Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PIA

(getauft am 30.10.2014)

 

Ende Oktober 2014 zog ein Tief von Neufundland über den Nordatlantik. Am 30.10. befand sich das Tiefdruckgebiet südwestlich von Island über dem Nordatlantik und wurde auf den Namen PIA getauft. Am Tag der Taufe besaß die Zyklone PIA bereits einen Kerndruck von unter 980 hPa. Vom Kern zog sich die Okklusionsfront in der Höhe nach Südosten bis zum Okklusionspunkt, wo sich die Front in eine nach Südwesten über den Atlantik bis über die Breite der portugiesischen Stadt Lissabon reichende Warmfront und eine westlich der Warmfront verlaufende Kaltfront spaltete. Die Kaltfront wiederum erstreckte sich weit über den Atlantik nach Westen. Okklusionsfronten entstehen durch die größere Zuggeschwindigkeit von Kaltfronten, so dass die Warmfront eingeholt wird. Eine Okklusion vereint die Eigenschaften von Warm- und Kaltfront. Eine weitere Warmfront des Wirbels PIA schloss sich über Westdeutschland mit der Kaltfront des Tiefdrucksystems ORSOLYA mit Zentrum nördlich der Halbinsel Kola zusammen.

Zum Folgetag verlagerte sich die Zyklone PIA auf der Vorderseite eines Kurzwellentroges in 500 hPa, was einer Höhe von ungefähr 5,5 km entspricht, der südwestlichen Strömung folgend nach Nordosten und lag am 31.10. um 00 Uhr UTC, das heißt 01 Uhr MEZ, nur noch wenige Hundert Kilometer vor der südwestlichen Küste Islands. Vom Kern mit zum Vortag unverändertem Kerndruck verlief eine Okklusionsfront bogenförmig über den Nordostatlantik bis zum Okklusionspunkt einige Hundert Kilometer vor der schottischen Küste. Die Warmfront zog sich nach Südosten über die Orkney-Inseln, die Nordsee bis über Westdeutschland. Die Kaltfront verlief hingegen in einem weiten Bogen über den Atlantik Richtung Westen. Vom Kern der Zyklone PIA reichte wiederum eine weitere Okklusionsfront, welche über der Breite von Edinburgh Kaltfrontcharakter annahm und sich über den Atlantik bis zu den portugiesischen Azoren erstreckte. Bereits am letzten Oktobertag gelangten der Westen und Südwesten Deutschlands in den Warmsektor des nordatlantischen Sturmwirbels PIA. Auf Grund der Süd- bis Südwestströmung stiegen auch bei länger anhaltendem Sonnenschein die Temperaturen bis auf 19,2°C in Freiburg, am Stuttgarter Flughafen wurden 17,9 °C und in Bremen 17,2°C registriert. An der schwachen Warmfront des Wirbels PIA fiel nur stellenweise leichter Regen, wie auf Rügen am Kap Arkona 1,8 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag um 06 Uhr UTC.

Am 01.11. lag das Tiefdruckzentrum des Sturmwirbels PIA bereits wenige Hundert Kilometer vor der Südwestküste Islands mit einem vertieften Kerndruck von ungefähr 975 hPa. Vom Kern erstreckte sich eine Okklusionsfront bis zum Okklusionspunkt bei den Färöer-Inseln. Von dort verlief eine Kaltfront über Großbritannien, Westfrankreich, Nordportugal und Madeira bis weit hinaus über den Atlantik. Die verwellte Warmfront zog sich über Norwegen, Schweden und Polen bis nach Tschechien. Unter dem steuernden Tiefdruckgebiet PIA blieb es in Deutschland ungewöhnlich mild. Mit einer südwestlichen Höhenströmung wurden Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Mitteleuropa geführt. So wurden bei einem Radiosondenaufstieg um 12 Uhr UTC im Niveau von 850 hPa über Essen 13°C und über Stuttgart und München 12°C gemessen. Diese Werte liegen rund 10 Grad über den durchschnittlichen jährlichen Mittelwerten für diese Druckfläche. Bei Radiosonenaufstiegen können mit Hilfe eines Gasballons Messwerte wie Luftdruck, Lufttemperatur, Luftfeuchte und Wind gemessen werden. Salzburg meldete eine Höchsttemperatur von 19°C, in Prag wurden 15°C registriert.

Das Hauptwirbelzentrum verlagerte sich mit dem Bodentief PIA von Island südwärts zum Seegebiet nordwestlich von Irland. Über Mitteleuropa blieb die süd- bis südwestliche Strömung erhalten, so dass weiterhin subtropische Luft nach Deutschland transportiert wurde. Vom Zentrum der Zyklone PIA mit unverändertem Kerndruck zog sich eine wellenförmige Okklusionsfront über Island und den skandinavischen Ländern bis zum Okklusionspunkt nördlich von der schwedischen Stadt Uppsala. Von dort verlief eine Warmfront über die Ostsee und Polen bis über Ungarn. Die westlich der Warmfront gelegene Kaltfront erstreckte sich über Dänemark, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, der Iberischen Halbinsel bis über Madeira im Atlantik. Die schwach ausgeprägte Kaltfront löste sich im Tagesverlauf auf. An der Front zogen einige Wolkenfelder durch, aber größtenteils setzte sich die Sonne mit bis zu 9 Sonnenstunden durch, so dass die Temperaturen mild blieben. In Amsterdam und Brüssel wurde eine Höchsttemperatur von 17°C gemessen.

Bis zum 03.11. teilte sich die Zyklone PIA in einen westlichen und östlichen Kern. Der westlich gelegene Kern PIA I lag mit einem Kerndruck von 980 hPa um 01 Uhr MEZ nordwestlich von Schottland sowie südlich von Island. Vom Kern verlief eine Okklusionsfront nach Nordosten. Der Wirbel PIA II lag um 01 Uhr MEZ westlich von Norwegen über dem Europäischen Nordmeer. Dessen Okklusionsfront erstreckte sich über Norwegen und Schweden bis über die Breite von Trondheim und verlief ab dort als Höhenkaltfront über Dänemark, den Niederlanden, Frankreich und der Iberischen Halbinsel. Nördlich des Systems PIA verlief eine Okklusionsfront nach Osten, welche sich bis zum darauffolgenden Tag an das Frontensystem der Zyklone PIA anschloss. An der Kaltfront fiel in Deutschland vom Rheinland bis zum Weserbergland gelegentlich Regen, wobei die größten Niederschlagsmengen bis zum 18 Uhr-Termin im Südwesten auftraten. In Saarbrücken wurden 11 l/m² registriert. In der Nacht zum 04.11. wurden die höchsten Niederschlagsmengen im Süden Frankreichs gemessen. Innerhalb von 12 Stunden fielen im französischen Dijon 62 l/m². Auch in Andalusien wurden beträchtliche Niederschlagssummen gemeldet, wobei beispielsweise in Cordoba 35 l/m² fielen. Bis 06 Uhr UTC fielen in Tessin 20 l/m².

Zum Folgetag hatte das Tiefdrucksystem PIA einen weiteren Kern ausgebildet, so dass die Zyklone insgesamt aus drei Kernen bestand. Der Wirbel PIA I lag mit einem Kerndruck von 985 hPa um 01 Uhr MEZ über England. Von dort erstreckte sich eine Okklusionsfront nach Nordosten bis zum Kern von Tief PIA III vor der norwegischen Südküste. Die Okklusionsfront verlief weiter nach Südwesten über Südschweden bis Dänemark, wo die Front Warmfrontcharakter annehmend weiter über Deutschland, Belgien und Frankreich verlief und die Warmfront sich an das Frontensystem eines über Spanien unbenannten Tiefs anschloss. Der Wirbel PIA II befand sich mit einem Kerndruck von 975 hPa über Murmansk. Von dort erstreckte sich eine Okklusionsfront wenige Hundert Kilometer nach Osten. Den Verlauf der Okklusionsfront folgend verlief eine Warmfront, welche über Nowaja Semlja in eine Kaltfront überging. Des Weiteren erstreckte sich ab dem Okklusionspunkt über Nordfinnland eine Warmfront bogenförmig über Russland bis Moskau sowie eine weiter westlich gelegene Kaltfront über Russland bis nach St. Petersburg. Das Tief PIA war dabei in einem über Nordwesteuropa bis über das nördliche Afrika reichenden Trog eingelagert. An der damit verbundenen verwellten Luftmassengrenze kam es im Alpenraum zu schweren Orkanböen mit bis zu 180 km/h. In der Schweiz wurde in Mosogno im Tessin bis 07 Uhr MEZ des Folgetages eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 251 l/m² gemessen, im französischen Peira-Cava 212 l/m² und in Nizza wurden 160 l/m² registriert. In Deutschland war der höchste gemeldete 24-stündige Niederschlagswert 19 l/m² am Flughafen Saarbrücken. An den Fronten der Zyklone PIA II wurde nur geringer bis kein Niederschlag gemeldet. In Murmansk fielen bis 06 Uhr UTC immerhin 5 l/m².

Am darauffolgenden Tag befand sich das Tief PIA I frontenlos mit einem Kerndruck etwas unter 1000 hPa über Belgien. Der Wirbel PIA III lag um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von 990 hPa über Finnland nördlich von Helsinki. Von dort verlief eine Kaltfront nach Südwesten über die Ostsee bis nach Südschweden, wo die Kaltfront in die Warmfront des Frontensystems QUENDRESA II über Norddeutschland überging. Des Weiteren erstreckte sich vom Wirbel PIA II eine Warmfront nach Nordosten und ging schließlich in die Kaltfront der Zyklone PIA II über, die südlich von Nowaja Semlja mit einem Kerndruck von 975 hPa lag. Die Warmfront zog sich weiter nach Osten aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte.

Zum Folgetag verlagerte sich das Tiefdrucksystem teilweise weiter nach Osten, beziehungsweise löste sich auf. Somit war der 05.11. der letzte Tag, an dem das Tief PIA namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet wurde.

 

 

Geschrieben am 03.12.2014 von Natja Ruth Bublitz

Berliner Wetterkarte: 03.11.2014

Pate: Dr. Pia Hollweg