Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUENTIN

(getauft am 06.04.2015)

 

Das Tief QUENTIN wurde am 06.04.2015 in der Analyse zwischen Jan Mayen und Spitzbergen liegend getauft. Zu diesem Zeitpunkt war der Wirbel bereits einige Tage entlang der Küste Grönlands gezogen und wies nun einen Kerndruck von etwas unter 990 hPa auf. Das zum Wirbel QUENTIN gehörende Frontensystem bestand aus einer vom Kern zunächst in südöstlicher Richtung reichenden Okklusion. Darunter versteht man laut dem norwegischen Frontenmodell eine Mischform aus Warm- und Kaltfront, die sich durch die unterschiedlichen Zuggeschwindigkeiten der zwei Fronten bildet, die Charakteristika beider Frontentypen aufweist und sich im Okklusionspunkt mit dem Einholen der Kalt- durch die Warmfront ausbildet. Mit dem Erreichen der norwegischen Küstenlinie nordöstlich der Lofoten drehte der Frontenverlauf auf eine südwestliche Richtung vorbei an Bratland bis etwa Namsskogan, wo sich der Okklusionspunkt befand. Von diesem ausgehend führte eine sehr kurze Kaltfront, die nur bis auf den Längengrad Trondheims reichte und dort in die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs überging. In südlicher Richtung verlief die Warmfront des Tiefs QUENTIN über Zentralnorwegen und führte dabei an Geilo sowie Hovden vorbei hinaus über Nordsee. Der Frontenverteilung entsprechend gestalteten sich dann auch die Niederschlagsmengen unterschiedlich, die größten Werte wurden in Zentral- bis Nordnorwegen gemessen. So fielen innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC, also 07 Uhr MEZ, in Skamdal 26,8 l/m², in Seljelia 22,7 l/m² bei einer Gesamtschneehöhe von 72 cm. Auf Helgoland registrierten die Messgeräte bei keinem Niederschlag eine Sonnenscheindauer von 10,7 Stunden, dieser Trend setzte sich auch in den Benelux-Staaten fort.

Sich nordostwärts verlagernd hatte die Zyklone QUENTIN am 07.04.2014 die Barentssee östlich der Bäreninsel zwischen Spitzbergen und dem norwegischen Festland erreicht und sich leicht auf nun 990 hPa im Kern verstärkt. Vom Kern ausgehend reichte eine Okklusionsfront um Spitzbergen herum und östlich vorbei an Murmansk und endete schließlich bei Rovaniemi in Finnland, wo sie in ein sich verzweigendes Frontensystem überging. Auf Spitzbergen führte dies zu geringen Niederschlägen, so meldete die Station Ny-Alesund 0,4 l/m² in Form von leichtem Schneefall oder Griesel im Zeitraum von 24 Stunden bis um 06 Uhr UTC des Folgetages. Dabei sank die Temperatur wieder spürbar, nachdem am Vortag um 15 Uhr UTC -1,9°C und die Tageshöchsttemperatur auf -1,3°C gestiegen war, lag um 15 Uhr UTC des 07.04. die Temperatur bei -4,7°C. In Murmansk wurden über den Tag nur vereinzelte Tropfen an Niederschlag verzeichnet. Erst mit dem Durchzug der Front eines ungetauften Tiefs über Norwegen in der Nacht änderte sich dies. Zudem erwärmte sich die Luft, so stieg die Tagestiefsttemperatur von -2,3°C am Vortag auf -0,1°C und lag am Folgetag im positiven Temperaturbereich. Auch in Rovaniemi stieg die Tageshöchsttemperatur bei einer südlichen Strömung von 1,0°C auf 7,3°C um über 6 Grad in einem 24-stündigen Zeitraum von 18 Uhr UTC des Vortages.

Der Wirbel QUENTIN verlagerte sich im Laufe des Tages nordostwärts und hatte am 08.04.2015 die Barentssee zwischen Franz-Joseph-Land im Norden, Spitzbergen im Westen und Novaja Semlja im Osten erreicht. Der Kerndruck war abermals gesunken und betrug nun etwas unter 985 hPa, von ihm ausgehend erstreckte sich eine ausgedehnte vollständig okkludierte Front bis nach München. Auf ihrem Weg überquerte sie die Weiße See, verlief östlich vorbei an Archangelsk und Moskau, nördlich vorbei an Kiew und Wien, um schließlich bei München zu enden. Mit dem Durchgang der Front des Tiefs QUENTIN sank die Tageshöchsttemperatur von 9,1°C am Vortag auf 2,8°C. Zudem fielen innerhalb von 24 Stunden bis um 06 Uhr UTC des Folgetages 4,9 l/m². Im Laufe der Nacht wechselte der Niederschlag von flüssigen zu Niederschlägen in fester Form als Schnee. Ähnliches wurde auch in Kiew beobachtet, hier stiegen die Temperaturwerte trotz einer Nordströmung von 9°C auf 12°C, wobei in Kiew den ganzen Tag über kein Niederschlag beobachtet wurde. In Wien stellten sich mit dem Durchzug der Front leichte Niederschläge ein, ab 3 Uhr UTC wurden bis in die Mittagsstunden hinein immer wieder einzelne Tropfen bis hin zu leichtem Regen gemeldet, was sich zu seiner Gesamtsumme von 0,3 l/m² bis 18 Uhr UTC akkumulierte. Auch wenn das Druckgebilde QUENTIN noch ein paar Tage am äußersten Rand des Analysegebietes der Berliner Wetterkarte lag, war dies der letzte Tag an dem das Tiefdruckgebiet QUENTIN namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet wurde, da der Wirbel QUENTIN keinerlei Wetterwirksamkeit für Europa mehr aufwies.


 

Geschrieben am 28.06.2015 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 06.04.2015

Pate: Hannes Lobsinger