Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUINN
(getauft am 12.02.2018)
Am 11.
Februar bildete sich an der Ostküste der USA ein Tiefdruckgebilde aus. Dieses
zog bis zum Folgetag mit der westlichen Höhenströmung ostwärts über den
Nordatlantik. Aufgrund der Annahme, dass es sich in den Folgetagen auf das
Wettergeschehen Europas auswirken wird, wurde es in der Analyse am 12. Februar
von der Berliner Wetterkarte auf den Namen QUINN getauft. Tief QUINN befand
sich um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, mit einem Kerndruck von knapp unter 1000
hPa mitten auf dem Nordatlantik. Ein Teil seines Frontensystems war bereits
okkludiert. Das bedeutet, die schneller ziehende Kaltfront hatte die Warmfront
bereits eingeholt und sie vereinigten sich zu einer Front, auch als Okklusion
oder Mischfront bekannt.
Bis zum Tag
nach der Taufe verlagerte sich der Wirbel QUINN unter erheblicher Verstärkung
zu einem Sturmtief über den Nordatlantik hinweg in das Seegebiet zwischen
Island und Schottland. Die Entwicklung zu einem Sturmtief erkennt man u.a.
anhand der starken Drängung der Isobaren, also der Linien gleichen Luftdrucks.
Liegen die Isobaren enger aneinander, so ist der Druckgradient größer und damit
der Wind stärker. Ein Sturmtief wird als solches bezeichnet, sobald es
Bodenwinde der Stärke 9 auf der Beaufortskala, also ab 75 km/h, hervorbringt.
Bis zum Nachttermin des 13. Februars ging die Okklusionsfront über Irland
hinweg und brachte vor allem im Westen Irlands ergiebigen Regen, wobei in Belmullet innerhalb 6 Stunden 15 mm und auf Valentia Island 17 mm fielen. Bei Tiefstwerten zwischen 5
und nahe 0°C ging der Niederschlag teils als Regen und teils als Regen mit
Schnee vermischt herunter. Des Weiteren wurden hauptsächlich im Westen und im
Süden der Insel Sturmmeldungen mit Windgeschwindigkeiten zwischen 90 und 100
km/h registriert. Auf Sherkin Island fegte der Wind
mit 104 km/h hinweg. Laut der Beaufortskala entspricht das schon einem
orkanartigem Sturm.
Zu diesem
Zeitpunkt lag der Kern von Sturmtief QUINN mit einem Luftdruck von 970 hPa zwischen
Schottland und Island. Der Kerndruck hatte sich im Vergleich zum Vortag um 30
hPa vertieft. Dies nennt der Meteorologe auch Bombogenese,
da der Druck breitenkreisabhängig innerhalb von 24 Stunden um mehr als 24 hPa
gefallen ist. Vom Kern ausgehend verlief die fast schon vollständig okkludierte
Front nach Süden hinweg über den Osten Irlands, wo sie sich in etwa auf Höhe
der Biskaya in eine kurze Warmfront und eine ebenfalls kurze Kaltfront
aufspaltete. Die Kaltfront ging, nach etwa 500 km nach Westen verlaufend, in
eine Warmfront eines Tiefs, nördlich der Azoren gelegen, über. Im Laufe des
Tages holte die restliche Kaltfront die Warmfront rasch ein, so dass das
Frontensystem vom Sturmtief QUINN nur noch aus einer Okklusionsfront bestand.
Diese zog weiter nach Osten und überquerte damit ganz Großbritannien und die
Westhälfte Frankreichs. Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis 00 Uhr UTC des
14. Februars auf den Britischen Inseln betrugen 2 bis 10 mm. Besonders zur
Westküste hin sind örtlich auch größere Summen gefallen, wie z.B. in dem an der
Keltischen See gelegenen Camborne, wo 18 mm
registriert wurden. Ähnliche Niederschlagsmengen wurden im Westen Frankreichs
verzeichnet. Dort gab es in der in der östlichsten Bretagne an der Loire
gelegenen Stadt Nantes mit 18 mm die größte Niederschlagsmenge. Zudem wurden an
der Küste zur Biskaya hin in der Mittagszeit teils starke Gewitter beobachtet.
Bei circa 8 bis 11°C an der Küste gab es dort flüssige Niederschläge, während
sich im Binnenland bei 1 bis 6°C örtlich Schnee untermischte. Es kam aber nur
vereinzelt zu einer dünnen Schneedecke. Zuvor sorgte die Warmfront im Norden
Spaniens bis zum Abend des 13. Februars innerhalb von 12 Stunden für große Niederschlagsmengen.
Die ergiebigste Summe kam dabei in Beariz, in
Galicien gelegen, mit knapp 60 mm zusammen. Dazu wurden gebietsweise Sturmböen,
an den Küsten Frankreichs und an der Nordküste Spaniens sowie in den
schottischen Highlands sogar Orkanböen, wie
beispielsweise im nordspanischen Estaca de Bares mit
119 km/h, in Ouessant mit 120 km/h und bis zu 141
km/h im französischen Le Talut, gemeldet.
Nachfolgend
verlor die Okklusion des Sturmtiefs QUINN an Wetterwirksamkeit, da ein weiterer
Sturmwirbel namens RENATE vom Nordatlantik kommend unter Verstärkung zu einem
Orkantief rasch ostwärts zog und somit Sturmtief QUINN verdrängte. Zudem konnte
das Tief nicht bis nach Mitteleuropa vordringen, da es von dem beständigen und
gut ausgeprägten Hochdruckgebiet DINO über Russland blockiert wurde. Daher wich
das Tief nach Norden aus. Zusätzlich spaltete sich der Kern in zwei Teilkerne. Der
Kern des Tiefs QUINN I befand sich nahe dem grönländischen Ort Tasiilaq, welcher der größte Ort im östlichen Grönland ist
und die ruhige Lage am Fjord zu dem Namen führte, der „wie ein ruhiger See“
bedeutet. Der Tiefdruckkern QUINN II lag nordöstlich von Island und war mit Zyklone
QUINN I durch eine okkludierte Front verbunden. Diese Front verlief vom Kern
des Tiefs QUINN II aus weiter nach Süden über Ostengland und Frankreich bis sie
an der Mittelmeerküste in ein weiteres Tief überging. Sein Frontensystem
näherte sich im Tagesverlauf Mitteleuropa, schwächte sich aber soweit ab, dass
es Deutschland keinen Niederschlag mehr brachte und auch sonst nur noch wenig
wetterwirksam war. Bis in die Mittagsstunden des 14. Februars löste sich die
Okklusionsfront zu großen Teilen auf und die zwei Kerne hatten sich wieder zu
einem verbunden. Bis dahin brachte sie kaum nennenswerte 12-stündige
Niederschlagsmengen von maximal 2 mm im Norden Frankreichs. An der Südwestküste
Norwegens kamen noch einmal bis zu 8 mm in Bergen und auf Island 1 bis 5 mm
Niederschlag zusammen.
Bis zum 15.
Februar war Tief QUINN von Island aus weiter nordwärts gewandert. Die
abgeschwächte übrig gebliebene Okklusionsfront löste sich, wie auch der
Tiefdruckkern, im Laufe des Tages auf. Aufgrund dessen konnte das ehemalige
Sturmtief das letzte Mal am 15. Februar als bereits sehr abgeschwächtes
Tiefdruckgebilde auf der Berliner Wetterkarte lokalisiert werden.