Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUENTIN
(getauft am 18.11.2013)
Mitte
November 2013 bildete sich über der Baffin-Bucht
zwischen Grönland und dem Kanadisch-Arktischem Archipel ein Tiefdruckgebiet,
welches am 18.11.2013 in der Prognose für den Folgetag auf den Namen QUENTIN
getauft wurde.
In
der Analyse für den 19.11. lag die Zyklone QUENTIN nordöstlich von Island über
der Dänemarkstraße und besaß einen Kerndruck von rund
1000 hPa. Von ihrem Zentrum ging einerseits eine etwa Tausend Kilometer lange
Warmfront nach Südosten und andererseits eine kurze Kaltfront nach Südwesten
aus, welche über dem Süden Grönlands in die Warmfront eines anderen Tiefs
überging. Beim Durchzug des Frontensystems gab es in Grönland geringe
Niederschläge. So kam in Angmagssalik eine Menge von 0,5
l/m² innerhalb von 24 Stunden zusammen.
Bis
zum darauffolgenden Tag entwickelte sich in einer Höhe von rund 5,5 km ein
Höhenwirbel östlich der Färöer, zu welchem das Tief QUENTIN am Boden zugeordnet
werden konnte. Dieses befand sich um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum und einem
nun verstärkten Druck von knapp unter 985 hPa fast direkt unterhalb des
Höhenwirbels. Das Frontensystem des Tiefs bestand an diesem Tag aus einer
Okklusion, d.h. einer Front mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die vom Kern
ausgehend in einem Bogen bis über Edinburgh reichte, wo sie sich am sogenannten
Okklusionspunkt in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront reichte
nach Südwesten und endete westlich der Biskaya über dem Nordatlantik. Die
Kaltfront erstreckte sich dagegen einen Bogen beschreibend zunächst nach
Südwesten, später nach Nordwesten und verband sich 500 km südlich von Island
mit der Warmfront eines nachfolgenden Tiefs. In Großbritannien und Irland kam
es dabei aufgrund von schauerartigem Regen zu lokal sehr unterschiedlich
ausfallenden Niederschlagsmengen. In Stornoway und Glasgow fielen in 24 Stunden
bis 07 Uhr MEZ 18 l/m² bzw. 14 l/m². Im irischen Valentia wurden dagegen im
selben Zeitraum nur 3 l/m² und im südenglischen Bournemouth sogar nur 0,2 l/m²
registriert. Stärker fielen die Niederschläge in der Nähe des Tiefzentrums aus,
wodurch in der Hauptstadt der Färöer, Thorshavn, eine 24-stündige Regenmenge
von 26 l/m² gemessen wurde. Außerdem wurde hier um 07 Uhr MEZ eine Windgeschwindigkeit
von 61 km/h gemeldet, was Stärke 7 auf der Beaufort-Skala und damit starken bis
stürmischen Wind entspricht.
Im
weiteren Verlauf zog das Tief QUENTIN in Richtung Südosten und erreichte in der
Nacht zum 21.11. die Küste Belgiens. Der Kerndruck schwächte sich etwas ab und
lag nun bei ca. 995 hPa. Nördlich des Zentrums erstreckte sich eine
Höhenokklusion nach Nordwesten bis über die Nordsee. Eine Höhenfront stellt
dabei eine Luftmassengrenze dar, deren Eigenschaften nur in der Höhe und nicht
am Boden analysiert werden können. Eine weitere Höhenokklusion verlief vom
selben Punkt nördlich des Tiefzentrums ausgehend in einem Bogen über die
Niederlande und Belgien bis über Zentralfrankreich, wo sie Kaltfrontcharakter
annahm und über die Biskaya führend, bis weit über den Nordatlantik reichte.
Der Kaltfront nachziehend befand sich ein Bereich, in dem großräumig Luftmassen
zusammenströmten und aufstiegen. Diese sogenannte Konvergenzlinie verlief von
Lille ausgehend in einem Bogen bis über die nördliche Biskaya. Mit dem Durchzug
des Frontensystems fielen in Frankreich und den Beneluxstaaten teils
schauerartige Niederschläge, welche nennenswerte Mengen hervorriefen. Innerhalb
von 24 Stunden wurden bis 07 Uhr MEZ in Brest und Bordeaux 10 l/m² und in Lyon
11 l/m² registriert. In Luxemburg wurden im selben Zeitraum 2 l/m² und in
Brüssel 6 l/m² gemessen. Allerdings fielen die Niederschläge in Belgien,
Luxemburg und dem Nordosten Frankreichs, welche hauptsächlich durch die
Okklusion ausgelöst wurden, zum Teil bis in die Niederungen als Schnee oder
Schneeregen. Um 07 Uhr MEZ meldete beispielsweise Luxemburg leichten
Schneefall, um 20 Uhr MEZ registrierte die Station Brüssel Schneeregen. Das
Niederschlagsgebiet streifte außerdem gerade noch den äußersten Westen
Deutschlands. Dadurch kam im Saarland eine Niederschlagsmenge von 6 l/m²
zusammen, wobei es auch hier bis in tiefe Lagen schneite. Am Morgen des
darauffolgenden Tages meldete die Station Tholey 3 cm
Schnee, in Schneifelforsthaus in der Hocheifel wurden 2 cm gemessen.
Im
weiteren Verlauf zog das Tief QUENTIN in Richtung Südosten. Dabei nahm es den
noch am Tag zuvor über dem Nordwesten Italiens liegende Wirbel RUVEN I in seine
Zirkulation auf und befand sich am 22.11. um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum und
einem um 15 hPa gefallenen Kerndruck wenig östlich von Genua. Eine kurze
Okklusionsfront verlief nördlich des Tiefzentrums entlang und teilte sich über
dem Golf von Venedig in Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront reichte bis nach
Westserbien und die Kaltfront beschrieb einen Bogen über das italienische
Festland und dem westlichen Mittelmeer bis knapp östlich der Straße von
Gibraltar. Außerdem zog sich westlich des Kerns eine Höhenokklusion, welche
über den Pyrenäen Kaltfrontcharakter annahm, über das Ligurische Meer bis zur Biskaya.
Beim Durchzug der Tiefausläufer kam es vor allem in Italien zu lokal
unterschiedlich ausfallenden Niederschlagsmengen. Bis
9 Uhr MEZ wurden in Pisa 11 l/m², in Ustica 20 l/m²
und in Neapel 22 l/m² Regen in 12 Stunden gemessen, während im gleichen
Zeitraum in Rom lediglich 4 l/m² registriert wurden.
In
den folgenden zwei Tagen befand sich der Wirbel QUENTIN stationär über dem
Seegebiet zwischen Korsika und Italien, wobei es sich leicht abschwächte. Durch
seine Ausläufer beeinflusste es vor allem das Wetter im zentralen
Mittelmeerraum. So fielen bis zum 23.11. um 19 Uhr MEZ 24-stündige
Niederschlagsmengen von 25 l/m² in Bologna und 52 l/m² in Calvi
auf Korsika. Des Weiteren befand sich auch im Bereich der dalmatinischen
Adriaküste ein Regengebiet, welches hier verbreitet zu Mengen von 15 bis 30 l/m² führte. Auch an
der Nordflanke des Tiefs QUENTIN, wo es durch Staueffekte an den Alpen zu
länger andauernden Niederschlägen kam, wurden in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ des
24.11. ebenfalls verbreitet 15 bis 30 l/m² registriert. Oberhalb der
Schneefallgrenze wurden dabei auch beachtliche Schneehöhen gemessen, wie dies beispielsweise an der Station Obere Firstalm mit 26 cm
der Fall war. Auch auf die Temperatur hatte die Zyklone QUENTIN Einfluss. Durch
ihren Drehsinn entgegen des Uhrzeigersinns konnte kalte Subpolarluft aus dem
Norden nach Westeuropa und in den Mittelmeerraum einfließen, wodurch z.B. am
23.11. in Mailand nur eine Höchsttemperatur von 6°C und auf Menorca von 9°C
erreicht wurde.
Bis
zum 25.11. schwächte sich die Zyklone QUENTIN weiter ab und befand sich mit
einem Kerndruck von rund 1005 hPa über dem Ionischen Meer. Dem Tiefdruckgebiet
konnte an diesem Tag kein Frontensystem zugeordnet werden. In der Nähe des
Tiefzentrums kam es dennoch vor allem in der Nacht zu einigen Gewittern. So
beispielsweise in Kerkira auf Korfu, wo durch
schauerartigen Niederschlag bis 19 Uhr MEZ insgesamt eine 24-stündige
Regenmenge von 20 l/m² gemessen wurde. Auch auf Malta wurden Schauer und Gewitter beobachtet,
welche im selben Zeitraum in der Stadt Luqa 22 l/m²
Regen brachten.
Am
26.11. um 01 Uhr MEZ lag das Tief QUENTIN immer noch über dem Ionischen Meer.
Dem Wirbel konnte nun wieder ein Frontensystem zugeordnet werden, welches aus
einer vom Kern ausgehenden und bis Thessaloniki reichenden Okklusion bestand,
die sich über der griechischen Stadt in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die
Warmfront erstreckte sich bis über den Norden des Schwarzen Meeres und die
Kaltfront verlief über die Ägäis bis nach Kreta. Mit dem Tief QUENTIN blieben
auch die Schauer- und Gewitteraktivitäten im Bereich um das Tiefdruckzentrum
erhalten. So wurden in der Nacht abermals Gewitter auf Korfu und in der
sizilianischen Stadt Messina gemeldet. Innerhalb von 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ
fielen dabei 7 l/m² auf Korfu, 14 l/m² auf Rhodos und 17 l/m² in Luqa. In Messina wurde sogar bis 07 Uhr MEZ eine
12-stündige Regenmenge von 23 l/m² gemessen.
Der
Wirbel QUENTIN zog bis zum darauffolgenden Tag weiter nach Osten und befand
sich mit seinem Zentrum um 01 Uhr MEZ über der nördlichen Ägäis. Das Tief war
zu diesem Zeitpunkt Teil eines umfangreichen Tiefdruckkomplexes, welches das
Wetter in Ost- und Südosteuropa beeinflusste. Nennenswerte 24-stündige
Regenmengen im Bereich der Zyklone QUENTIN wurden in Thessaloniki mit 9 l/m²
und in Istanbul mit 13 l/m² registriert.
Dies
war auch der letzte Tag, an dem das Tief QUENTIN verzeichnet werden konnte. Im
weiteren Verlauf verlagerte sich der Wirbel unter fortschreitender Abschwächung
weiter in Richtung Osten und verschwand somit aus dem Analysebereich der
Berliner Wetterkarte.
Geschrieben von Sebastian Wölk
Berliner Wetterkarte: 21.11.2013
Pate: André Lungstraß