Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet PETRINE
(getauft am 19.11.2016)
Innerhalb der
Grundströmung im 500-hPa-Niveau, was einer Höhe von gut 5,5 km entspricht,
bildete sich eine leichte Welle aus, die die Entstehung eines Tiefdruckgebietes
induzierte. Daher wurde dieser Wirbel am 19.11.2016 in der Prognose für den
Folgetag auf den Namen PETRINE getauft.
Am 20.11.2016
wurde um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, das Tiefdruckgebiet PETRINE erstmals
analysiert. Mit einem Kerndruck von knapp unter 995 hPa lag der Wirbel PETRINE
etwa 500 km westlich von Irland auf dem Breitengrad Cornwalls. Von dort verlief
in östlicher Richtung auf die Bretagne eine rund 150 km lange Warmfront zu
sowie eine Kaltfront, die in Richtung Kanada verlief und über dem westlichen
Nordatlantik endete.
Die Zyklone
PETRINE verlagerte sich im Laufe des Tages zügig gen Zentraleuropa und erreichte
am 21.11.2016 den Biskaya-Raum. Dabei sank der Kerndruck auf unter 985 hPa wodurch
sich das Tief leicht intensivierte. Entlang des Kerns verlief auf der
nördlichen Seite eine Okklusionsfront bis zum Okklusionspunkt, dem Ort wo sich
Warm- und Kaltfront aufgrund ihrer unterschiedlichen Zuggeschwindigkeiten
vereinen. Unter einer Okklusion wird die Mischform aus Warm- und Kaltfront
verstanden, die Charakteristika von Warm- und Kaltfront in sich vereinigt. Vom
Okklusionspunkt verlief in östlicher Richtung die Warmfront, die zunächst den
Ärmelkanal überquerte, mittig zwischen Brüssel und Amsterdam vorbei und über
Hamburg bis zur Danziger Bucht führte, wo sie in die Kaltfront des Tiefs
NANNETTE überging. Die Kaltfront erstreckte sich in einem deutlichen Bogen in
westliche Richtung, überquerte dabei die Biskaya, Galicien, das nördliche
Portugal und ging über dem Zentralatlantik in die Kaltfront eines bei Boston
befindlichen Tiefs über. Das sich im Laufe des Tages verlagernde Tief PETRINE
brachte in Frankreich neben lokalen hohen Windgeschwindigkeiten auch extreme
Starkregenereignisse. So fielen am Mont Aigoual
innerhalb von 24 Stunden 121,6 l/m² bis um 06 Uhr UTC des Folgetages, wobei 72
l/m² davon innerhalb der ersten 12 Stunden gefallen waren. Ähnlich sah es in Le
Luc aus, wo
89,4 l/m² gemessen wurden. Als Vergleichswert beträgt zum Beispiel der mittlere
Jahresniederschlag in Berlin-Dahlem im Zeitraum zwischen 1971 und 2000 579
l/m². Den Spitzenwert erreichte aber die Station Barnas
Rad mit 286,4 l/m². Mit 122,3 km/h wurde
die für diesen Tag stärkste Böe in Frankreich am Barfleur
Point am Ärmelkanal gemessen. Dies entspricht einer Orkanböe der Stärke 12 auf
der Beaufort-Skala bei Mittelwindgeschwindigkeiten von 77,8 km/h, was Stärke 9
auf der Beaufortskala und damit Sturm entspricht. Etwas geringere Werte für die
stärkste Böe wurden an diesem Tag mit 118,9 km/h in Brignogan
gemeldet. Gleichzeitig beeinflusste das Tief PETRINE auch nachhaltig die
Temperaturen in Europa. Im Fön, ein warmer Gebirgs-Fallwind auf der Nordseite
der Alpen, wurden in Rosenheim 22°C gemessen, dagegen meldete die schottische
Station Tyndrum Dauerfrost bei Temperaturen knapp
unter dem Gefrierpunkt.
Am 22.11.2016
hatte der Wirbel PETRINE Cornwall und Südwestengland erreicht. Dort wies der
Kern einen Druck um 985 hPa auf, während die Okklusion eine deutlich ausgeprägtere Ausdehnung mit rund 700 km Länge erreichte
und von Cornwall bis zur Zentralen Nordsee führte. Die vom dortigen
Okklusionspunkt ausgehende Warmfront reichte über Dänemark, Schweden und über
Helsinki bis zur Ostgrenze Finnlands, wo sie erneut in die Kaltfront des Tiefs
NANNETTE überging. Die mehrere tausend Kilometer lange Kaltfront verlief
südwärts entlang der dänischen Westküste über Bremen, Genf, Marseille, entlang
der spanischen Mittelmeerküste über das marokkanische Rabat und endete über dem
nördlichen Zentralatlantik. In Großbritannien konnten nicht wie tags zuvor in
Frankreich hohe Niederschlagswerte erreicht werden. Mit 19 l/m² in Charterhall
in 24 Stunden bis um 06 Uhr UTC des Folgetages blieben die Niederschlagssummen
weit hinter denen. Anders sah es bei den Spitzenböen aus. Mit 114,9km/h am
Mount Cairnwell wurden ähnlich hohe Werte wie am
Vortrag in Frankreich. Stärker fielen die Niederschläge über Südnorwegen aus,
zum Beispiel meldete Bergen 43,3 l/m² innerhalb von 24 Stunden und Takle 31,9
l/m².
Das
Tiefdruckgebiet PETRINE hatte am 23.11.2016 die Westküste Südnorwegens
erreicht. Im Laufe des Vortages hatte sich ein zweiter Kern ausgebildet,
welcher sich über dem Bottnischen Meerbusen und dem finnisch-schwedischen
Grenzgebiet befand. Diese beiden waren durch eine Okklusion miteinander
verbunden und wiesen jeweils einen Kerndruck von rund 1005 hPa auf. Etwas
östlich des zweiten Kerns lag der Okklusionspunkt. Von dort verlief in
östlicher Richtung über Archangelsk in Richtung Perm die Warmfront, welche
relativ mittig zwischen diesen zwei Städten Russlands in die Kaltfront des
Tiefs NANNETTE überging. Die Kaltfront
führte ausgehend vom Okklusionspunkt zunächst einen engen Bogen beschreibend
über Helsinki, Stockholm bis nach Rügen, wo sie in die Warmfront des
nachfolgenden Tiefs QUEENIE überging. Im Einflussbereich des Tiefdruckgebietes
PETRINE beruhigte sich das Wetter weiter, in Mannen fielen innerhalb von 24
Stunden 15,1 l/m², was auch der norwegische Höchstwert des Tages war. Den
westrussischen Niederschlagshöchstwert meldete das am Weißen Meer gelegene Sojnar mit 10 l/m². Die Kerne des Tiefdrucksystems PETRINE
verlagerten sich im Laufe des Tages in unterschiedliche Richtungen, während der
ursprüngliche Kern sich südwärts schob und am 24.11.2016 über der Ostsee mit
einem etwas höheren Druck von 1010 hPa lag, zog der zweite Kern in Richtung
Workuta und verstärkte sich dabei leicht auf knapp 1000 hPa. Die beiden Kerne
waren weiterhin durch eine Okklusion, in diesem Fall eine Höhenokklusion,
miteinander verbunden. Vom östlicheren der zwei Kerne verlief zudem eine Bodenokklusion südwärts über den Ural sowie eine Kaltfront,
die sich südwestwärts in Richtung St. Petersburg erstreckte, jedoch rund 500 km
östlich davon in die Warmfront des Tiefs QUEENIE überging. Im finnischen Puumala
Kk Urheilukentta wurde den
ganzen Tag über feuchter Dunst und gebietsweise Nebel beobachtet, der nur
vereinzelt durch leichten Schneefall unterbrochen wurde und insgesamt
einem Wasseräquivalenzwert von 6 l/m²
entsprach.
Der Wirbel
PETRINE erreichte am 25.11.2016 die Region bei den Städten Kotlas,
Koryazhama und Lusa. Sich
leicht verstärkend sank der Kerndruck leicht unter 1000 hPa. Neben einer den
Kern nördlich umschließenden Okklusion wies der Wirbel PETRINE zudem eine an
Perm vorbeiführende und den Analysebereich der Berliner Wetterkarte südostwärts
verlassende Warmfront sowie eine südwestwärts rund 300 km östlich an Moskau
vorbeiführende Kaltfront auf, die in ihrem weiteren Verlauf an Kiew vorbei
reichte und bei den nördlichen äußeren Ostkarpaten schließlich wieder in die
Warmfront des Tiefs QUEENIE überging. Obwohl im Bereich kalter Luftmassen
gelegen, stiegen in Moskau die Temperaturen innerhalb von zwei Tagen von -6°C
auf -1,1°C. Dabei fiel ganz leicht Schnee, der insgesamt 0,2 l/m² innerhalb von
24 Stunden brachte.
Dies war zudem
auch der letzte Tag an dem das Tiefdrucksystem PETRINE auf den Karten der
Berliner Wetterkarte verzeichnet wurde, da der Wirbel PETRINE sich bis zum
Folgetag weiter nach Osten verlagert hatte und aufgrund dessen nicht weiter
analysiert wurde.
Geschrieben
am 04.02. 2017 von Patrick Ilmer
Berliner
Wetterkarte: 21.11.2016
Pate:
Jochen Storbeck