Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PETER

(getauft am 02.04.2015)

 

Anfang April befand sich über dem Atlantisch-Europäischen Raum ein umfangreicher Höhentrog, also ein Gebiet niedrigen Luftdrucks in der Höhe, der sich von Grönland aus über das Nordmeer und Skandinavien bis nach Mittel- und Osteuropa erstreckte. Westlich davon wölbte sich ein breiter Hochdruckkeil, d.h. ein Warmluftvorstoß nach Norden in 5,5 km Höhe, von der Iberischen Halbinsel aus über den Ostatlantik bis etwa zur Südspitze Grönlands. Zwischen den beiden Potenzialgebilden hatte sich eine kräftige nordwestliche Höhenströmung eingestellt, in welche eine Luftmassengrenze eingebettet war. Diese trennte polare Kaltluft über Nordeuropa von milder Subtropikluft über Süd- und Südwesteuropa. Mit den kräftigen Höhenwinden mit Windspitzen von über 250 km/h in 9 km Höhe wurde im Laufe des 02. April ein sogenannter Kurzwellentrog, also ein kleinräumiges Randtief in höheren Luftschichten, aus dem kanadisch-grönländischem Seegebiet stromabwärts Richtung Britische Inseln geführt. Dynamische Prozesse innerhalb der Atmosphäre führten schließlich zu einer Entwicklung eines neuen Tiefdruckgebietes im Bodenniveau.

Das in Entstehung begriffene Tief wurde für den 03. April zur Mittagszeit bereits über dem Osten Englands erwartet und sollte an den folgenden Tagen auch Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa nehmen. Folglich wurde die Zyklone bereits am 02. April in der Prognose für den Folgetag auf den Namen PETER getauft. Erstmals konnte Tief PETER am 03. April um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, wenige hundert Kilometer nordwestlich der Britischen Inseln, mit einem Kerndruck von knapp unter 1010 hPa auf der Bodendruckkarte analysiert werden.

Durch die Zyklogenese kam es bereits in der Nacht zu Niederschlägen entlang der Luftmassengrenze über den Britischen Inseln. Tagsüber setzten sich die leichten bis mäßigen Regenfälle fort, wobei sich der Niederschlagsschwerpunkt mit dem Tiefdruckkern über England hinweg nach Frankreich verschob. Allgemein wurden 12-stündige Niederschlagsmengen von 2 bis 5 l/m² gemessen, von der Normandie bis zum Großraum Paris auch bis zu 14 l/m², wie etwa in Caen. In der sich anschließenden Nacht griffen die Niederschläge bereits auf Süddeutschland, die Schweiz und Norditalien über. Gleichzeitig erreichte von der Nordsee her ein neues, mit dem Tief in Verbindung stehendes Niederschlagsband die Benelux-Staaten und den Westen Deutschlands. Die recht homogen verteilten Niederschläge brachten zwischen Rhein und Rhône im Schnitt 3 bis 4 l/m² in 12 Stunden. In der Nähe zum Tiefdruckzentrum über der Mitte und dem Osten Frankreichs entwickelten sich dagegen auch einzelne gewittrige Schauer, die beispielsweise in Ambérieu-en-Bugey in der Region Rhône-Alpes bis zum Morgen 15 l/m² Niederschlag brachten.

Gleichzeitig wurde Tief PETER in den Frühstunden des 04. April über Zentralfrankreich analysiert. In den höheren Luftschichten verlagerte sich der nach wie vor gut ausgeprägte Kern der Höhenströmung folgend von Zentralfrankreich aus weiter in Richtung Tyrrhenisches Meer und Italien. Hierdurch kam es nicht nur zu einer Verstärkung des zyklonalen Einflusses über Norditalien, sondern auch zu einer deutlichen Verstärkung der Niederschläge zwischen Süddeutschland, dem Alpenraum, Ostfrankreich und Norditalien. Die Hauptaktivität lag dabei tagsüber über den Westalpen, vorrangig über der Schweiz, wo 12-stündig verbreitet zweistellige Niederschlagssummen gemessen wurden. In den Niederungen waren es bis zu 23 l/m² wie in Wäldenswil und in den Bergen bis zu 30 l/m² wie auf dem 2500 m hohen Säntis. Aber auch über der Nordhälfte Italiens regnete es gebietsweise kräftiger, so meldete etwa Florenz 28 l/m². In der sich anschließenden Nacht ließen die Niederschläge über dem Alpenraum nur zögerlich nach, während es zwischen Côte d'Azur - Lingurischem Meer - Mittelitalien bis zur Adria zu weiteren Niederschlägen kam, die im weiteren Verlauf auch auf die Balkanhalbinsel übergriffen. Da diese Schauercharakter besaßen, waren die Regenmengen dementsprechend ungleichmäßig verteilt. Während z.B. in Rimini zwischen 18 Uhr bis 06 Uhr UTC des Folgetages 37 l/m² registriert wurden, waren es 80 km weiter südwestlich in Florenz lediglich noch 2 l/m².

Bis zum Morgen des 05. April hatte sich schließlich zwischen westlichem Mittelmeer, Apenninenhalbinsel und Adria ein neuer Tiefdruckbereich im Bodenniveau herausgebildet. Dieser besaß über Korsika und Mittelitalien zwei Schwerpunkte mit jeweils einem Luftdruck von knapp unter 1005 hPa. Mit Letzterem waren eine sich südostwärts über die Adria erstreckende Warmfront sowie eine über Sizilien bis Nordafrika und Spanien reichende Kaltfront verbunden. Vor allem durch die Tiefweiterentwicklung setzten sich die Regenfälle auch am 05. April über Italien fort, dehnten sich aber gleichzeitig auch rasch weiter ostwärts bis zur Balkanhalbinsel nach Bosnien, Serbien, Albanien und später auch bis nach Bulgarien und Nordgriechenland aus. Entlang der Adriaküste entwickelten sich ähnlich wie über der Apenninen-Halbinsel einige gewittrige Schauer, die etwa in Tirana 23 l/m² in 12 Stunden mit sich brachten. Weiter landeinwärts, über den südlichen Dinariden, gingen die Niederschläge in den eingeflossenen polaren Luftmassen in Schnee über, wobei die Schneefallgrenze zwischenzeitlich bis auf knapp 500 m sank. So meldete die Station Sarajevo-Bejejave zwischen 06 und 13 Uhr UTC durchgängig leichten bis mäßigen Schneefall und es konnte sich, wenn auch nur vorübergehend, eine dünne Schneedecke ausbilden. Gleichzeitig drangen die Luftmassen polaren Ursprungs auch bis zum westlichen Mittelmeer und zur Apenninen-Halbinsel voran, was sich gut anhand der kühleren Temperaturen rekonstruieren lässt. Denn während beispielsweise in Südfrankreich in Avignon am 04. April noch Temperaturen bis 19,2°C gemessen wurden, betrug das Maximum am 05. April trotz ungetrübten Sonnenscheins gerade einmal 13,9°C. Auch über Italien war die Temperatur niedriger als am Vortag, in Rom-Fiumicino lagen sie etwa nur noch bei 12,0°C, nach 16,5°C am vorherigen Tag. Dagegen wurde vorderseitig des Tiefs PETER, welches sich im Laufe des 06. April von Italien über Albanien und Griechenland hinweg in Richtung Schwarzes Meer verlagerte, ein Schwall wärmerer Luftmassen subtropischen Ursprungs aus der Region des Mittelmeeres in Richtung Türkei gelenkt. Folglich stiegen die Temperaturen über der Anatolischen Halbinsel im Vergleich zum Vortag deutlich an, im Schnitt um 4-5 Grad. In Eskisehir in Westanatolien wurden Werte bis 21°C gemessen, nachdem am Vortag lediglich 13°C erreicht wurden, und das trotz annähernd gleich bleibender Sonnenscheindauer.

Die polaren Luftmassen indes drangen im Laufe des 6. April weiter ostwärts über Albanien und Griechenland in Richtung Ägäis voran. Einhergehend damit entwickelten sich im Übergangsbereich einige kräftige Schauer und Gewitter. Diese hatten bereits in der Nacht zum 06. April über Albanien für bis zu 44 l/m² Niederschlag gesorgt, brachten in Griechenland tagsüber immerhin örtlich bis zu 27 l/m² und erfassten am Abend schließlich auch die Westtürkei. In Canakkale, am Marmarameer wurden gar bis zu 49 l/m² Regen innerhalb von 12 Stunden registriert. Währenddessen griffen die Niederschläge am 06. April dem Tiefdruckkern folgend weiter nordwärts aus und erfassten auch Rumänien, Moldawien und die Ukraine, meist mit Intensitäten von 10 bis 20 l/m² in 12 Stunden. In Bukarest fielen tagsüber etwa 21 l/m² und in der Nacht in Odessa 23 l/m². Gleichzeitig ließen die Niederschläge über der Apenninen-Halbinsel und dem westlichen Balkan allmählich nach.

Am 07. April um 00 Uhr UTC konnte Tief PETER mit einem Kerndruck von knapp unter 1005 hPa über dem Schwarzen Meer analysiert werden. Die Zyklone PETER entfernte sich jedoch in den folgenden Stunden langsam über die Ukraine in Richtung Russland. Einhergehend mit der Zugbahn kam es zu weiteren, teilweise ergiebigen Niederschlägen, die sich nunmehr auf einen schmalen Streifen zwischen Donaudelta und Südwestrussland konzentrierten. Zwischen 06 und 18 Uhr UTC fielen hier 20 bis 30 l/m² Regen, am meisten in Krywyj Rih in der Südukraine mit 33 l/m².

Am 08. April schwächten sich die Niederschläge jedoch über Südwestrussland merklich auf nur noch durchschnittlich 2 bis 5 l/m² in 12 Stunden ab. Gleichzeitig erreichte die Kaltfront mit Schauern und Gewittern bereits die Osttürkei, Georgien sowie Zypern. Nennenswerte Niederschlagsmengen wurden in diesem Zusammenhang jedoch nicht mehr registriert. Deutlicher fielen dagegen die Temperaturkontraste vor und hinter der Kaltfront aus. So wurden in Trabzon im Nordosten der Türkei am 07. April in den Luftmassen subtropischen Ursprnungs noch Temperaturen von bis zu 30°C gemessen, einen Tag später waren es unter dichten Wolken der eingeflossenen polaren Luftmassen lediglich noch 9°C.

In den Frühstunden des 09. April befand sich Tief PETER mit Zentrum bereits in Nähe des Moskauer Raums, wobei ein Luftdruck von knapp unter 1000 hPa festgestellt wurde. Gleichzeitig hatte sich im Bereich der mittlerweile über Kaspimeer, Kaukasus und Osttürkei verlaufenden Kaltfrontokklusion ein kleinräumiges Randtief mit ebenfalls knapp unter 1000 hPa Kerndruck gebildet, welches den Namen PETER II erhielt. Allerdings blieb die Wetterwirksamkeit sowohl vom Randtief PETER II, als auch vom Wirbel PETER I und seinen Ausläufern am 09. April, abgesehen von letzten leichten Niederschlägen über Zentralrussland, gering.

Während sich Tief PETER im Tagesverlauf einem Tiefdruckkomplex zwischen Barentssee und Nordwestrussland anschloss und in diesem aufging, verlagerte sich das Tief PETER II langsam über den Kaukasus hinweg in Richtung Kaspisches Meer, wodurch es schließlich den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte bis zum Folgetag verließ.

 


Geschrieben am 07.07.2015 von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 05.04.

Pate: Peter Schmitdke