Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUENTINO

(getauft am 09.10.2019)

 

Am 09.10.2019 wurde anhand der Analysekarte für 00 Uhr UTC ein östlich von Neufundland liegender Tiefdruckwirbel auf den Namen QUENTINO getauft. Seine Entwicklung und weitere Ausprägung hatte schon tags zuvor entlang einer sich wellenförmig deformierenden Front eines unterhalb eines Troges kalter Luft über dem nördlichen Kanada liegenden Tiefs begonnen, welches sich jedoch bereits in vorangeschrittener Auflösung befand. Zum Zeitpunkt der Analyse lag der Tiefdruckwirbel QUENTINO mit einem Druck von unter 1015 hPa südlich von Grönland über dem Atlantik. Vom Zentrum des Wirbels erstreckte sich sowohl eine Warmfront nach Osten als auch eine Kaltfront entlang der Küstenlinie Kanadas nach Südwesten. Aufgleitvorgänge entlang der Fronten sowie im Kernbereich des Wirbels hatten die Entstehung eines Niederschlagsbandes zur Folge, welches sich mit dem Tief über den Atlantik allmählich Richtung Europa verlagerte.

Gegen 00 Uhr UTC des 10.10. befand sich der Kern des sich verstärkenden Tiefs QUENTINO mit einem auf unter 995 hPa gefallenen Druck zunächst noch auf der halben Strecke zwischen Neufundland und der Küste Irlands. Vom Zentrum des Tiefs zog sich sowohl eine Warmfront nach Südosten als auch eine Kaltfront nach Südwesten. Letztere verband sich im weiteren Verlauf mit der Warmfront eines unbenannten Wirbels vor Neufundland. Des Weiteren reichte eine kleinskalige Okklusionsfront vom Kern nach Westen. Im Laufe der folgenden Stunden verlagerte sich der Tiefdruckwirbel rasch weiter in Richtung der Britischen Inseln und seine Ausläufer trafen alsbald auf Irland und weiteten sich anschließend auf ganz Großbritannien aus. Dabei fielen durch einsetzenden Regen innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages am Flughafen von Cork 9,0 mm, auf Sherkin Island 10,0 mm und am Malin Head 11,8 mm. Im Zusammenspiel mit dem von den Färöern bis nach Südschweden reichenden Tief PETER wurden in Schottland und Wales gar bis zu 35,4 mm in Capel Curig, 39,4 mm in Bala und 41,2 mm in Shap registriert. In der zweiten Tageshälfte weiteten sich die Niederschläge über die Nordsee auf Westnorwegen aus. Zuvor ebenfalls durch Tief PAUL beeinflusst waren dort binnen 24 Stunden bei Bergen 17,9 mm, in Takle 24,5 mm und auf der Insel Kvamsøy 28,3 mm gemessen worden. Die Warmfront des Tiefs QUENTINO erreichte in der zweiten Nachthälfte mit zumeist leichtem Regen auch den Nordwesten Deutschlands. Bis 06 Uhr UTC fielen dadurch im Zeitraum von 12 Stunden in Weesby 5,8 mm und in Leck 5,9 mm Niederschlag. Mittel- und Süddeutschland waren dagegen zunächst noch durch ein sich über Norditalien entlang des Frontensystems des Tiefs PETER II entwickelten Tiefs beeinflusst, ehe sich dort nach letzten Schauern in der Nacht zum 11.10. von Südwesten das Hoch LISBETH II durchsetzen konnte.

Bis 00 Uhr UTC des 11.10. hatte das Zentrum des Tiefs QUENTINO, dessen Kerndruck inzwischen auf unter 985 hPa gefallen war, die westschottischen Küstengewässer erreicht. Teile seiner Warmfront waren von der ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt worden, sodass sich entlang derer eine Okklusionsfront ausbilden konnte, die Eigenschaften beider Systeme in sich vereint und oft durch ergiebigen Regen gekennzeichnet ist. Diese erstreckte sich vom Zentrum des Tiefs über Nordschottland bis zum Okklusionspunkt über der Nordsee. Dies ist die Stelle an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen. Von dort reichte die Warmfront anschließend über Emden bis nach Paris und die ihr nacheilende Kaltfront, über Südirland vorübergehend den Charakter einer Warmfront annehmend, über Nottingham und Cork auf den Atlantik hinaus, über dem sie sich erneut mit dem Frontensystem eines Tiefs nahe Neufundland verband. Nordöstlich des Zentrums lag zugleich das Zentrum des sich in Auflösung befindlichen Tiefdruckwirbels PETER, der im Tagesverlauf in die Zirkulation des Tiefdruckgebiets QUENTINO aufgenommen wurde. In Deutschland war das Wetter zweigeteilt. Während über Norddeutschland trübes und teils regnerisches Wetter dominierte, lag der Großteil des Landes im Einflussbereich des Hochs LISBETH. Besonders im Nordwesten, im Bereich der Deutschen Bucht, fielen die Niederschläge entlang der aufziehenden Kaltfront dabei recht ergiebig aus. So brachte der anhaltende und teils schauerartig verstärkte Regen in Leck 22,8 mm, in List auf Sylt 28,2 mm und bei Glücksburg bis zu 40,6 mm in 24 Stunden mit sich. Dagegen wurden im durch hohen Luftdruck geprägten Regensburg 7,3, in Stuttgart 9,3 und in der Innenstadt von München bis zu 10,7 Sonnenstunden registriert. Von Norddeutschland zogen die Niederschläge nur langsam nach Osten Richtung Polen und den Ostseeraum ab. Dabei wurden aus Rostock-Warnemünde 3,7 mm, aus dem polnischen Cewice bei Lębork 5,6 mm und aus dem litauischen Hafenstadt Klaipėda 17,0 mm gemeldet. Neben Nordwestdeutschland fielen die Niederschläge über Dänemark und Südskandinavien, über die Teile des Tiefdrucksystems in der Nacht zum 12.10. hinweg zogen, vielerorts ebenfalls sehr ergiebig aus. Innerhalb von 24 Stunden waren beispielsweise im schwedischen Hästveda 36,4 mm, im dänischen Askov 40,2 mm und im norwegischen Fossmark bis zu 52,6 mm gefallen.  

Zum 12.10. hatte sich das Tiefdruckgebiet QUENTINO nach Skandinavien verlagert und einen zweiten Kern ausgebildet, wobei sich der erste gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von knapp 990 hPa westlich von Bergen befand, der zweite, ebenfalls mit einem Druck von circa 990 hPa, dagegen nahe Gävle über der Ostsee. QUENTINO I und QUENTINO II verband eine Okklusionsfront miteinander. Weitere Okklusionsfronten erstreckten sich vom ersten Kern über die Orkney-Inseln nach Westen sowie vom zweiten nach Süden. Letztere hatte ihren Okklusionspunkt nördlich von Gotland. Während vom Okklusionspunkt ausgehend die Warmfront über Riga und Minsk bis in den Norden Rumäniens reichte, lag die ihr folgende Kaltfront weiterhin quer über dem Norden Deutschlands und zog sich anschließend weiter über den Ärmelkanal hinweg nach Südwesten, ehe sie über dem Atlantik in das Frontensystem des Tiefs ROCCO mit Zentrum nahe der Azoren überging. Die Zweiteilung des Wetters über Deutschland blieb dadurch weiter bestehen. Entlang der sich im Tagesverlauf nur geringfügig verlagernden Kaltfront hielt der Regen, wenn auch weitaus weniger intensiv, über der Nordhälfte des Landes an und brachte 24-stündig in Rostock-Warnemünde 2,5 mm, in Schwerin 4,4 mm und in Wittmund 7,1 mm. In den übrigen Landesteilen, von Cottbus im Osten bis Köln im Westen und München im Süden, herrschte dagegen von vereinzelten, lokalen Schauern abgesehen sonnenscheinreiches und weitestgehend niederschlagsfreies Wetter mit bis zu 10 Sonnenstunden vor. Das Maxima der Niederschläge jenes Tages konzentrierte sich jedoch entlang des zweiten Kerns sowie seiner Ausläufer und damit auf das Baltikum und den Westen Russlands. Hier waren binnen 24 Stunden bei St. Petersburg 14,0 mm, im lettischen Alūksne 23,0 mm und im estnischen Kunda 30,2 mm gefallen. Auch im Bereich des ersten Kerns, der sich wie auch der zweite unterhalb einer starken westlichen Strömung im Tagesverlauf nach Osten verlagerte, hielten die Niederschläge weiter an, die über Teilen Südskandinaviens in stark abgeschwächter Form auch als Schnee fielen. Waren entlang der Westküste Norwegens in Sauda noch 23,0 mm und am See Liarvatn bis zu 30,9 mm gefallen, führte zumeist leichter Schneefall im schwedischen Hall-Häxåsen 4,6 mm, Schnee und Schneeregen in Hemling 6,9 mm und Regenschauer in Gävle 9,1 mm mit sich.

Mit weiterhin zwei Kernen befand sich das Zentrum des Tiefdruckkomplexes QUENTINO um 00 Uhr UTC des 13.10. über dem finnisch-russischen Raum. Sein erster Kern lag zu diesem Zeitpunkt mit einem Druck von unter 1000 hPa jedoch ohne analysierbares Frontensystem westlich von Helsinki über der Ostsee und sein zweiter Kern, mit einem Druck von circa 985 hPa, südlich von Archangelsk. Vom zweiten Kern erstreckte sich eine Okklusionsfront in einem Bogen nach Süden bis zu ihrem Okklusionspunkt bei Nischni Nowgorod. Von dort zog sich eine Warmfront weiter in südwestlicher Richtung bis nach Charkiw und eine dazugehörige Kaltfront über Minsk bis nach Danzig, wo sie sich mit der Warmfront des Tiefs ROCCO mit Kern über der Biskaya verband. Das Hauptniederschlagsfeld des Wirbels QUENTINO konzentrierte sich entlang des zweiten Kerns und seiner Okklusionsfront auf Finnland und Nordwestrussland. Während über Skandinavien zumeist nur noch vereinzelt leichter Regen oder Schneefall registriert wurde, konnten im finnischen Nellim 6,0 mm, im russischen Uchta nahe des  Urals 12,0 mm und im ebenfalls russischen Umba auf der Kola Halbinsel 18,0 mm gemessen werden. Deutschland blieb den dritten Tag in Folge zweigeteilt. Für den äußersten Norden Deutschlands wurde nach Abzug des Tiefdruckkomplexes nach Russland im Laufe des Tages der sich über den Ärmelkanal und die Nordsee nach Nordosten verlagernde Wirbel ROCCO wetterbestimmend, wohingegen die Mitte und der Süden des Landes zunächst noch weiter unter Hochdruckeinfluss lagen. Dieser schwächte sich jedoch im Laufe des Tages zunehmend ab, sodass sich auch dort nachfolgend atlantische Tiefdruckausläufer mit dichten Wolken und Niederschlägen durchsetzen konnten.

Am 14.10. lag das Zentrum des allmählich an Stärke verlierenden Tiefs QUENTINO mit nunmehr wieder einem einzigen Kern und einem auf 995 hPa angestiegenem Druck um 00 Uhr UTC bei Uchta, am Rande der westlichen Ausläufer des Nordurals. Vom Kern erstreckte sich seine Okklusionsfront in einem weiten Bogen zunächst nach Süden und reichte anschließend weiter, den Charakter einer Kaltfront annehmend, nach Westen, ehe sie sich über der Ukraine mit der Warmfront des nach Dänemark gezogenen Wirbels ROCCO verband. Eine weitere Okklusionsfront zog sich westlich des Zentrums vom nordschwedischen Gällivare bis zum russischen Kasan. Das dem Tief QUENTINO zugehörige Niederschlagsfeld schwächte sich zunehmend ab und zog mit dem Wirbel weiter nach Osten und brachte dabei der nördlichen und zentralen Uralregion zumeist leichten Regen oder Schneeregen. So fielen binnen 24 Stunden in Perm 2,5 mm, bei Uchta 3,6 mm und in Kogalym, nordöstlich von Surgut, 7,0 mm. Im ebenfalls nordöstlich von Surgut gelegenem Tolka waren noch bis zu 9,0 mm gefallen.

Sich zunehmend auflösend zog das Zentrum des Wirbels QUENTINO zum 15.10. mit unverändertem Kerndruck über den Nordural hinweg nach Westsibirien und befand sich gegen 00 Uhr UTC unweit von Surgut. Auf seiner östlichen Zugbahn verließ der sich weiter abschwächende Wirbel im Laufe des Tages den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich, wodurch er nachfolgend nicht mehr auf jener verzeichnet werden konnte. Letzte, dem Wirbel zuzuordnende Niederschläge konzentrierten sich auf den Westen Sibiriens, brachten dabei aber keine größeren Niederschlagsmengen mehr mit sich.