nach Osten vollständig. Über den Tag und bis zum Morgentermin um 08 Uhr MESZ des Folgetages wurden 24-stündig entlang der Front von Nord nach Süd im norwegischen Asker 35,6 l/m², in Warnemünde 23,4 l/m², in Berlin-Tegel 11,3 l/m² und in Ruhpolding 28,3 l/m² Niederschlag registriert, welcher teilweise gewittrig ausfiel. In der kalten Luft polaren Ursprungs stiegen die Temperaturen in Bochum nun nur noch auf 18,9°C. Am Vortag waren es bei ebenfalls nur etwa 3 Stunden Sonne noch 25,9°C.

Mit Abschwächung des Höhentiefs verringerte sich auch der Kerndruck von Tiefdruckgebiet PERRYMAN I in der Nacht zum 7. September auf 995 hPa. Derweil verlagerte es sich langsam weiter nordwärts über die Vulkaninsel Jan Mayen nördlich von Island und damit aus dem europäischen Raum. Im norwegischen Tagdalen konnten am Vormittag zwischen 08 und 14 Uhr MESZ noch 0,6 l/m² und auf Jan Mayen eine nicht messbare Menge Niederschlag, also unter 0,1 Liter pro Einheitsfläche, verzeichnet werden. Unterdessen trennte sich der Kern des Tiefs PERRYMAN II und dessen Fronten in Richtung Osten ab und ordneten sich damit unterhalb eines zweiten Höhentiefs über Osteuropa ein. Der Kerndruck blieb dabei mit 1005 hPa weiter konstant und auch die Okklusion war weiterhin wirksam genug, um über Mitteleuropa für dichte Bewölkung und Niederschlag zu sorgen. Über Ostdeutschland, Polen und bis Ungarn schien überwiegend unter 2 Stunden lang die Sonne. In 12 Stunden bis 20 Uhr MESZ meldeten die Wetterstationen in Kopenhagen 5 l/m², in Greifswald 1,5 l/m² und im polnischen Mikolajki sogar 16 l/m². Am Südende des Frontensystems über Italien dominierte subtropische feuchte Mittelmeerluft und die Hebung der Luftpartikel im Bereich der Front sorgte für die Auslöse von Gewittern, wobei 12-stündig ein Spitzenwert von 47 l/m² in Desenzano erreicht wurde. Starke Schäden wurden nicht gemeldet, vermutlich da die Bedingungen nicht zur Bildung von kräftigen, langlebigen Gewittersystemen ausreichten.

Über den 8. September verlagerte sich Tief PERRYMAN I unter Abschwächung weiter nach Norden und war für das Wetter in Europa nicht mehr von Bedeutung. Der Tiefdruckkern PERRYMAN II und dessen Fronten schwächten sich dagegen nur langsam ab. Die Okklusion über der Ostsee, Polen und bis zum Kern über Weißrussland ließ nur noch leichten Regen fallen. An der Station des Flughafens Kaliningrad wurden zwischen 08 und 20 Uhr MESZ 0,3 l/m² gemessen. Östlich des Kerns war die Okklusion noch etwas intensiver und sorgte für beispielsweise 7 l/m² in Roslawl. In diesem Gebiet trennte sie sich in eine Warmfront nach Südosten und eine Kaltfront nach Südwesten bis Italien auf. Mit Ausnahme einiger schwacher Gewitter entlang der Mittelmeerküste fielen jedoch kaum noch nennenswerte Niederschläge und bis zum Folgetag waren beide Kerne des Tiefs PERRYMAN von der Berliner Wetterkarte verschwunden.


 

Geschrieben am 21.11.2017 von Jannick Fischer

Berliner Wetterkarte: 06.09.2017

Pate: Donald Perryman