Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet PETRA
(getauft
am 03.02.2020)
Im
Grenzbereich zwischen warmer Subtropikluft im Süden und subpolarer Kaltluft im
Norden entwickelte sich über dem Atlantik das Wellentief PETRA, das anhand der
Analysekarte 03.02.2020 für 0 Uhr UTC getauft wurde. Zu jenem Zeitpunkt befand
sich das Zentrum des Wirbels, von dessen Kern sich sowohl eine Warmfront nach
Osten Richtung Frankreich und eine Kaltfront nach Südwesten zog, mit einem
Kerndruck von knapp 1015 hPa zunächst westlich der Biskaya. Sich zunehmend
intensivierend verlagerte er sich unterhalb einer starken westlichen
Höhenströmung im Tagesverlauf rasch über den Atlantik und Frankreich hinweg
nach Süddeutschland. Hebungsprozesse im Kernbereich des Tiefs als auch entlang
seines nach Osten voranschreitenden Frontensystems hatten dabei die Bildung eines
Niederschlagsfeldes zur Folge, welches in den Mittagsstunden zunächst auf
Nordfrankreich traf und sich im weiteren Tagesverlauf bis in den Alpenraum
ausweitete. Besonders markant gestalteten sich die Niederschläge dabei zum
einen im Bereich der Ardennen, vor allem aber entlang der Alpen. Der Grund
dafür lag im erzwungenen Aufgleiten entlang der dortigen Gebirgsketten, welches
die feuchten, atlantischen Luftmassen in wesentlich kühlere Luftschichten hob.
In Kombination mit Staueffekten führte dies zu einer deutlichen Intensivierung
der Niederschläge. Waren im Norden Frankreichs innerhalb von 24 Stunden bis 6
Uhr UTC des nächsten Morgens im Großraum Paris 8,3 mm, bei Rouen 13,9 mm und in
Abbeville 15,1 mm gefallen, wurden im nahe der Ardennen gelegenen Charleville bereits 23,6 und im belgischen Buzenol 34,6 mm gemessen. Das Groß der Regenmengen, 19
beziehungsweise 29 mm, waren dabei in unter 6 Stunden gefallen. Noch größere
Niederschlagssummen wurden hingegen durch die schnelle Zuggeschwindigkeit des
Wirbels verhindert. Ähnlich ergiebig fielen die Niederschläge auch im Stau der
Nordalpen aus. Innerhalb von 24 Stunden
waren entlang des Bodensees in Altenrhein 26,7 mm und in Güttingen
als auch in Bregenz jeweils 34,3 mm gemessen worden. Über Süddeutschland verlor
das Tief PETRA leicht an Dynamik und verlangsamte sich, sodass sich vor allem
vom Allgäu über Oberbayern bis nach Österreich durch den anhaltenden und teils
schauerartig verstärkten Regen noch höhere Niederschlagsmengen akkumulierten
konnten. Im selben Zeitraum konnten so in Kempten 41,9 mm, auf dem Hohenpeißenberg 49,9 mm und in Oberstdorf 51,9 mm, und auf
österreichischer Seite in Salzburg 41,0 mm, in Sankt Wolfgang 54,0 mm und am
Mondsee 55,0 mm registriert werden. Aus der auf gut 1500 m gelegenen Gemeinde
Warth (Vorarlberg) wurden gar bis zu 87,1 mm gemeldet, von der Station auf dem
Schweizer Säntis 85,6 mm und dem Feldberg 79,3 mm. In der Schweiz als auch
vereinzelt in Teilen Österreichs und Bayerns waren die Niederschläge zudem von
Orkanböen begleitet. Der zumeist westliche, bis nordwestliche Wind erreichte
beispielsweise am Flughafen von Innsbruck in Spitzen 118,9 km/h, auf dem Jungfraujoch 135,3 km/h sowie auf der Zugspitze und dem
Feldberg jeweils bis zu 144,1 km/h. Auch in der Schweiz erreichte der Wind mit
Spitzen von 122,3 km/h in Zürich, 146,4 km/h auf dem Säntis und bis zu 155,7
km/h auf dem Chasseral ebenfalls Orkanstärke.
Gegen
0 Uhr UTC des 04.02. hatte das Sturmtiefs PETRA mit einem auf unter 1005 hPa
gefallenen Kerndruck und einem komplexen Frontensystem Süddeutschland erreicht.
Vom Zentrum des Wirbels erstreckte eine erste Warmfront über die Alpen hinweg
nach Südosten und eine Kaltfront über Südfrankreich nach Südwesten. Sie gingen
über Nordmazedonien beziehungsweise der Biskaya in die
Frontensysteme anderer Tiefdruckgebiete mit Zentren bei Wolgograd und Nahe der
Azoren über. Nördlich des Kerns des Wirbels PETRA reichte eine zweite Kaltfront
parallel zur ersten Kaltfront von Kassel bis nach La Rochelle und eine weitere
Warmfront, ebenfalls bei Kassel beginnen, bis nach Zielona Góra (Polen). Bei
Zielona Góra verband sich diese mit den Ausläufern des Tiefdruckkomplexes OLGA mit
Kernen über den Shetland Inseln und Südschweden. Sturmtief PETRA verlagerte
sich bis 6 Uhr UTC rasch über Südbayern hinweg nach Osten. Dabei kam es über
Österreich aber auch in Teilen der Schweiz zunächst noch zu weiteren, teils
sehr ergiebigen Niederschlägen. Diese führten von 6 Uhr UTC innerhalb von 24
Stunden auf dem Chasseral 27,0 mm, auf dem Saentis 40,3 mm und an der Station Grand St. Bernard bis zu
83,6 mm mit sich. In Österreich wurden in Achenkirch 37,3 mm, bei Galzig 45,8 mm und in Warth 50,0 mm registriert. In
Deutschland fielen dagegen, mit Ausnahme einiger weniger, meist in ihrer Lage
besonders exponierten Messstationen wie Oberstdorf (16,8 mm), Freudenstadt
(18,8 mm) oder der Zugspitze (58,2 mm) zumeist unter 5 mm. Der zunehmend von
West auf Nordwest und in der Schweiz auf Nord bis Nordost drehende Wind
erreichte im Alpenraum zunächst noch weiter in Böen Orkanstärke. An der Station
Grand St. Bernard registrierten die Anemometer Windspitzen bis 139,0 km/h, auf
dem Jungfraujoch 140,8 km/h und am Alpinzentrum Rudolfshütte bis zu 172,9 km/h. Auf seinem Weg nach Osten
bildete der Wirbel an seiner Südwestflanke im Laufe der Morgenstunden über
Kroatien einen zweiten Kern aus. Während der erste, ursprüngliche Kern seine
östliche Zugbahn beibehielt und dabei auf seinem Weg
in Richtung des Schwarzen Meeres Ungarn und Bulgarien überquerte, verlagerte
sich der Zweite im Tagesverlauf über die Balkanhalbinsel hinweg Richtung Ägäis.
Die Niederschlagsmengen fielen dabei sehr unterschiedlich aus. So brachte der
anhaltende jedoch allmählich an Intensität einbüßende und über Osteuropa auch
in Schnee übergehende Regen in der Slowakei und Moldavien
vielerorts um 10 mm, abseits der Schauerzentren in Ungarn zwischen 3 und 6 mm
und in Rumänien um oder unter 3 mm. Trotz allgemeiner Abschwächung konnten in
einigen, meist Gebirgsnahen oder anderweitig orographisch begünstigten Regionen
jedoch auch weiterhin Niederschlagsmengen über 20 mm gemessen werden.
Beispielsweise wurden auf dem rumänischen Umo 21,0
mm, im ungarischen Miskolc 26,0 mm oder auf dem slowakischen Lomnický štít bis zu 50,6 mm
registriert. Ähnlich intensiv fielen die teils mit Gewittern durchsetzten Regen- und Schneeschauer auch im
Einflussbereich des durch feucht-warme Luftmassen aus dem Mittelmeerraum
gespeisten zweiten Kerns aus. Im kroatischen Karlovac
wurden innerhalb von 24 Stunden 20,3 mm, im serbischen Leskovac 22,3 oder im bosnischen Jajce 25,4 mm gemessen. Im albanischen waren es dagegen gar
Shkodra 36,0 mm, auf der ebenfalls zu Albanien gehörenden Insel Sazan 42,0 mm und im nordmazedonischen Pozarane
bis zu 47,4 mm. Abseits der Schauer- und Gewitter fielen verbreitet zwischen 8
und 15 Millimetern. Wie schon über den Alpen konnte der Wind auch im Bereich
des zweiten Kerns an exponierten Lagen in Böen Orkanstärke erreichen. So wurden
entlang der Adriaküste in Dubrovnik als auch im montenegrinischen Bar Böen von
133,3 km/h, auf dem bulgarischen Mussala von 144,4
km/h und im kroatischen Makarska
von 169,3 km/h gemessen.
Bis
00 Uhr UTC des 05.02. hatte sich der zweite Kern des Tiefs PETRA nach
Griechenland verlagert und befand sich mit einem Druck von circa 995 hPa unweit
von Thessaloniki.
Von diesem reichte eine Kaltfront in südwestliche Richtung über das Mittelmeer
bis nach Algier und eine Warmfront in nordöstlicher Richtung bis nach
Bulgarien, die sich anschließend nahe Warna mit der Kaltfront des an die
Schwarzmeerküste Rumäniens gezogenen ersten Kerns verband. Vom ersten Kern,
dessen Druck auf knapp 990 hPa gesunken war, erstreckte sich eine weitere
Warmfront über das Schwarze Meer und die Osttürkei in Richtung des Iraks sowie
eine Okklusionsfront in einem Bogen über die Ukraine und Polen bis nach Berlin.
Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss
von Warm- und der ihr nachfolgenden Kaltfront resultiert und Eigenschaften
beider Systeme aufweist. Von jener Okklusionsfront, die über Polen und
Ostdeutschland am Boden den Charakter eine Kaltfront annahm, erstreckte sich
eine dritte Warmfront von Riwne (Ukraine) bis an den Dnepr. Mit Annäherung an
das Schwarze Meer konnte der nördliche der beiden Kerne erneut an Feuchtigkeit
gewinnen. An seiner Ostflanke wurde feuchte Meeresluft zunächst nach Norden in
Richtung der Ukraine geführt. Diese gelangte anschließend auf seiner Rückseite
mit einer nördlichen Strömung über Rumänien und Bulgarien in den
Einflussbereich des zweiten Kerns, wodurch die Niederschläge in der Region
weiter anhielten und verbreitet noch an Intensität gewinnen konnten. Am intensivsten
fielen die teils in Schneefall übergehenden Schauer im ukrainisch-russischen
Raum im Küstenbereich der Krim und des Asowschen Meeres aus. Tschornomorske melde binnen 24 Stunden 29,0 mm, Taganrog
39,0 mm und Mariupol 56,0 mm. Anhaltende, und auch hier zunehmend in Schneefall
übergehende Niederschläge brachten im selben Zeitraum in Sofia 21,2 mm und in
Bukarest 31,4 mm. Über der Balkanhalbinsel hatte sich der Wind Tagsüber
vorübergehend etwas beruhigen können, jedoch gewann er auf der Rückseite des
sich nach Osten verlagernden Wirbels alsbald erneut an Stärke und erreichte,
wenn auch nur noch lokal und in besonders exponierten Lagen, abermals
Orkanstärke. So registrierten die Messgeräte auf dem Musala
als auch in Sliwen Windspitzen von jeweils 122,5 km/h
und auf dem Omu 129,7 km/h. Der zweite, südliche Kern
des Tiefdruckkomplexes schwächte sich im Tagesverlauf allmählich ab und veringerte seine Verlagerungsgeschwindigkeit deutlich.
Dadurch blieb er im Wesentlichen für Griechenland und Zypern aber auch für die
Südwestliche Türkei wetterbestimmend, wohingegen der Nordwesten des Landes in
den Einflussbereich des nördlichen der beiden Kerne geriet. Am ergiebigsten
fielen die Niederschläge in einem engen Bereich unterhalb des sich nur noch
langsam nach Süden verlagernden zweiten Kerns und entlang seiner Süd- und
Ostflanke aus, entlang derer feucht-warme Mittelleerluft über die Türkei nach
Norden geleitet wurde. Während in Athen vierundzwanzigstündig lediglich 6 mm
und bei Thessaloniki 7,9 mm gemessen wurden, konnten in der weiter östlich auf
Lesbos gelegenen Hafenstadt Mytilini 25,3 mm und in Chrysoupoli 30,5 mm registriert werden. Auf türkischer
Seite waren im selben Zeitraum durch teils gewittrige Schauer in Ankara 17,6
mm, am Flughafen von Istanbul 20,0 mm und in Alanya 31,2 mm gefallen. Aus Muğla, etwas nördlich von
Marmaris (32,4 mm) gelegen, wurden sogar bis zu 83,4 mm gemeldet.
Während
sich der zweite Kern des Tiefs PETRA gegenüber dem Vortag nur unwesentlich
verlagert hatte und ohne eigenständiges Frontensystem gegen 0 Uhr UTC des
06.02. nördlich von Athen über der Ägäis verblieb, zog der Erste auf das
Schwarze Meer hinaus und befand sich zum Zeitpunkt der Analyse nahe des
türkischen Küstenortes Zonguldak,
westlich von Istanbul. In beiden Zentren war der Druck in den vergangenen 24
Stunden auf knapp 1000 hPa angestiegen. Vom ersten, ursprünglichen Kern des
Tiefs zog sich eine Warmfront über Sewastopol (Krim) und Krasnodar
(Südrussland) nach Osten und eine Kaltfront über Antalya und Kreta bis in
Richtung Tripolis. Die Zugbahnen beider Kerne trennten sich im Tagesverlauf.
Der südliche der beiden verlagerte sich unter voranschreitender Abschwächung
über die Ägäis in Richtung Marmarameer und der nördliche, erste Kern über das
Schwarze Meer in die Don-Region. Die Niederschläge über der Türkei hielten
somit an und weiteten sich auch in den Osten des Landes bis nach Südrussland
aus. Binnen 24 Stunden brachten diese in Samsun 19,8 mm, bei Giresun 34,6 mm und im russischen Tschorny
Jar, nahe Wolgograd gelegen, 22,0 mm. Weiter südlich
wurden im selben Zeitraum am Flughafen von Larnaca (Zypern) 7,8 mm, in Marmaris
13,4 mm und in Alanya nochmal bis zu 20,8 mm registriert. Über Südosteuropa und
Griechenland ließen die Niederschläge dagegen mit Abzug des Wirbels und steigendem
Hochdruckeinfluss nach. Zuvor waren jedoch in Athen nochmals 5 mm, im
rumänischen Călărași 6,8 mm und auf dem Musalla bis zu 26,8 mm gefallen. Für
die Ukraine und Westrussland wurde hingegen das über Finnland
liegende Tief QUENDRESA mit ihren sich von Norden nähernden
Ausläufern wetterbestimmend, die
erneut Niederschläge in Form von leichtem Schneefall in die Region führte.
Am
07.02. befanden sich die beiden Zentren des Tiefdruckkomplexes PETRA um 0 Uhr
UTC zum einen über Südrussland und zum anderen über der Südwesttürkei. Vom
nördlichen, das sich mit einem Druck von 1000 hPa bei Wolgograd befand,
erstreckte sich eine Warmfront in östlicher Richtung nach Kasachstan, eine
Kaltfront in südsüdwestlicher Richtung nach Israel und eine am Boden den Charakter
einer Kaltfront aufweisenden Okklusionsfront bis nach Ankara. Vom südlichen,
mit knapp 995 hPa zwischen Marmaris und Antalya liegenden Zentrum zog sich
hingegen eine sogenannte Konvergenzlinie nach Südwesten. An ihr strömen
Luftmassen horizontal zusammen, wodurch diese zur Hebung gezwungen werden und
häufig die Entwicklung kräftiger Schauer und Gewitter zur Folge hat. Auf ihren
nordöstlichen bis östlichen Zugbahnen verließen beide Zentren im Tagesverlauf
den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich in Richtung
Kasachstan beziehungsweise Syrien, wodurch das weitläufige Tief PETRA
nachfolgend nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert und somit auch
nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Weitere, dem Tief
zuzuordnende Niederschläge konzentrierten sich im Bereich des ersten Kerns auf
Georgien und die Osttürkei sowie entlang des Zweiten auf die Südtürkei, Syrien
und Israel. Auch wenn sie allgemein leicht an Intensität verloren, konnten die
Regenschauer, die abseits der Küsten zumeist als Schnee oder mit Schnee
vermischt fielen, besonders im Bereich des südlichen Kerns als auch über der
Osttürkei und Georgien lokal weiter sehr ergiebig ausfallen. Sie brachten dabei
innerhalb von 24 Stunden in der zentralen Osttürkei bei Siirt
27,4, am südöstlichen Schwarzen Meer bei Hopa 34,9 mm
und im georgischen Zugdidi 38,0 mm. In der südlichen
Türkei waren es bei İskenderun 49,4 mm, im
syrischen Safita 31,0 mm im Zentrum von Jerusalem
noch 26,5 mm.