Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet PIRMIN
(getauft am 29.01.2019)
Am 28.01.2019
entwickelte sich vor der Ostküste der USA ein Tiefdruckgebiet in einer
schwachen Wellenstörung der Polarfront. Die Polarfront bezeichnet die Grenze
zwischen den kalten, polaren Luftmassen im Norden und den milden, subtropischen
Luftmassen im Süden. Zum 29.01.2019 verlagerte sich das Tiefdruckgebiet
Richtung Nordosten und sollte Einfluss auf das Wetter in Europa nehmen, weshalb
der Wirbel in der Analyse auf den Namen PIRMIN getauft wurde. Tief PRIMIN hatte
an diesem Tag einen Kerndruck von unter 1010 hPa. Es hatte sich bereits ein
Frontensystem gebildet, welches aus einer Warm- und Kaltfront bestand. Warm-
und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich
temperierten Luftmassen. Die Warmfront verlief nach Osten und mündete in die Kaltfront
von Tief OSKAR mit Kern südwestlich von Irland. Die Kaltfront war nach
Südwesten ausgerichtet.
Zum nächsten
Tag bewegte sich Wirbel PIRMIN in nordöstliche Richtung und lag um 01 Uhr MEZ südlich
von Grönland. Dort intensivierte er sich aufgrund von starken
Temperaturgegensätzen zwischen Ost und West. Dadurch sank der Kerndruck auf
unter 990 hPa. Auch hatte das Tiefdruckgebiet PIRMIN zu okkludieren begonnen.
Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem sich Warm- und Kaltfront
zusammenschließen und dadurch eine Mischfront, auch Okklusionsfront genannt,
bilden, die die Eigenschaften beider Frontentypen in sich vereint. Die Okklusionsfront
war am 30.01.2019 nach Südosten gerichtet und spaltete sich im Okklusionspunkt,
der mitten über dem Nordatlantik lag, in die Warm- und Kaltfront auf. Die
Warmfront verlief in südöstliche Richtung über den Atlantik und die Kaltfront nach
Südwesten. Somit erreichte erstere am Nachmittag und Abend die Westküste der
Iberischen Halbinsel und sorgte für einigen Regen. In der spanischen Stadt Vigo
regnete es bis 19 Uhr MEZ zwölfstündig 18 l/m². Außerdem frischte der
Nordwestwind auf und wehte in Böen vereinzelt orkanartig. An der Küste, in der
Nähe von Viveiro, wurden sogar Geschwindigkeiten bis 120 km/h um 01 Uhr MEZ des
Folgetages erreicht.
Weiterhin
ostwärts ziehend erreichte der Wirbel PIRMIN im Laufe des 31.01.2019 die
Westküste Irlands. Der Kerndruck um 01 Uhr MEZ hatte sich auf unter 980 hPa verstärkt.
Die Okklusion erstreckte sich vom Kern ausgehend südwärts parallel zur irischen
Küste. Von der Keltischen See aus verlief die Warmfront nach Südosten und Süden
über das spanische Festland. Die Kaltfront war nach Südwesten ausgerichtet und
mündete in die Front eines nachfolgenden Tiefdruckgebietes. Die größten
Niederschlagsmengen wurden wie am Vortag in Küstennähe gemessen. Im spanischen
A Lama wurden 72 l/m² Niederschlag im Tagesverlauf gemessen. Die stärksten
Windböen waren an der Station La Hoya-La Covatilla auf 1960 m Höhe an der
innerspanischen Bergkette Sierra de Guadarrama mit Geschwindigkeiten über 110
km/h zu verorten. Durch die Warmfront gab es zudem eine starke Temperaturerhöhung
bis zu 6 Kelvin.
Am 01.02.2019
um 01 Uhr MEZ lag Wirbel PIRMIN mit seinem Zentrum etwas weiter südöstlich über
der Keltischen See und war weiterhin okkludiert. Die Okklusionsfront zog sich vom
Kern aus zunächst über den Süden von Irland und England und ging etwa über
Brüssel in eine Kaltfront über, die wiederum nach Südwesten verlief. Besonders
im Alpenraum kam es hierbei zu orographisch bedingten Starkniederschlägen. In San
Bernardino wurden beispielsweise 63 l/m² registriert. In Österreich fielen an
der Villacher Alpe 68 l/m². Die Schneefallgrenze stieg von zunächst 1.000 Meter
auf über 1.600 Meter an. Der Wind erreichte auf den exponierten Gipfeln im
Hochgebirge verbreitet Orkanstärke. Auf dem Patscherkofel in Innsbruck wurden Windböen
über 130 km/h registriert. Aber auch in den Alpentälern wehte der Wind
vielerorts mit 7 Beaufort oder mehr. Durch die Änderung der Windrichtung auf
Westen wurde milde Luft vom Atlantik herangeströmt. Zusätzlich trat besonders
im Alpenraum zeitweise leichter Föhn durch die Rotationsrichtung der Zyklone
gegen den Uhrzeigersinn auf. Die Temperatur auf der Zugspitze stieg von -17°C
am Nachmittag des 31.01.2019 auf -8°C am 01.02.2019.
Zum folgenden
Tag gegen 01 Uhr MEZ hatte sich der Wirbel PIRMIN in zwei Tiefdruckkerne
aufgeteilt. Der steuernde Kern PIRMIN I war östlich von Paris zu verorten und
hatte einen Druck von unter 990 hPa. Er war über eine Okklusion mit dem Teiltief
PIRMIN II verbunden, welches am Okklusionspunkt etwa über Prag lag und einen
Kerndruck von unter 995 hPa innehatte. Von dort erstreckte sich eine kurze
Warmfront nach Osten bis über Warschau. Die Kaltfront endete südwestlich des
Okklusionspunktes in einer Front des Tiefs QUIRIN über Südfrankreich. Von den
Niederschlägen waren vor allem das Tauerngebirge und der nördliche
Alpenhauptkamm betroffen. Am Weißsee, in der Nähe des berühmten Gletschers,
fielen beispielsweise 74 l/m². Aber auch im bayerischen Alpenvorland wurden
durch den anhaltenden Landregen meist über 20 l/m² registriert wie in Oberpframmern
südöstlich von München mit 32 l/m² an Niederschlägen. Wie am Vortag war der
Wind in der Nordkette Innsbruck am stärksten, aber auch weiter südlich an der Station
Rudolfshütte wurden über 115 km/h erreicht. Die Frostgrenze stieg durch den
Tiefdruckeinfluss auf über 2.000 Meter an, sodass in den Tälern Tauwetter herrschte.
In Ramsau am Dachsteingletscher wurden deutliche Plusgrade von 6°C gemessen.
Am 03.02.2019
um 01 Uhr MEZ befand sich Tief PIRMIN mit einem einzigen Kern und einem Druck
von unter 1000 hPa über der Ostsee. Das komplexe Frontensystem hatte sich
soweit verändert, dass sich die Okklusion aufgelöst und sich wieder eine Kalt- und
Warmfront gebildet hatte. Die Warmfront überquerte das Baltikum. Durch die
starke Abschwächung der Zyklone kam es jedoch kaum mehr zu erwähnenswerten
Wetterereignissen. Nur an einzelnen Stationen im Nordwesten Russlands wie in Schlüsselburg
fielen 11 l/m² Niederschlag. Durch die westliche Strömung schwächte sich der
Frost etwas ab und in den westlichen Ortschaften Russlands stieg die Temperatur
kurzzeitig auf leichte Plusgrade.
In den
nächsten zwei Tagen verlagerte sich Tief PIRMIN weiter nach Norden über
Finnland bis südlich der Halbinsel Kola. Dadurch drang die Warmluft auch nach
Skandinavien vor, wodurch vielerorts ein Temperaturanstieg um 5 Kelvin gemessen
wurde. Aufgrund eines stabilen Hochdruckgebiets über Nordrussland wurde die
Zyklone PIRMIN daran gehindert, weiterhin entlang des Grundstromes nach Osten
zu ziehen und löste sich somit schließlich auf, sodass es letztmalig am
05.02.2019 namentlich auf der Berliner Wetterkarte erschien.