Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet PETRA
(getauft am 16.07.2010)
Am 16. Juli 2010 wurde ein Tiefdruckgebiet über den
Britischen Inseln auf den Namen PETRA getauft. Es befand sich um 1 Uhr Ortszeit
mit seinem Kern, in dem ein Luftdruck von unter 995 hPa herrschte, über Irland
und Zentralgroßbritannien. Bis nach Mittelengland zog sich eine
Okklusionsfront, die sowohl Warm- als auch Kaltfronteigenschaften aufwies. Von
dort verlief die Warmfront bis nach Südwestfrankreich und Nordspanien, während
die Kaltfront über die Biscaya bis vor die Inselgruppe der Azoren im Atlantik
reichte. Im Bereich des Tiefdruckgebietes PETRA kam es zu teils ergiebigen
Niederschlägen. Die Wetterstation im nordirischen St. Angelo am Enniskillen
Airport meldete bis 6 Uhr UTC früh, das entspricht 7 Uhr Ortszeit, eine
12-stündige Niederschlagssumme von 28 Litern pro Quadratmeter. Mittags lag der
Wirbel PETRA dann über Mittelengland, die Okklusion und die weiter südlich
liegende Kaltfront erreichten das europäische Festland und zogen sich über die
Deutsche Bucht, den Nordwesten Deutschlands und die BeNeLux-Länder bis nach
Zentralfrankreich. Während es vor der Front zu dieser Zeit mit Temperaturen um
30°C sehr warm war, beispielsweise in Hamburg mit 30°C, in Erfurt mit 29°C und
in Bremen mit 28°C, war es hinter der Front mit Werten um oder unter 20°C
deutlich kühler. An der niederländischen Küste meldeten Amsterdam 21°C und
Leeuwarden 19°C, an der belgischen Küste waren es in Ostende 20°C. Im
Tagesverlauf stieg die Temperatur dann im Osten Deutschlands vor der Front auf
35°C in Berlin und 36°C im brandenburgischen Cottbus. Während sich die
Luftmassengrenze in Form der Okklusion und der Kaltfront weiter nach Osten
bewegte, kam es am Starnberger See zu enormem Hagelschlag mit Durchmessern von
5 bis 8 cm. Die Niederschlagsmengen waren an einigen Stationen mit 40 bis 60
l/m² in 12 Stunden hoch, so wie im brandenburgischen Baruth mit 42 l/m² und im
niederbayerischen Falkenberg mit 60 l/m².
Auch in der Nacht zum 17. Juli gab es gebietsweise
Schauer- und Gewitteraktivität, die in Brandenburg örtlich um 30 l/m² in 3
Stunden brachte. Das Zentrum der Zyklone PETRA war nach Norden in das Gebiet
der Faröer-Inseln gezogen. Die höchsten Temperaturwerte wurden in Polen mit
35°C oder darüber gemessen, wie in Thorn 36°C. Besonders über Tschechien und
Österreich entstanden tagsüber kräftige Gewitter, die sich zum Abend
verstärkten und die in Litschau in Niederösterreich in der Nähe zur
tschechischen Grenze 58 l/m² in 12 Stunden brachten, in Ried im Innkreis zwischen
20 Uhr und 2 Uhr sogar 64 l/m².
Im bayerischen Fürstenzell bei Passau wurde bis zum
Morgen des 18. Juli ein 12-stündiger
Niederschlag von 101 l/m² gemeldet, wovon innerhalb einer Stunde am Abend 80 l/m²
fielen. In Görlitz in Sachsen gab es morgens längere Zeit Starkregen, der an
verschiedenen Meßstationen 66 bzw. 77 l/m² brachte. Das Tiefdruckgebiet PETRA
hatte sich mit seinem Kern, in dem ein Druck von unter 1005 hPa herrschte,
weiter nach Norden in Richtung des Europäischen Nordmeeres bewegt. Im
Tagesverlauf wurden hinter der Front des Wirbels PETRA im polnischen Thorn nur
noch 20°C erreicht, eine Folge der eingeströmten, deutlich kühleren Luft hinter
der Luftmassengrenze.
Am 19. Juli befand sich das Tiefdruckgebiet PETRA
östlich der Insel Jan Mayen und brachte zum Teil Regen, zum Teil bildete sich
durch relativ warmer Luft über relativ kaltem Wasser Seenebel.
Während sich am nächsten Tag die Position des
Wirbels PETRA kaum geändert hatte, befand er sich am 21. Juli zwischen
Spitzbergen und Nordnorwegen, wo er zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde
auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen war.
Geschrieben am 03.08.2010 von Heiko Wiese
Ausgewählte Berliner Wetterkarte: 17. Juli 2010
Pate: Robert Rohr