Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PETRA

(getauft am 15.10.2018)

 

Am 13.10.2018 tauchte ein Druckgebilde über dem Westen Nordamerikas auf der Berliner Wetterkarte auf. Dieses Tiefdruckgebiet verlagerte sich zum 14.10. mit der Höhenströmung weiter nach Westen, sodass sich das Zentrum der Zyklone über Neufundland befand.  Im weiteren Tagesverlauf lag sie bereits über dem offenen Atlantik und war in der Nacht zum 15.10. um 02 Uhr MESZ südlich von Grönland zu verorten. Hier intensivierte sich der Wirbel, sodass ein Einfluss auf das europäische Wettergeschehen absehbar war. Daher wurde die Zyklone in der Analyse des 15.10. auf den Namen PETRA getauft.

Tief PETRA befand sich mit einem niedrigen Kerndruck von unter 995 hPa bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Darüber hinaus war es bereits okkludiert. Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront eine Mischfront entsteht, die sogenannte Okklusion, und die Eigenschaften beider Frontentypen in sich vereint. Warm- und Kaltfront bezeichnen hierbei die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Die Okklusionsfront spaltete sich etwa 200 km südöstlich des Kerns am sogenannten Okklusionspunkt, dem Punkt, an dem die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront einholt, in eine Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront verlief in einem konvexen Bogen nach Südwesten über die Azoren und ging in die Kaltfront des Ex-Hurrikans MICHAEL über. Die Kaltfront des Tiefs PETRA war vom Okklusionspunkt nach Südwesten ausgerichtet und verließ am 30. nördlichen Breitengrad den Kartenausschnitt.

Zum nächsten Tag verlagerte sich die Zyklone PETRA nach Nordwesten und lag um 02 Uhr MESZ rund 800 km südlich von Reykjavik. Das Tief hatte sich weiter auf einen Kerndruck von unter 970 hPa intensiviert. Dieser Wert ist für ein Tiefdruckgebiet in den mittleren Breiten sehr klein, doch Hurrikans hingegen können noch deutlich geringere Werte von bis zu 900 hPa erreichen. Bei Wirbel PETRA gab es sowohl eine Okklusionsfront nach Südwesten bis ca. 1500 km östlich der Westküste der USA als auch eine Okklusion nach Südosten. Die letztere Okklusionsfront spaltete sich am Okklusionspunkt 500 km nordwestlich von Nordirland in eine Warm- und Kaltfront auf, welche nahezu parallel zueinander konvex nach Südwesten verliefen. Die Warmfront streifte hierbei beinahe die Westküste Irlands. Die Kaltfront befand sich 300 km weiter westlich und erstreckte sich bis über den zentralen Atlantik. Dabei fielen die Niederschläge nur gering aus, so z.B. am Observatorium Valentia im Südwesten Irlands mit nur 7 mm innerhalb von sechs Stunden bis 14 Uhr MESZ. Ähnliche Werte konnten auch im Nordwesten Irlands, in Tiree und in South Uist Range, mit 6 mm Regen erfasst werden. Aufgrund des tiefen Kerndrucks kamen insbesondere in exponierten Lagen sehr starke Windböen zustande. Vor allem in Schottland waren die stärksten Windböen mit Orkanstärke zu verorten. Um 15 Uhr MESZ wurde auf dem Cairn Gorm eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 153 km/h erreicht, also deutlich über dem Mindestwert für Orkanböen von 118 km/h. Weiter westlich wurden auf dem Bergpass Bealach Na Bà Geschwindigkeiten von 108 km/h verzeichnet, dies entspricht orkanartigem Wind, also Windstärke 11 auf der Beaufortskala.

Der Wirbel PETRA hatte sich zu Tagesbeginn des 17.10. weit nach Norden verlagert, sodass er sich nun mit seinem Zentrum direkt an der Ostküste Islands befand. Der Kerndruck hatte sich um 5 hPa auf knapp 975 hPa erhöht. Es gab nur noch eine Okklusionsfront, die nun deutlich stärker ausgeprägt war. Diese erstreckte sich vom Kern ausgehend im Uhrzeigersinn zunächst Richtung Nordosten und streifte weiter die norwegische Küste mit Ausrichtung nach Südwesten. Anschließend verlief sie über Edinburgh und Wales und ging nördlich von Spanien in eine Kaltfront über. Durch die Ausdehnung der Front waren sowohl nördliche Regionen wie die norwegische Küste als auch die Westküste der Iberischen Halbinsel von Regenfällen betroffen. In Norwegen fielen im Küstenbereich verbreitet 5 bis 20 mmNiederschlag. Die Station Aalesund konnte innerhalb von zwölf Stunden bis 20 Uhr MESZ 8 mm erfassen und Afjord II 7 mm. In einer der regenreichsten Regionen Europas, in Bergen, fielen hingegen nur 4 mm Regen. Im Hochgebirge schneite es zeitweise leicht. Der südlichere Abschnitt der Okklusion brachte dabei im Nordwesten der Iberischen Halbinsel größere Niederschlagsmengen. In Vimianzo-Castrelo im Nordwesten Spaniens fielen 32 mm Regen im 24-stündigen Intervall. Dieser Ort befindet sich nicht direkt an der Küste, sondern dahinter auf 287 m Höhe. Dadurch werden die Hebungsprozesse der Luftmassen im Vergleich zur Küstenlinie nochmals verstärkt, an welcher verbreitet 20 mm gemessen wurden. Ähnlich war es auch weiter südlich in Portugal, wo in Chafé auf Meeresniveau ebenfalls 32 mm zusammenkamen. Für diese Regionen waren die Niederschläge sehr bedeutend, da durch die vorangegangene, extrem lange Hitzeperiode der Boden stark ausgetrocknet war. Auffällig war auch die Temperaturabnahme mit dem Durchgang der Kaltfront, sodass die Temperatur zum Beispiel an der Station Ponteareas-Canedo am Nachmittag nur noch für die Region kühle 14,5°C erreichte. Um die gleiche Uhrzeit am Vortag dagegen lag die Maximaltemperatur noch bei 22,9°C.

Am Donnerstag, den 18.10., verlagerte sich die Zyklone PETRA bis zur norwegischen Insel Jan Mayen. Der Kerndruck lag dabei etwas unter 985 hPa. Die Okklusion war noch immer ausgeprägt und erstreckte sich vom Zentrum bis über den Nordosten Finnlands, es hatten sich nun aber wieder Warm- und Kaltfront und somit auch ein Okklusionspunkt ausgebildet. Vom Okklusionspunkt im Nordosten Finnlands verlief die Warmfront nach Südosten bis über Moskau. Die Kaltfront begann langsam, sich wellenförmig zu deformieren, sodass sie sowohl Warm- als auch Kaltfrontcharakter annahm. Diese Front verlief nach Südwesten über Kopenhagen, Amsterdam und Brüssel bis über das spanische Festland. Entlang der Front entwickelte sich über Spanien ein weiteres Gebiet tiefen Drucks, dessen Entstehung vor allem an der Ostküste Spaniens von starkem Wetter begleitet wurde. In Valencia fielen 114 mm Regen über den gesamten Tag, wobei der durchschnittliche Niederschlag für den gesamten Oktober nur bei ca. 90 mm liegt. Der meiste Niederschlag konnte etwa 100 km nördlich von Valencia in Torreblanca mit 194 mm verzeichnet werden.

Zum nächsten Tag verlagerte sich das Tiefdruckgebiet PETRA bis über die Nordostküste Norwegens. Der Kerndruck erhöhte sich zu 02 Uhr MESZ deutlich auf knapp 1000 hPa. Die Okklusion hatte sich verkürzt und dennoch eine Ausdehnung von ca. 1000 km vom Tiefdruckzentrum bis zum Okklusionspunkt, welcher östlich der Halbinsel Kola zu verorten war. Die kurze Warmfront verlief bis nördlich der russischen Stadt Perm und verband sich dort mit der Kaltfront eines unbenannten, schwachen Tiefdruckgebietes. Die Kaltfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt aus nach Südwesten über Wilna bis nördlich von Prag. Im Nordwesten Russlands gab es in der Nähe des Okklusionspunkts örtlich leichte Niederschläge. Auf der Halbinsel Kola wurde durch die Drehrichtung des Tiefs gegen den Uhrzeigersinn Feuchtigkeit vom Nordmeer herangeführt, sodass dort 24-stündig 16 mm Niederschlag fiel. Weiter südöstlich gab es an der Station Koslan 19 mm und in Pinega 12 mm Regen. Entlang des Frontensystems der Warmfront wurden in Kombination mit dem anderen Tiefdruckgebiet ebenfalls bis zu 18 mm in Saran-Paul gemeldet.

Am 20.10. befand sich Zyklone PETRA mit ihrem Zentrum bereits nördlich von Perm und damit im Grenzgebiet Europas zu Asien. Der Kerndruck hatte sich kurzzeitig nochmals um 5 hPa auf unter 995 hPa verstärkt. Die Warmfront verlief nach Südosten und verließ östlich des Urals den Kartenausschnitt der Berliner Wetterkarte. Die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten bis südwestlich von Warschau, wurde aber von zwei Antizyklonen flankiert, sodass kaum Niederschlag beobachtet werden konnte. In den nächsten Tagen verlagerte sich Zyklone PETRA immer weiter nach Osten und verließ endgültig den europäischen Raum.