Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PETRA

(getauft am 07.09.2016)

 

Am 06.09.2016 befand sich am Rande des südlich von Island liegenden Wirbels OCTAVIA nördlich von Irland eine Welle, an dessen Kaltfront, die sich nach Südosten bis weit über den Nordatlantik erstreckte, sich im Bereich der Azoren ein neues Tiefdruckgebiet entwickelte. Dieses zog in der Folge weiter nach Nordosten und wurde in seiner Entwicklung durch einen Trog, d.h. einen Kaltluftvorstoß nach Süden in einer Höhe von 5,5 km, unterstützt, in welchem ein Höhenwirbel eingelagert war. Da dieses neu entstandene Tief Einfluss auf Mitteleuropa nehmen sollte wurde es am 07.09. auf den Namen PETRA getauft.

Um 01 Uhr MEZ dieses Tages konnte das Tief PETRA mit einem Kerndruck von 1005 hPa etwa 700 km südwestlich von Irland analysiert werden. Vom Zentrum verlief eine kurze Okklusion ca. 200 km nach Nordosten. Eine Okklusion stellt eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront dar, die sich bildet, wenn die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und anhebt, wobei die entstehende Luftmassengrenze Eigenschaften beider Frontenarten aufweist. Vom Okklusionspunkt führte einerseits eine Kaltfront nach Südwesten bis weit über den Nordatlantik und andererseits eine Warmfront über Nordirland bis nach Schottland, wo sie Anschluss an die Kaltfront des Wirbels OCTAVIA fand. Mit der Warmfront setzten vor allem in Irland, Schottland und Nordirland Niederschläge ein, die bis 07 Uhr MEZ in 12 Stunden 8 l/m² in Glasgow, 9 l/m² am nordirischen See Lough Fea und 8 l/m² am irischen Malin Head brachten. Des Weiteren wurden durch das Tief PETRA subtropische Luftmassen nach Frankreich, Deutschland und zu den Benelux-Staaten geführt, wodurch vielerorts Temperaturerhöhungen beobachtet werden konnten. So stieg in Cap Ferret an der französischen Biskayaküste das Temperaturmaximum von 29,1°C am Vortag auf 36,6°C an. Mit Annäherung der Kaltfront hielten hingegen im Westen Portugals subpolare Luftmassen Einzug, die die vorherrschende Tropikluft verdrängte, wodurch dort an der Station Ovar/Maceda mit 21,8°C insgesamt 11,6 Grad weniger verzeichnet werden konnte als tags zuvor.

Die Zyklone PETRA verlagerte sich bis zum 08.09. weiter nach Nordosten und befand sich um 01 Uhr MEZ nordwestlich von Irland. Das Frontensystem hatte sich währenddessen weiter okkludiert. Vom Kern mit einem Druck von 995 hPa ging die Okklusion nach Süden und erstreckte sich halbkreisförmig westlich um diesen herum, bis zu ihrem Okklusionspunkt nördlich des Wirbels. Von dort reichte eine Warmfront nach Osten über die Nordsee bis nach Südschweden, wo sie sich mit der Kaltfront des Tiefs OCTAVIA verband. Außerdem verlief eine Kaltfront vom Okklusionspunkt des Tiefs PETRA zunächst nach Südosten über Irland und die Bretagne bis über die Biskaya und von dort nach Südwesten über Portugal bis westlich von Madeira. In der Nacht setzten mit Durchzug der Kaltfront über den Britischen Inseln erneut Niederschläge ein. Bis um 07 Uhr MEZ wurden 12-stündige Regenmengen von 11 l/m² in Lusa auf der schottischen Insel Skye, 13 l/m² in Castlederg und je 18 l/² im schottischen Tiree sowie im nordirischen Thomastown gemessen. Vor der Kaltfront entwickelte sich des Weiteren eine ausgedehnte Konvergenzzone, an welcher die Luft verstärkt zusammenströmte und aufstieg. Diese reichte in den Mittagsstunden von den Pyrenäen über Zentralfrankreich bis nach Nordengland, führte jedoch lediglich über England vereinzelt zur Bildung von Regenschauern. Kombiniert mit dem Durchzug der Kaltfront wurden um 19 Uhr MEZ Regenmengen von 15 l/m² in Eskdalemuir, 18 l/m² auf Fair Isle und 20 l/m² in Dundrennan innerhalb von 12 Stunden registriert. Weiter südlich entlang der Kaltfront kamen außerdem in San Sebastian 15 l/m² Regen zusammen. Mit der Verlagerung des Tiefdruckkerns nach Norden führte der Wirbel PETRA auch zu kräftigen und lang anhaltenden Niederschlägen in Island. Innerhalb von nur 9 Stunden bis 19 Uhr MEZ fielen dabei in Akurnes 23 l/m² und in Dalatangi extreme 60 l/m². Die eingeflossene Subtropikluft erwärmte sich in Deutschland im Laufe des Tages zusehends, wodurch nun an einigen Stationen ein Heißer Tag mit einem Temperaturhöchstwert von mindestens 30,0°C verzeichnet werden konnte. Aus Würzburg wurden dabei 30,2°C und aus Artern sowie Braunschweig jeweils 30,9°C gemeldet. Im Norden Spaniens setzte sich hingegen die mit der Kaltfront herantransportierte Subpolarluft durch. An der Station Bilbao/Sondica wurden dadurch nur maximal 20,3°C gemessen, obwohl es am Vortag noch 37,7°C waren.

Das Tief PETRA zog bis zum Folgetag weiter nach Norden und nahm dabei ein unbenanntes Tiefdruckgebiet in seine Zirkulation auf, welches sich zuvor über der Dänemarkstraße zwischen Island und Grönland befand. Somit stellte der Wirbel PETRA am 09.07. mit seiner Lage über Westisland und einem stark verringerten Druck von etwa 975 hPa das steuernde System über Nordwesteuropa dar. An dessen südlicher Flanke etablierte sich derweil das Tief QUILA, welches bereits mit seinem Frontensystem auf die Britischen Inseln übergriff und damit die Zyklone PETRA und deren Einfluss in diesem Gebiet ablöste. Vom Kern des Tiefs PETRA führte eine Okklusion um 01 Uhr MEZ bogenförmig nach Osten bis zum Okklusionspunkt rund 300 km nordwestlich von Trondheim über dem Nordmeer. Von dort verlief die Warmfront über Südskandinavien nach Südosten bis über das südwestliche Weißrussland. Die Kaltfront erstreckte sich währenddessen nach Süden über Südnorwegen, Dänemark, Westdeutschland und die Schweiz bis zu den Pyrenäen, wo sie in die Warmfront eines unbenannten Wirbels über Zentralspanien überging. Mit dem Frontensystem verlagerte sich auch die Subtropikluft weiter nach Osten und sorgte an diesem Tag in Polen vermehrt für Temperaturmaxima von 30°C und darüber. In Kolo konnten dadurch 30,4°C, in Plock 30,7°C und in Inowroclaw 30,8°C registriert werden. In Deutschland sanken die Höchstwerte meist um 2 bis 5 Grad, dennoch wurden in Würzburg noch 28,7°C, in Baruth 28,8°C und in Regensburg 29,3°C verzeichnet. Entlang der Kaltfront schwächten sich die Niederschläge über Zentral- und Westeuropa ab, wodurch oft nur wenige Zehntel Liter Regen fielen oder es mitunter gänzlich trocken blieb. Der Niederschlagssschwerpunkt befand sich hingegen über Skandinavien. Der Regen staute sich dabei vor allem entlang des Skandinavischen Gebirges in Norwegen. Innerhalb von 6 Stunden bis 13 Uhr MEZ konnten somit 11 l/m² Regen in Hitra westlich von Trondheim gemessen werden. Im nur 30 km entfernten Ørland waren es 8 l/m² im gleichen Zeitraum. In Schweden konzentrierten sich die Niederschläge mehr auf den Norden des Landes, wobei in Gallivare 7 l/m² in 12 Stunden zusammen kamen. Aber auch auf der zu Norwegen gehörenden Insel Jan Mayen nordöstlich von Island fielen aufgrund des Durchzuges der Okklusion bis 19 Uhr MEZ 24-stündig 20 l/m².

Aufgrund der Strömungsrichtung in der Höhe verlagerte sich das Tief PETRA bis zum 10.09. um 01 Uhr MEZ retrograd, d.h. entgegen der allgemein vorherrschenden westlichen Strömung, nach Osten bis über die Dänemarkstraße. Der Kerndruck verblieb konstant bei ca. 975 hPa. Das Frontensystem okkludierte weiter, wodurch sich die Okklusionsfront nun vom Kern über das Seegebiet zwischen Grönland und Island und nördlich an Jan Mayen bis über Nordskandinavien zum Norden des Bottnischen Meerbusens erstreckte. Vom dort befindlichen Okklusionspunkt reichte die Warmfront nach Süden über das Baltikum und Weißrussland bis zur westlichen Ukraine. Die Kaltfront führte hingegen über die Ostsee sowie Polen und von dort verwellt über Zentraldeutschland bis zum Elsass. Während sich die Niederschläge entlang der Fronten des Wirbels PETRA über Norwegen abschwächten, intensivierten sie sich weiter östlich nochmals und griffen nun neben dem Norden Schwedens auch auf Finnland über. In Schweden konnten bis 07 Uhr MEZ in 12 Sunden 7 l/m² in Haparanda und 9 l/m² in Svartbyn registriert werden. Auch in Finnland wurden 12-stündig aus Möksy sowie Kanala je
10 l/m², aus Viitasaari 17 l/m² und aus Vesanto 19 l/m² gemeldet. In den folgenden 12 Stunden verzeichnete man außerdem 5 l/m² in Punkaharju und 12 l/m² in Jyväskylä. Bereits zu Beginn des Tages verlagerte sich der Wirbel QUILA mit einem Kerndruck von knapp unter 970 hPa über das Seegebiet südöstlich von Island und zog im weiteren Verlauf weiter nach Norden. Dabei übernahm es die Rolle des steuernden Systems in dieser Region, welches zuvor das Tief PETRA inne hatte. Durch den Einfluss beider Tiefdruckkerne setzte in Island erneut kräftiger Dauerregen ein, der in 15 Stunden bis 10 Uhr MEZ zu 16 l/m² in Akureyri sowie jeweils 39 l/m² in Skjaldthingsstadir und Dalatangi führte. In den anschließenden 9 Stunden wurden außerdem noch weitere 20 l/m² in Dalatangi, 14 l/m² in Stykkisholmur, 12 l/m² in Skjaldthingsstadir und 9 l/m² in Akurnes gemessen.

Mit der Etablierung des Wirbels QUILA über dem Nordmeer als steuerndes Tiefdruckgebiet schwächte sich die Zyklone PETRA bis zum 11.09. ab und besaß um 01 Uhr MEZ einem Kerndruck von rund 985 hPa. Dem Tief PETRA konnte zu diesem Zeitpunkt nur noch eine kurze Okklusionsfront zugeordnet werden, welche vom Kern, der sich etwa 500 km südöstlich von Grönland befand, bis über den Osten Islands verlief. Hinzu verlagerte sich im Laufe des Tages von Westen her ein sich verstärkender Wirbel über den Nordostatlantik, welcher auf den Namen RITA getauft werden sollte. Das Tief RITA nahm dabei bis zum Abend die sich weiter abschwächende Zyklone PETRA in seine Zirkulation auf, wodurch letztere am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 01.11.2016 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 08.09.2016

Pate: Wolfgang Roth