Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUENTINA

(getauft am 10.11.2020)

 

Aus der Prognosekarte der Berliner Wetterkarte (BWK) vom 10.11.2020 für den 11.10.2020 12 UTC, also 01 Uhr MEZ, ging hervor, dass sich aus einer über Neufundland und Labrador befindlichen Wellenstörung ein ausgeprägtes Tiefdruckgebiet entwickeln würde, welches in den kommenden Tagen Einfluss auf das Wettergeschehen Europas haben würde. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der BWK dafür in der Prognose dieses Tief aus den Namen QUENTINA zu taufen.

Am 11.11.2020 um 01 Uhr MEZ wurde die Zyklone QUENTINA dann erstmals namentlich auf der Bodenanalyse der BKW bei einem Kerndruck von knapp 985 hPa südlich von Grönland über dem Atlantischen Ozean erwähnt. Die Warmfront des Tiefs verlief vom Kern in südöstliche Richtung, die Kaltfront nach Westen bis zum Sankt-Lorenz-Strom.

 

Mit östlicher Zugrichtung verlagerte sich Tiefdruckwirbel QUENTINA bis zum 12.11.2020 um 01 Uhr MEZ südwestlich von Island. Der Kerndruck der Zyklone betrug fast 965 hPa, die Zyklone hatte sich somit zum Vortag deutlich verstärkt und nahm die Züge eines Orkantiefs an. Außerdem befand sich das Tief bereits im Okklusionsstadium. Von einer Okklusion spricht man, wenn die Kaltfront eines Tiefs dessen Warmfront einholt, wodurch eine Mischfront entsteht, die oft von Regenschauern und Gewittern begleitet wird. Im Falle von Tief QUENTINA verlief die Okklusion um den Kern herum und weiter in südlicher Richtung bis zum Okklusionspunkt, also dem Punkt an dem Kalt- und Warmfront auf Bodenniveau aufeinandertreffen, nördlich der Azoren. Von dort reichte die Kaltfront nach Westen und ging in die Warmfront eines Tiefs über Ostkanada über. Die Warmfront verlief südwestlich über die Azoren. Die Südseite Islands geriet im Tagesverlauf zunehmend in den Einflussbereich der Zyklone, der Wind erreichte dort in Böen teils Windstärke 12, also Orkanstärke. Spitzenwerte wurden in Hvammur mit Geschwindigkeiten von bis zu 172 km/h gemessen. Dazu kam teils langanhaltender starker Regen, bis 19 Uhr MEZ fielen in Lónakvís 12-stündige Niederschlagsmengen von 61 mm.

Bis zum Folgetag, dem 13.11.2020 um 01 Uhr MEZ verschob sich Tief QUENTINA mit zum Vortag unverändertem Kerndruck bis südlich von Island. Die Okklusionsfront verlief im Bogen zunächst nordwestlich über den Atlantik, weiter nach Osten über den Süden Islands und ging schließlich in eine Kaltfront über, die sich durch die Irische See bis zu den Azoren erstreckte. Der Wind hatte sich auf Island deutlich abgeschwächt, erreichte in Böen aber teils noch Stärke 10-11, in Fróðárheiði im Westen der Insel wurden Werte von bis zu 104 km/h aufgezeichnet. In Eskifjörður an der Ostküste Islands wurden bis 19 Uhr MEZ Niederschlagsmaxima von 40 mm gemessen. In Westeuropa kam es vereinzelt zu starken Regenschauern, in Koksidje in Belgien nahe der französischen Grenze fielen bis 19 Uhr MEZ 6-stündige Niederschlagsmengen von 50 mm.

Am nächsten Tag, dem 14.11.2020 um 01 Uhr MEZ hatte die Zyklone angefangen sich abzuschwächen. Ihr Kern befand sich mit einem Atmosphärendruck von circa 970 hPa östlich von Island. Von dort aus verlief die Okklusionsfront zuerst nach Norden bis ins Polarmeer und schließlich im Bogen in südlicher Richtung über Norwegen bis zum Okklusionspunkt bei Dänemark, von wo aus die Warmfront südlich bis nach Deutschland reichte, und die Kaltfront sich südwestlich bis nach Belgien erstreckte. Durch die Lage an der Vorderseite des Wirbels QUENTINA geriet mit südwestlicher Strömung milde subtropische Luft nach Deutschland. Dadurch wurden für diese Jahreszeit ungewöhnlich hohen Temperaturen erreicht, in der Stadt Müllheim im Südwesten Deutschlands wurden Höchstwerte von knapp 20°C gemessen. Gebietsweise kam es entlang der Fronten in Deutschland, Dänemark und Skandinavien zu schwachen Niederschlägen. In Island erreichte der Wind in Spitzen teils noch Windstärke 10, auf der Insel Bjarnarey wurden um 13 Uhr MEZ Maximalwerte von 91 km/h gemessen. Es fielen 6-stündige Niederschlagsmengen von bis zu 14 mm, welche in Laufbali im Süden Islands erreicht wurden.

Bis zum 15.11.2020 01 Uhr MEZ verlagerte sich Tiefdruckwirbel QUENTINA mit einem Kerndruck von knapp 975 hPa weiter nach Norden bis in den Polarkreis zwischen Spitzbergen und Grönland. Eine Kaltfront erstreckte sich vom Osten Islands in nordöstlicher Richtung und ging südlich vom Kern der Zyklone in dessen Okklusionsfront über, die durch den Tiefdruckkern und anschließend im Bogen wieder südlich über Nordschweden und der Ostsee verlief. Im Norden Skandinaviens kam es entlang der Okklusion zu etwas Regen, bis 19 Uhr MEZ fielen in Ylitornio Meltosjaervi 5 mm Niederschlag. Der Wind erreichte in Böen teils Windstärke 10, auf Andoya wurde eine Spitzengeschwindigkeit von 102 km/h gemeldet.

Am 16.11.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich Tief QUENTINA mit einem Kerndruck von circa 965 hPa nördlich von Spitzbergen in der Nähe des Nordpols. Die Zyklone hatte keinen weiteren Einfluss auf das Wettergeschehen Europas, zog im Verlauf aus dem Darstellungsbereich der BWK und wurde deshalb am Folgetag nicht mehr namentlich dort erwähnt.