Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
QUASIMODO
(getauft am
06.09.2017)
Im Laufe des
05.09.2017 entwickelte sich über der kanadischen Provinz Québec
ein eigenständiges, recht schwaches Tiefdruckgebiet mit einem minimalen
Kerndruck von etwa 995 hPa. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits ein
Frontensystem mit einer Okklusion vom Tiefzentrum nach Süden, einer
vorlaufenden Warmfront sowie einer nachfolgenden Kaltfront, die südlich der
Okklusion Richtung Südosten sowie Richtung Südwesten verliefen. Eine Okklusion
ist durch wärmere Luftmassen in höheren
Schichten der Atmosphäre und kälteren Luftmassen in niedrigeren Schichten der
Atmosphäre gekennzeichnet, da eine nachfolgende Kaltfront eine vorlaufende
Warmfront erreichte und deren wärmere Luftmassen aufsteigen ließ.
Die Zyklone
verlagerte sich mit einer hohen Geschwindigkeit sodass ihr Zentrum am darauf
folgenden Tag, dem 06.09.2016, bereits über dem westlichen Nordatlantik lag.
Der Kerndruck des Tiefs verringerte sich geringfügig auf ca. 1000 hPa, während
sich die Okklusion vom Zentrum des Wirbels aus nach Südosten weiter
verlängerte. Über dem mittleren Nordatlantik teilte sich die Okklusion dann in
eine kurze Warmfront nach Süden und in eine kurze Kaltfront nach Südwesten auf.
Bereits an diesem Tag sorgte diese Zyklone für eine maximale Regenmenge von
14,3 mm über den ganzen Tag verteilt in dem südgrönländischen Ort Julianehaab. Da dieses Tiefdruckgebiet für
Europa wetterwirksam erschien, wurde es in der Analyse vom 06.09.2017 auf dem
Namen QUASIMODO getauft.
Aufgrund
einer starken Westströmung im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 km
entspricht, zog das bodennahe Tiefdruckgebiet QUASIMODO weiter mit hoher
Geschwindigkeit Richtung Osten. Zu Beginn des 07.09.2017 befand sich der
Tiefdruckwirbel QUASIMODO daher ca. 200 km südwestlich von Reykjavík in Island
mit einem anhaltenden Kerndruck von etwa 1000 hPa. Mit einer vom Tiefzentrum
nach Südosten ausgehenden Warmfront, die sich bereits ca. 200 km vor der
westlichen Küste Irlands erstreckte, und einer Kaltfront nach Südwesten begann
somit der Einfluss der Zyklone QUASIMODO auf das europäische Festland. An
diesem Tag wurden in den nordenglischen Orten Keswick sowie Spadeadam hohe Niederschlagsmengen von insgesamt bis zu 21
mm sowie 23 mm gemessen. Besonders hohe Windgeschwindigkeiten wurden im
englischen Saint Catherine's Point verzeichnet, in dem zu ca. 23 Uhr UTC, was
einer Zeit von 01 Uhr MESZ des Folgetages entspricht, Windgeschwindigkeiten von
66,7 km/h gemessen wurden. Das entspricht der Stärke 8 auf der Beaufort-Skala,
Bft. 8, welche auch als stürmische Windböen bezeichnet werden. Die höchsten
Windgeschwindigkeiten wurden allerdings an der schottischen Station in den Cairngorms
aufgezeichnet. Dort kamen um 12 Uhr UTC Sturmböen der Stärke Bft. 9 mit maximal
87,1 km/h zusammen, wobei die Messstation auch in einer Höhe von etwa 1200 m
liegt.
Bis zum
darauf folgenden Tag entwickelte sich in etwa 5,5 km ein Höhentief, was dazu
beitrug, dass sich das in Bodennähe befindliche Tiefdruckgebiet QUASIMODO
leicht auf einen Kerndruck von ca. 990 hPa verstärkte. Dadurch verlagerte sich
der Wirbel nicht mehr mit solch einer hohen Geschwindigkeit und befand sich am
08.09.2017 zwischen Island und Großbritannien, etwa 100 km nordwestlich der schottischen
Küste. Das Frontensystem der Zyklone QUASIMODO zeichnete sich an diesem Tag
durch eine Okklusion nördlich vom Tief beginnend bis zur Nordsee aus, die sich
über der Nordsee in eine Warmfront bis nach Nordfrankreich und in eine
Kaltfront bis nach England aufteilte. Das Tief QUASIMODO sorgte für hohe
Niederschlagsmengen, die sich in Wales, in dem Ort Capel Curig,
auf 26 mm aufsummierten, wobei bereits 21 mm zwischen 00 und 6 Uhr UTC fielen.
Nur am Flughafen der Insel Jersey wurden noch höhere Regenmengen festgestellt.
Dort fielen über den gesamten Tag bis zu 29 mm. Die höchsten
Windgeschwindigkeiten in Großbritannien wurden in 800 m Höhe auf dem Great Dun
Fell mit bis zu 96,4 km/h gemessen. Am Abend sorgte der Wirbel QUASIMODO aber
besonders im Süden Norwegens für erhebliche Regenmengen. Dort wurden verbreitet
bis 20 mm Regen über den Tag gemessen. Vereinzelt, wie in dem Ort Hynnekleiv,
wurden aber auch Niederschlagsmengen von bis zu 57,1 mm aufgezeichnet, wovon 27
mm erst in den letzten 6 Stunden des Tages fielen. Zusätzlich erreichten die
Winde um 12 Uhr UTC im Ort Eigerøya
Geschwindigkeiten von bis zu 93,7 km/h, was starken Sturmböen der Stärke Bft.
10 entspricht. Aber auch in Deutschland, im norddeutschen Ort Leck, brachte die
Zyklone QUASIMODO Regenmengen von bis zu 31 mm. Die höchsten Windgeschwindigkeiten
wurden wie oftmals auf dem Brocken gemessen. Dort wurden Böen mit bis zu 108,1
km/h um 09 Uhr UTC und um 12 Uhr UTC verzeichnet.
Zu Beginn des
09.09.2017 verlagerte sich der Tiefdruckwirbel QUASIMODO weiter in Richtung
Osten und lag bei einem gleichgebliebenen minimalen Kerndruck von etwa 990 hPa
mit dessen Tiefzentrum über der Nordsee, zwischen Schottland und dem Süden von
Norwegen. Ausgehend vom Zentrum der Zyklone QUASIMODO zog sich eine Okklusion
über Südnorwegen bis zum Süden Schwedens, die sich dort in eine kurze Warmfront
bis nach Litauen und in eine Kaltfront bis zur Ostsee aufteilte. Die Kaltfront
ging südlich davon in eine Warmfront bis nach Luxemburg und anschließend erneut
in eine Kaltfront über Frankreich bis zur Westküste der Iberischen Halbinsel
über, da sich in der Südströmung des Tiefs QUASIMODO eine Wellenstörung
entwickelte. Besonders in Frankreich wurden an diesem Tag Niederschlagsmengen
um 40 mm gemessen. Das Maximum verzeichnete der Ort Deauville,
in dem es insgesamt zu 44 mm Regen kam, wobei 23 mm bereits in den ersten 6
Stunden des Tages fielen. Aber auch in Schweden gab es verbreitet Niederschläge
um 20 bis 30 mm, maximal aber 36,4 mm am südschwedischen Flughafen Hagshult.
Eine vergleichbare Regenmenge für diesen Tag von bis zu 38,4 mm wurde in dem
norddeutschen Ort Elpersbüttel
gemessen. In Deutschland gab es zusätzlich noch sehr starke Windböen am Brocken
sowie am Feldberg im Schwarzwald. Um 08 Uhr UTC sowie um 06 Uhr UTC wurden an
diesen beiden Stationen Windgeschwindigkeiten von bis zu 108,1 sowie 104,5 km/h
erreicht.
Die
Wellenstörung des 09.09.2017 entwickelte sich soweit, dass sich am 10.10.2017
aus der ursprünglichen Zyklone QUASIMODO, nun als QUASIMODO I bezeichnet, ein
weiterer Tiefdruckwirbel,
nun als QUASIMODO II bezeichnet, entstand. Das Tiefdruckgebiet QUASIMODO I befand
sich mit einem anhaltenden Kerndruck von etwa 990 hPa ca. 300 km weiter
nördlich, als noch tags zuvor, wobei sich dessen Frontensystem komplett vom neu
entstandenen zweiten Kern des Systems QUASIMODO übernommen wurde. Das Tief
QUASIMODO II befand sich mit einem minimalen Kerndruck von etwa 995 hPa über
dem Süden Schwedens. Von dort aus verlagerte sich eine Warmfront über die
Ostsee, den Süden Finnlands bis nach Moskau sowie eine Kaltfront über die
Ostsee, Polen und Österreich bis nach Norditalien. Dabei wurden in der
polnischen Stadt Lodz zu 07 Uhr UTC Sturmböen
der Stärke Bft. 9 von bis zu 79,3 km/h gemessen. In Estland hingegen sorgte der
Wirbel QUASIMODO II vor allem für starke Niederschläge. In dem Ort Valke-Maarja
wurden insgesamt Niederschlagsmengen von bis zu 28,3 mm verzeichnet. Ebenso
wurden in Schweden hohe Niederschläge gemessen. Im südschwedischen Ort Storon
gab es an diesem Tag Regenmengen von 43,8 mm. Zusätzlich wurden in diesem Ort ebenfalls
Sturmböen der Stärke Bft. 9 mit bis zu 86,5 km/h registriert. In Norwegen löste
das Tief QUASIMODO I die stärksten Windgeschwindigkeiten aus. Auf dem nördlich
gelegenen Berg Hasvik-Sluskfjellet erreichten die Böen Geschwindigkeiten von
bis zu 118,9 km/h und damit Orkanstärke.
Am 11.09.2017
löste sich der Tiefdruckwirbel QUASIMODO I über dem Europäischen Nordmeer auf,
während sich die Zyklone QUASIMODO II, nun als QUASIMODO bezeichnet, nach
Norden bis über die Norwegische See verlagerte, etwa 100 km westlich der norwegischen
Küste. Vom Zentrum des Tiefs QUASIMODO mit ca. 990 hPa ausgehend führte eine
Okklusion über Norwegen bis nach Finnland, von wo aus sie sich in eine
Warmfront in Richtung Moskau und in eine Kaltfront über das Baltikum bis nach
Österreich aufteilte. In Norwegen wurde das Maximum von 14 mm in dem Ort
Tanabru in 24 Stunden zwar nicht überschritten, jedoch gab es in Hornsund auf
Spitzbergen noch orkanartige Sturmböen der Stärke Bft. 11 mit 108,1 km/h. In
Schweden gab es nur noch maximal 9,3 mm in Nikkaluokta über den gesamten Tag.
Nennenswert hohe Windgeschwindigkeiten wurden jedoch nicht mehr verzeichnet.
Aber auch in Finnland gab es nur noch vereinzelt Stationen, die höhere
Regenmengen gemessen haben, darunter die des Sees Kirakkajärvi nahe der
lappländischen Gemeinde Inari mit 11,8 mm am ganzen Tag.
Bis zum
12.09.2017 verlagerte sich der Wirbel QUASIMODO weiter nach Norden über das
Europäische Nordmeer und schwächte sich zudem auf einen Kerndruck von ca. 995
hPa ab. Außerdem löste sich das Frontensystem fast vollständig auf und war
nicht mehr für Europa wetterwirksam. Dementsprechend wurde das Tiefdruckgebiet
QUASIMODO am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte namentlich
verzeichnet.
Geschrieben am 22.11.2017 von Florian Ruff
Berliner Wetterkarte: 09.09.2017
Pate: Thomas Opl