Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUINN
(getauft am 11.02.2015)
Anfang der zweiten Februardekade entstand ein
Wirbel als Wellentief entlang einer Luftmassengrenze, die vom westlichen
Nordatlantik vor der Küste der USA bis in die zentralen Bereiche des Nordatlantiks
reichte. Unterstützt wurde die Bildung dieses Tiefdruckgebietes zudem von einem
Kaltluftvorstoß in höheren Luftschichten von Nord nach Süd. Am 11. Februar 2015
wurde dieses Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik in der Prognose der Berliner
Wetterkarte für den Folgetag auf den Namen QUINN getauft.
Am nächsten Tag lag das Zentrum des neu
entstandenen Wirbels QUINN etwa 1000 km südsüdöstlich der Südspitze von Grönland.
Der Kerndruck betrug knapp 985 hPa. Nach Norden schloss sich eine bis fast zur
Südspitze von Grönland verlaufende, hauptsächlich in der höheren Atmosphäre
aktive Okklusionsfront an, also eine Mischfront mit Warm- und
Kaltfronteigenschaften. Südlich des Zentrums der Zyklone QUINN verlief eine
etwa 500 km lange Okklusionsfront in südlicher bis südöstlicher Richtung bis
zum Okklusionspunkt. Dort traf eine bis ungefähr 800 km westnordwestlich
der Azoren reichende Warmfront auf eine Kaltfront. Letztere ging etwa 600 km
westnordwestlich des Endes der Warmfront in eine weitere Warmfront über, die zu
einem unbenannten Tiefdruckgebiet nördlich der Bermuda-Inseln und östlich der
Ostküste der Vereinigten Staaten gehörte.
Bis zum Morgen des 13. Februar hatte sich das
Zentrum des Tiefs QUINN zusammen mit den Fronten infolge der kräftigen
westlichen Höhenströmung nach Osten verlagert und im Verlauf vor allem dem
Westen der Britischen Inseln Niederschläge gebracht. So fielen innerhalb von 24
Stunden in der westirischen Stadt Shannon 4 l/m², während auf Valentia Island
vor der Südwestküste Irlands 18 l/m² zusammenkamen. Zwar waren vor Eintreffen
des Tiefdruckgebietes QUINN und seiner Fronten noch weitere Fronten eines
vorlaufenden, unbenannten Wellentiefs aktiv, aber die genannten Regenmengen
sind im Wesentlichen dem Tief QUINN zuzuordnen. So befand sich nun das Zentrum
des Wirbels QUINN etwa 500 km nordwestlich von Irland. Ausgehend vom Kern des
Tiefs QUINN, in dem der Kern einen Luftdruck von unter 985 hPa aufwies, verlief
eine Okklusionsfront bis ungefähr 200 km südlich von Irland, wo sich am
Okklusionspunkt je eine Warmfront und eine Kaltfront trafen. Die Warmfront
verlief in südlicher bis südwestlicher Richtung, passierte die Nordwestspitze
der Iberischen Halbinsel in ungefähr 200 km Abstand und endete etwa 500 km
westlich der portugiesischen Küste in Breite der Hauptstadt Lissabon. Die
Kaltfront folgte westlich auf die Warmfront und reichte bis ungefähr 500 km
nordöstlich der Inselgruppe der Azoren. Dort bestand der Anschluss zu einer
Warmfront eines unbenannten, südöstlich der kanadischen Insel Neufundland
liegenden Tiefdruckgebietes.
Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen
des Folgetages lagen in den südwestenglischen Küstenstädten Plymouth und
Bournemouth bei jeweils 10 l/m². In Brest im äußersten Westen Frankreichs kamen
im gleichen Zeitraum 15 l/m² zusammen. Das regnerische Wetter in diesen
Regionen war dem zwischenzeitlich mit seinem Zentrum bis nach England und Wales
vorangekommenen Tiefdruckgebiet QUINN, nun mit einem Kerndruck von etwas unter
1000 hPa, und seinem Frontensystem geschuldet. Dieses war mittlerweile fast
vollständig okkludiert. Das heißt, dass die Kaltfront die Warmfront nahezu
komplett eingeholt hatte. Die Okklusionsfront verlief, ausgehend vom Zentrum
des Tiefdruckgebietes QUINN, bogenförmig zunächst über Südengland und die
Straße von Dover nach Nordfrankreich, um in etwa den Pariser Raum zu überqueren
und weiter in südlicher Richtung bis zu den Pyrenäen zu reichen. Weiter nach
Südwesten bis Westen erfolgte der Übergang zu einer Kaltfront, die über den
Norden Spaniens und bis vor die Nordwestküste der Iberischen Halbinsel weiter
zu verfolgen war. Dort ging sie in die Warmfront eines unbenannten Tiefs mit
Zentrum südsüdöstlich von Grönland über.
Bis zum Morgen des 15. Februar verzeichnete die
Wetterstation Locarno in der südlichen Schweiz eine 24-stündige
Niederschlagssumme von 34 l/m². Das auf der Insel Korsika liegende Ajaccio
meldete 21 l/m². Im Bereich der Süd- und Westalpen wie etwa dem Tessin sowie in
den angrenzenden Gebieten war die oben genannte Okklusionsfront am stärksten
aktiv, einerseits unterstützt durch Staueffekte an den Bergen, andererseits
begünstigt durch die relativ großen Temperaturunterschiede zwischen kühler Luft
aus Nordwesten und der warmen, feuchten Mittelmeerluft. Das Zentrum des Wirbels
QUINN befand sich nun mit einem Kerndruck von etwas unter 1010 hPa über der
nordwestfranzösischen Normandie. Von dort ging die anfangs auch im Bodenniveau,
im Verlauf hauptsächlich in höheren Luftschichten gut erkennbare
Okklusionsfront aus und reichte bis an den südlichen Rand der West- und
Zentralalpen in Norditalien. Gleichzeitig war über Frankreich ein gut
ausgeprägtes Höhentief zu finden, das seinen Gegenpart mit hohem Luftdruck über
dem östlichen Mitteleuropa und Teilen von Osteuropa hatte. Das Höhenhoch korrespondierte
mit dem Bodenhoch HANNE mit Zentrum über dem Finnischen Meerbusen. Hoher
Luftdruck verhinderte, dass das Tiefdruckgebiet QUINN sich weiter nach Osten
oder Nordosten verlagern konnte. Durch diese Blockierung bewegte sich das Tief
QUINN in südlicher bis südöstlicher Richtung.
Bis zum Morgen des 16. Februar regnete es in
Ajaccio mit ähnlichen Mengen wie am Vortag, so dass weitere 22 l/m² gemessen
wurden. Das Zentrum der Zyklone QUINN lag nun knapp westlich von Sardinien, wo
der Kerndruck etwas unter 1010 hPa betrug. Von dort verlief eine
Okklusionsfront über Sardinien, entlang der algerischen Küste und über den
Osten Spaniens bis zur Nordküste von Spanien. Dort ging sie in eine Kaltfront
über, die zum Tiefdruckkomplex ROD östlich von Grönland gehörte. Tagsüber gab
es auf der Rückseite der Okklusionsfront an der Côte d’Azur in Frankreich
zwischen Cannes und Toulon und im Norden von Korsika jeweils maximale
Windgeschwindigkeiten von über 80 km/h bis nahe 90 km/h. Dies entspricht
Sturmböen der Stärke 9 auf der Beaufortskala.
Die Niederschlagsmengen bis zum Morgen des
Folgetages zeigten die Schwerpunkte der Wetteraktivität, die mit dem weiteren Aufzug
der Okklusionsfront des Tiefs QUINN über dem zentralen und westlichen
Mittelmeerraum verbunden war. So kamen infolge der gebietsweise schauerartig
verstärkten, gelegentlich von Gewittern begleiteten Regengebiete auf Malta 20
l/m² und in der tunesischen Hauptstadt Tunis immerhin 5 l/m² zusammen. Das
Zentrum des Tiefdruckgebietes QUINN befand sich nun mit einem Kerndruck von
etwas unter 1015 hPa zwischen Sardinien, Sizilien und dem Norden Tunesiens. Von
dort führte die bogenförmige Okklusionsfront zwischen Sizilien und Tunesien,
querte Tunesien von Ost nach West und reichte weiter in westlicher bis nordwestlicher
Richtung bis in die Region der algerischen Hauptstadt Algier. Die Okklusionsfront
des Tiefs QUINN machte sich im Verlauf an der nordafrikanischen Küste
stellenweise durch leichten Regen, hauptsächlich aber durch einige Wolken
bemerkbar.
Am 18. Februar war das Tiefdruckgebiet QUINN zum
letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Der
Wirbel QUINN lag mit seinem Zentrum, in dem ein Kerndruck von etwas unter 1020
hPa herrschte, im Grenzgebiet zwischen Tunesien und Algerien. Von dort
ausgehend, verlief eine hauptsächlich als Warmfront analysierte
Luftmassengrenze in den Norden Tunesiens und weiter über Sizilien bis
südwestlich von Griechenland, wo sie in eine Kaltfront eines unbenannten Tiefs
vor der türkischen Südküste überging. Die kühlere Luft im Norden wurde also
wieder etwas von der wärmeren Luft aus Süden zurückgedrängt. In Teilen von
Tunesien und Algerien sowie auf Sizilien und im Süden Griechenlands herrschte
daraus resultierend überwiegend wolkiges und gebietsweise wechselhaftes, teils
von Schauern und Gewittern geprägtes Wetter, ehe sich in den folgenden Tagen
mit zunehmendem Einfluss des über weiten Teilen Europas aktiven
Hochdruckgebietes ISA das Wetter auch im zentralen Mittelmeerraum und im
angrenzenden Nordafrika beruhigte.
Geschrieben
am 29.04.2015 von Heiko Wiese
Berliner
Wetterkarte: 14.02.2015
Pate:
Houman Gieleky