Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet PIRMIN

(getauft am 03.07.2019)

 

Die Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte für Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf die Großwetterlage in Europa haben. Am 01.07.2019 bildete sich nordöstlich von Neufundland, entlang einer kleinräumigen Wellenstörung, eine Tiefdruckzone aus. Diese verlagerte sich bis zum 03.07. bis südlich der Stadt Tasiilaq in Grönland. Aufgrund der Intensivierung der Zyklone durch ein Höhentief und die weitere Verlagerung nach Europa, ging die Berliner Wetterkarte davon aus, dass der Wirbel erheblichen Einfluss auf das Wetter in Europa haben sollte. Deshalb wurde dieses Tief auf der Analysekarte vom 03.07. auf den Namen PIRMIN getauft.

Am 03.07. um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, hatte das Tief PIRMIN einen Kerndruck von unter 1000 hPa. Zusätzlich ereignete sich zu diesem Zeitpunkt parallel ein Prozess innerhalb des Tiefdruckgebiets, welcher in der Meteorologie unter den Begriff der Okklusion fällt. Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem eine Mischfront entsteht, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider Typen in sich vereint. Warm- und Kaltfront bezeichnet hier jeweils die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Die Okklusionsfront war zu diesem Zeitpunkt nur schwach ausgeprägt und spaltete sich nach ca. 500 km in dem Okklusionspunkt, welcher westlich von Island verortet war. Von dort verlief eine Warmfront nach Südosten bis nördlich von Irland. Die Kaltfront war nach Südwesten gerichtet und ging ca. 1.500 km östlich von Kanadas Ostküste in eine Warmfront über. Im Laufe des Vormittags erreichte die Warmfront die Westküste Islands und verursachte dort anhaltende Regenfälle. Innerhalb des gesamten Tages fielen bis zu 15 l/m² wie beispielsweise in Ölkelduháls. Aber auch an weiteren Stationen wurden bis zu 9 l/m² registriert. Zudem frischte der Wind auf und erreicht verbreitet Windstärke 6 bis 7 Beaufort. Zwischenzeitlich wurden am Vulkan Skarðsheiði eine Böe mit einer Windgeschwindigkeit von 96 km/h gemessen, was Windstärke 10 Beaufort entspricht.

Bis 00 Uhr UTC am Donnerstag, dem 04.07., hatte sich der Wirbel PIRMIN auf Grund der weiter südlich gelegenen Westwinddrift nur 1.000 km nach Osten fortbewegt und befand sich ca. 200 km westlich von Island mit einem Kerndruck von unter 1010 hPa.  Der Kerndruck hatte sich erhöht, weil die Ausbildung einer Okklusionsfront die Stärke eines Tiefdruckgebiets oftmals abschwächt. Somit lag die Okklusionsfront zentral über Island, weshalb die Niederschläge über das gesamte Land verteilt waren. Der Tageshöchstwert lag in Laufbali in 550 Metern Höhe bei 17,8 l/m². Am Abend erreichte die Kaltfront Großbritannien, weshalb an der Nordküste wie in Aultbea bis zu 12 l/m² in Form von Regen gemeldet wurden. Zudem frischte der Wind verbreitet auf und erreichte am Cairngorm bis zu 119 km/h um 20 Uhr MESZ. Dies entspricht Orkanstärke, wobei diese exponierte Station oftmals bei einem Frontdurchgang durch hohe Windstärken heraussticht.

Bis zum Morgen des nächsten Tages verlagerte sich Wirbel PIRMIN bis zur Südküste Islands mit einer ausgeprägten Okklusion und einem Kerndruck von unter 1010 hPa. Aufgrund der Rotationsbewegung gegen den Uhrzeigersinn wurde warme, feuchte Luft nach Island herangeführt, weshalb dieser Tag mit bis zu 36 l/m² in Jökulheimar sehr niederschlagsreich war. Weitere Orte an denen Niederschlag fiel waren Baltasound, ein Ort auf den Shetland-Inseln, und Fister in Norwegen mit jeweils 17 l/m². Zudem wehte der Wind am Cairngorm wieder als starker Sturm.

Am nächsten Tag befand sich die Tiefdruckzone PIRMIN westlich von Nordwegen mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa. Die Okklusion hatte sich aufgelöst, weshalb das ausgedehnte Frontensystem wieder aus einer Kalt- und einer Warmfront bestand. Hierbei überquerte das Tiefdruckzentrum den südlichen Bereich Norwegens und führte zudem warme Luft aus dem Süden heran, weshalb es zu starken Regenschauern und Gewittern kam. Besonders in Südnorwegen wurden mit 46,5 l/m² in Nelaug und 31 l/m² in Hovden hohe Niederschlagsmengen gemessen. Außerdem fielen in Südschweden ebenfalls beträchtliche Niederschlagssummen von bis zu 30 l/m² auf der Ostseeinsel Harstena. Zudem verursachte die Warmfront anhaltenden Landregen in Norddeutschland. Beispielsweise in Berlin-Dahlem registrierte die Station 7,1 l/m². Dieser Regen war dringend notwendig für die Senkung der Waldbrandgefahr. Zuletzt gab es in Berlin und vielen anderen Regionen Norddeutschlands 15 Tage keinen Niederschlag. Zusätzlich gab es sehr heiße Temperaturen, weshalb in Mecklenburg-Vorpommern der größte Waldbrand seit Aufzeichnungsbeginn auftrat.  Der Landregen führte zur Entspannung der Waldbrandgefahr und zu dessen vollständigen Löschung.

Im weiteren Verlauf verlagerte sich die Zyklone PIRMIN mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa bis zur Ostsee, nördlich von Polen. Die ausgedehnte Kaltfront überquerte den mitteleuropäischen Raum, wobei sie nur zu geringen Niederschlägen, jedoch einer deutlichen Abkühlung, führte.

Am 08.07. lag der Wirbel PIRMIN östlich von Tallinn mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa. Zudem erstreckte sich die Okklusionsfront, welche nordöstlich von Bukarest in eine Kaltfront überging, über große Teile Südeuropas. Im Tagesverlauf zog eine Gewitterfront mit erheblicher Geschwindigkeit unter anderem über Slowenien hinweg und verursachte Starkniederschläge von 42 l/m² in der Nähe der Hauptstadt Ljubljana. Ähnliches ereignete sich auf dem Berg Vogel in 1.500 Metern Höhe, wobei die orographisch bedingte Hebung die Niederschläge nochmals verstärkte und dort bis zu 60 l/m² fielen.

Am nächsten Tag stagnierte die Kaltfront weitestgehend. Hierbei kam es besonders in Kroatien und Bosnien-Herzegowina zu starken Gewittern mit Starkregenereignissen. In Knin, einer Stadt Kroatiens, wurden beispielsweise 52,5 l/m² registriert. In Bugojno, rund 300 km weiter östlich in Bosnien, fiel der Starkniederschlag mit 63 l/m² noch stärker aus.

Das Frontensystem verlagerte sich im weiteren Verlauf langsam in den Mittelmeerraum. Besonders in Mazedonien und im Norden Griechenland fielen dadurch ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen mit vielerorts 20 l/m². Etwa 100 km nördlich von Athen befand sich die Luftmassengrenze zu einer extrem trockenen Luftmasse afrikanischen Ursprungs. Deshalb trocknete sich die feuchte Luft aus dem Norden an der Luftmassengrenze ab. Die südlichsten Niederschläge waren deshalb auf der Insel Skyros mit 10 l/m² verortet.

Aufgrund dessen löste sich die ausgeprägte Front des Tiefs PIRMIN über Südeuropa auf. Das Tiefdruckzentrum hatte sich mittlerweile bis nach Westrussland fortbewegt, weshalb der Wirbel nur noch geringen Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa hatte. Die Zyklone wurde auf der Berliner Wetterkarte zwar noch bis zum 15.07.2019 eingezeichnet, wobei in den verbleibenden Tagen nur noch wenige signifikante und erwähnenswerte Wetterzustände auftraten.