Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QENDRESA

(getauft am 04.02.2020)

 

Ende Januar sowie Anfang Februar war das Wetter in Mitteleuropa von diversen Tiefdruckgebieten beeinflusst worden, welche meist über dem Nordatlantik verlaufend auf das europäische Festland trafen. Hin und wieder kommt es allerdings vor, dass eine Zyklone polaren Ursprungs südwärts wandert und über das Europäische Nordmeer bzw. der Barentssee nach Europa gelangt. So sollte es auch am 04. Februar 2020 der Fall sein. Es entstand nordwestlich der zu Norwegen gehörenden Insel Spitzbergen ein Tiefdruckgebiet, welches zu diesem Zeitpunkt lediglich ein Randtief eines weiteren unbenannten Tiefs östlich von Spitzbergen war. Da das steuernde Tief sich allerdings zum Folgetag auflöste und das Randtief in seinem weiteren Verlauf Kurs auf Europa machen sollte, wurde es in der Prognosekarte für den kommenden Tag auf den Namen QENDRESA getauft.

Am 05. Februar um 01 Uhr MEZ, was 00 Uhr UTC entspricht, lag das Tiefdruckgebiet QENDRESA mit einem Druck im Kern von unter 985 hPa zwischen Spitzbergen und der Nordküste Norwegens. Der mittlere Luftdruck der Atmosphäre auf Meereshöhe beträgt normgemäß 1013,25 hPa. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits eine Okklusionsfront gebildet, was meist der Anfang vom Ende eines Tiefdruckgebietes ist. Eine Okklusionsfront bezeichnet in der Meteorologie die kombinierte Mischfront aus Warm- und Kaltfront. Bei einer Kaltfront schiebt sich die kalte Luft unter die warme und bei einer Warmfront schiebt die warme Luft die kalte Luft vor sich her. Bei einer Okklusionsfront erreicht die schnellerziehende Kaltfront nun die vorlaufende Warmfront. Dadurch hebt die kalte Luft, auf Grund der höheren Dichte von kalter Luft, die warme Luft an und es kommt zu Hebungsprozessen. Durch diese Hebung kommt es zur Kondensation, Wolken entstehen und nicht selten entstehen dabei dichte Regenbänder. Der Punkt an dem die Kaltfront die Warmfront einholt, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Um 01 Uhr MEZ hatte die Zyklone QENDRESA zwei Okklusionsfronten gebildet, welche beide vom Kern aus verliefen, die eine süd-westwärts, später den Charakter einer Kaltfront annehmen und die andere südwärts bis etwa Helsinki. Wie bereits erwähnt bringen Okklusionsfronten meist Niederschlag mit sich, so auch bei diesem Tiefdruckgebiet. Bis 07 Uhr MEZ wurden an der Westküste Norwegens verbreitet zwölfstündige Niederschlagssummen im zweistelligen Bereich gemeldet. Meist waren es um die 20 l/m², an den Stationen Tågdalen und Tingvoll-Hanem wurden allerdings Spitzenwerte von 52 l/m² bzw. 80 l/m² gemessen. Ebenfalls kommt es bei Tiefdruckgebieten nicht selten zu Starken Windböen, da die Druckunterschiede zur den meist nicht weit entfernten Hochdruckgebieten relativ groß sind. So auch bei Tief QENDRESA. So wurden beispielsweise um 04 Uhr MEZ auf dem Juvvasshøi, einem Berg in Norwegen in knapp 1900 Metern Windböen von bis zu 102 km/h gemessen, was Windstäke 10 auf der Beaufort-Skala entspricht und starke Sturmböen bedeutet. Auch an dem nicht weit entfernten norwegischen See Finsevatnet wurden Windböen der Stärke 10 Bft. registriert.

Zum 06. Februar spaltete sich vom Tief QENDRESA ein Tiefdruckgebiet ab, welches in Folge dessen auf den Namen QENDRESA II getauft wurde. Der quasistationäre Hauptwirbel, welcher nun im Folgenden QENDRESA I genannt wird, lag um 01 Uhr MEZ mit zwei Kernen und einem Kerndruck von ca. 980 hPa südöstlich von Spitzbergen über der Barentssee ohne ausgebildete Fronten. Der Wirbel QENDRESA II war als Randtief vergleichsweise schwach ausgeprägt mit einem Kerndruck von lediglich 990 hPa, lag nördlich von St. Petersburg über der finnisch-russischen Grenze und hatte eine Warm- sowie eine Kaltfront ausgebildet. Die vorlaufende Warmfront verlief bogenförmig erst in südliche Richtung über St. Petersburg und Minsk, später in westliche Richtung nördlich an Warschau vorbei bis etwa über Hamburg. Die nachfolgende Kaltfront verlief in westliche Richtung südlich an Helsinki vorbei, über Stockholm verlaufend, bis sie nördlich von Oslo in die Warmfront einer unbenannten Zyklone nahe Grönland überging. Mit Durchzug der Warmfront gab es keine nennenswerten Niederschlagsereignisse, welche über einem Liter pro Quadratmeter lagen. Entlang der Kaltfront allerdings wurden 12-stündig Niederschlagsmengen von bis zu 13 l/m² registriert. So beispielsweise an der Station Sognefjell in Norwegen, wo 13 l/m² registriert wurden (11 l/m² innerhalb einer Stunde bis 18 Uhr MEZ) oder in Landvik, wo 11 l/m² erfasst wurden. Die Temperaturen verhielten sich beispielsweise in Berlin wie erwartet. Auf Grund der Warmfront, welche nachts über die Stadt zog, blieb die Temperaturkurve trotz normalerweise stattfindender nächtlicher Auskühlung stabil und blieb die ganze Nacht über bei ca. 3°C. Die Kaltfront im Vergleich erreichte nachts drauf Warschau und sorgte für einen Temperatursturz von knapp 5 Kelvin.

Bis zum folgenden Tag, dem 07. Februar um 01 Uhr MEZ, schwächte sich das Haupttief QENDRESA I ab und war nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet. Tief QENDRESA II, folgend nur noch QENDRESA genannt, verlagerte sich, ebenfalls unter Abschwächung, Richtung Südosten und lag zu diesem Zeitpunkt mit einem Druck im Kern von knapp 1000 hPa westlich von Perm. Es hatte sich erneut eine Okklusionsfront gebildet, welche sich anfangs um den Kern wand, später in südwestliche Richtung verlaufend bis zum Okklusionspunkt, welcher südlich von Kiew zu verorten war. Von ihm aus ging eine kurze Warmfront in südwestliche Richtung bis nördlich von Bukarest und eine lange Kaltfront in nordwestliche Richtung, welche, wie schon tags zuvor, über Skandinavien in die Warmfront einer unbenannten Zyklone nahe Grönland überging. Da der Luftdruck vergleichsweise hoch war, gab es keine meteorologisch relevanten Wetterereignisse im Einflussbereich des Wirbels, lediglich wurde in den Morgenstunden vereinzelt feuchter Dunst gemeldet.

Bis zum folgenden Tag verlagerte sich der Tiefdruckkomplex QENDRESA in östliche Richtung und verließ den Einflussbereich der Berliner Wetterkarte, weshalb keine Wettererscheinungen mehr analysiert werden konnten.