Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QERKIN

(getauft am 17.02.2017)

 

Am 12.02.2017 befand sich ein Höhentrog über Ontario in Kanada. Ein Höhentrog bezeichnet ein Gebiet in etwa 5,5 km Höhe, welches mit kalter Luft gefüllt und durch niedrigen Luftdruck charakterisiert ist. In diesem Bereich entwickelte sich durch dynamische Prozesse ein neues Tief am Boden. Bis zum Folgetag verlagerte sich dieses unter weiterer Verstärkung nach Südosten bis über die Ostküste der USA und von da dann weiter in Richtung Island. Am nächsten Tag verstärkte sich das noch unbenannte Tief deutlich über dem Meer bis auf knapp unter 970 hPa. Währendessen begann das zugehörige Frontensystem bereits zu okkludieren. Als Okklusion bezeichnet man eine Mischfront, die entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die langsamere Warmfront einholt und vom Boden anhebt. Der Punkt, an dem dies geschieht, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. In den folgenden Tagen näherte sich der noch immer unbenannten Zyklone von Westen her ein anderes Tief mit seiner Warmfront. Dies führte dazu, dass in den Kaltsektor, also in den Bereich hinter der Kaltfront, warme, subtropische Luftmassen einfließen konnten, was eine Abschwächung des Tiefs zur Folge hatte.

Da das mittlerweile abgeschwächte Tiefdruckgebiet Einfluss auf das Wetter in Europa haben sollte, wurde dieses auf der Analysekarte des 17. Februar um 00 UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, auf den Namen QERKIN getauft. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Tief QERKIN mit einem Kerndruck von ungefähr 990 hPa etwa 500 km südöstlich von Grönland. Die kernumlaufende Okklusionsfront spaltete sich über dem Atlantik in eine lange Kaltfront nach Süden und in eine Warmfront nach Südosten bis zur Südspitze Irlands. Im Tagesverlauf zog die Warmfront über die Britischen Inseln, brachte dabei aber mit maximalen 2 mm kaum Niederschlag mit sich. Nach dem Durchzug der Warmfront kam Großbritannien in den Warmsektor des Tiefdruckgebietes QERKIN, wodurch sich eine südliche Strömung einstellte, die für in dieser Jahreszeit ungewöhnlich mildes Wetter sorgte. Unter Warmsektor versteht man das Gebiet zwischen der Warmfront und der Kaltfront in einem Tief. Die Temperatur stieg tagsüber fast in ganz Großbritannien über 10°C, so wurden beispielsweise in Dublin 12°C und in London 13°C als Tagesmaxima gemessen. In Island, welches sich auf der Vorderseite des Wirbels QERKIN befand, konnten ebenfalls hohe Temperaturwerte registriert werden. Besonders an der Küste wurden für die Jahreszeit extrem hohe Werte gemeldet, wie in der Nähe von Reykjavik mit 10°C und in Blikdalsa sogar 11°C. Dazu verursachte das Frontensystem von QERKIN im Gegensatz zu Großbritannien wesentlichen Niederschlag auf der Insel. So fielen bis 19 Uhr MEZ 2 bis 10 mm in 12 Stunden.

Bis zum Tagesende näherte sich die Zyklone QERKIN mit ihrem Zentrum der Küste von Island und schwächte sich dabei weiter ab. Im Kern erhöhte sich der Luftdruck ungefähr bis auf 997 hPa. Um 01 Uhr MEZ des 18. Februars erstreckte sich die Okklusionsfront bis über die Südspitze von Island und teilte sich dort in die Warm- und und Kaltfront auf. Erstere zog sich ostwärts über Schweden, während die Kaltfront in einem engen Bogen entlang der französischen Atlantikküste verlief. Im Tagesverlauf verlagerte sich das Tief QERKIN rasch nach Osten, wobei in Island bis 07 Uhr MEZ noch weitere Niederschlagsmengen von 5 bis 15 mm gemeldet wurden. Außerhalb von Island sorgte die Warmfront für niederschlagreiches Wetter in einem engen Streifen von der norwegischen Küste über den mittleren Teil von Schweden, Südfinnland und bis nach Sankt Petersburg. Tagsüber kamen besonders große Niederschlagssummen vor dem Skandinavischen Gebirge zusammen, so wurden stellenweise 12-stündige Summen über 20 mm bis 19 Uhr MEZ verzeichnet. Die Kaltfront der Zyklone QERKIN zog währenddessen über die Britischen Inseln, Norwegen und die Benelux-Staaten, brachte aber am Boden keine Abkühlung. Nennenswerter Niederschlag wurde später am Tag ebenfalls im Süden des Skandinavischen Gebirges registriert, mit ähnlichen Summen wie zuvor durch die Warmfront. Durch die westliche bis südwestliche Strömung wurden weiterhin milde-maritime Luftmassen über Westeuropa herangeführt. Demzufolge blieben die für Februar hohen Temperaturen bestehen, wie beispielweise in Großbritannien und den Benelux-Staaten mit Spitzenwerten über 10°C. In Köln wurden 10°C, in München 6°C und in Berlin immerhin noch 5°C erreicht.

Um 01 Uhr MEZ des 19. Februar befand sich das Tiefdruckgebiet QERKIN über Skandinavien und hatte sich erneut verstärkt. Der Luftdruck verringerte sich im Kern auf knapp unter 995 hPa. Vom Zentrum führte eine Kaltokklusion nach Westen, die Kaltfront in einem Bogen nach Süden bis über dem Ärmelkanal und die Warmfront nach Osten, wo sie in die Kaltfront des Tief PIERRE überging. Die nur noch schwache Kaltfront des Wirbels QERKIN sorgte in Dänemark und in der Region um Malmö für schauerartiges Wetter mit stellenweise 5 bis 12 mm Niederschlag. Der Niederschlagsschwerpunkt der Warmfront verschob sich indessen weiter nach Osten. Dabei kamen bis 07 Uhr MEZ ähnliche Mengen Niederschlag in Schweden und im Süden Finnlands zusammen, wie sie bereits am Vortag registriert wurden. Wegen der milden Wetterlage fiel dieser im südlichen Teil des Niederschlaggebiets meist in flüssiger Form, im Norden jedoch als Schnee. Das Tiefdruckgebiet QERKIN verlagerte sich bis zum Tagesende weiter nach Osten, wodurch kalte polare Luftmassen bis in den Süden Finnlands einfließen konnten. In diesem Zusammenhang verringerte sich deutlich die Niederschlagsneigung.

Um 01 Uhr MEZ des 20. Februar lag das Tief QERKIN mit einem Kerndruck von etwa 995 hPa über Finnland. Im Tagesverlauf wurde dort noch leichter Schneefall beobachtet, jedoch verlagerte sich durch das Weiterziehen des Frontsystems von QERKIN nach Osten, die Niederschlagszone nach Russland und brachte dort teils Schnee, teils Regen. Die Kaltluft strömte weit bis nach Süden und erreichte bis zum Tagesende die Finnische Bucht und Stockholm, wodurch nur noch maximale Temperaturen von 1 bis 4°C gemessen wurden.

In den folgenden Tagen verlagerte sich das Tiefdruckgebiet QERKIN unter mäßiger Verstärkung weiter nach Osten. Um 01 Uhr MEZ des 21. Februar konnte die Zyklone noch über dem Ural lokalisiert werden, verließ aber im Laufe des Tages den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte, wodurch eine weitere Analyse nicht möglich war.

 

 

Geschrieben am 27.04.2017 von Roland Góth

Berliner Wetterkarte: 19.02.2017

Pate: Sonja Sadiku