Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUINO
(getauft am 10.06.2021)
Zwischen dem Hochdruckgebiet XENIA über
Mitteleuropa und einem Hoch über Nordamerika bildete sich im Bereich tiefen
Luftdrucks über dem Nordatlantik am Ende der ersten Junidekade 2021 eine
Zyklone aus. Anhand der Analysekarte vom 10.06.2021 um 02 Uhr MESZ wurde dieses
Tief auf den Namen QUINO getauft.
Auf der Berliner Wetterkarte lag zu
diesem Zeitpunkt der Kern des Tiefs QUINO rund 500 km südwestlich von Island
bei einem minimalen Luftdruck von ungefähr 979 hPa. Dabei waren sozusagen zwei
Wirbel mit den entsprechenden Fronten ausgeprägt, die westlich unweit des
Zentrums ihren Ursprung hatten. Eine Okklusion, also eine Mischfront mit Warm-
und Kaltfronteigenschaften, erstreckte sich zum Teil über den Norden Islands.
Östlich des Inselstaates lag der Okklusionspunkt, wo Warm- und Kaltfront wie
bei einem Reißverschluss zusammen laufen. Von dort aus erstreckte sich die
Warmfront über das Europäische Nordmeer, wo sich eine Kaltfront anschloss. Die
hakenförmige Kaltfront reichte bis zur Nordsee und ging in eine Warmfront einer
kleinen Welle über. Die Fronten des anderen Wirbels lagen über dem
nordöstlichen Atlantik vor Islands und Irlands Küste. An der Kaltfront schloss
sich wiederum eine Warmfront an. Regenwetter gab es vor allem auf Island, wo
beispielsweise im 24-stündigen Zeitraum bis 08 Uhr MESZ in Akurnes
14,8 l/m² oder in Vestmannaeyjar 11,5 l/m² fielen,
und im Südwesten Skandinaviens. Dort wurden 12-stündige Regenmengen bis zur
selben Uhrzeit von 9,5 l/m² in Furuneset und 6,5 l/m²
in Bergen gemessen. Dazu stieg die Temperatur auf der Vorderseite des
Tiefdruckgebietes QUINO auf beispielsweise 25,8°C in Hakadal
nördlich von Oslo und im Bereich der Fronten auf 11,9°C in Reykjavik oder
19,0°C in Kirkwall.
Einen Tag später, am 11.06., lag der
Kern der Zyklone QUINO mit einem Druck von circa 983 hPa direkt über Island. Zu
gleich langen Anteilen erstreckte sich die Okklusion vom Zentrum nach Nordosten
und als Kaltfrontokklusion mit kühlerer Luft im Schlepptau nach Südwesten. Vom
Okklusionspunkt bei Jan Mayen verlief die Warmfront s-förmig über der südlichen
Barentssee bis zur unteren Petschora. Dort schloss
sich die Kaltfront eines anderen Tiefs an. Die Kaltfront erstreckte sich vom
Okklusionspunkt quer über das Europäische Nordmeer weiter in einem großen Bogen
über die Britischen Inseln bis zum Nordostatlantik, wo sie in eine Warmfront
überging. Kurz hinter der Kaltfront verlief zudem eine kurze Okklusion mit
einer weiteren Kaltfront im Anschluss nordwestlich Großbritanniens. Während es
an der Warmfront nur vereinzelt etwas Regen gab mit beispielsweise 2,2 l/m² in
12 Stunden bis 08 Uhr MESZ an der Station Honningsvag/Valan, die sich am Nordkap befindet, regnete es in der
doppelt so langen Zeitspanne bis 08 Uhr MESZ auf Island mehr. Zum Beispiel
waren es in Bolungavik 12,1 l/m² und 8 l/m² in Blonduos. Schauer fielen dazu im Wirkungsbereich der
Kaltfront im Vereinigten Königreich und im Südwesten Norwegens. Bis zur
genannten Uhrzeit kamen in 12 Stunden in Bergen 4,9 l/m² oder 11 l/m² im
walisischen Capel Curig, dem nassesten Ort der
Britischen Inseln, zusammen. Vor der Kaltfront wurde dabei Warmluft bis nach
Skandinavien transportiert mit Höchstwerten von 26,6°C in Trondheim oder 25,5°C
in Kuusamo. Hinter der Kaltfront wurden in maritimer Polarluft kühlere 18,4°C
in Dublin und 16,7°C in Glasgow erreicht. Noch kälter war es auf dem
regnerischen Island mit maximal 11,5°C in Akurnes
oder 7,7°C in Gufuskálar.
Neben dem bisherigen Zentrum an einer
Okklusion, das nun die Bezeichnung QUINO I zwischen Island und der
Skandinavischen Halbinsel erhielt, bildete sich bis zum nächsten Tag im Bereich
des Okklusionspunktes der Kern QUINO II zwischen Spitzbergen und den Lofoten
aus. Beide Zentren hatten einen Kerndruck von ungefähr 993 hPa am Boden. Die
Okklusion verband gewissermaßen die beiden Kerne, wobei sich zusätzlich eine
Kaltfrontokklusion südöstlich Islands und des Kerns über dem offenen Meer
befand. Die Warmfront verlief vom Okklusionspunkt in östlicher bis südöstlicher
Richtung bis in den Westen Sibiriens, wo sich eine Kaltfront anschloss. An
dieser Front stieg langsam Warmluft über Kaltluft auf und es entstand
schichtartige Bewölkung, aus der Niederschlag fiel. Auf Nowaja Semlja gab es dabei in 24 Stunden bis 08 Uhr MESZ 6 l/m².
Die bogenförmige Kaltfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt über Schweden
bis zum Ärmelkanal. In derselben Zeit fiel an der Station Bolungarvík
auf Island entlang der Kaltfrontokklusion, einer Mischfront mit
Kaltfronteigenschaften, 3,1 l/m² Niederschlag. An der Kaltfront regnete es vor
allem in Norwegen und Schweden mit beispielsweise 18 l/m² in Hoting oder 25 l/m² in Börtnan in
12 Stunden bis 08 Uhr MESZ. Weiter südlich waren es noch einzelne Schauer mit
maximal 5,2 l/m² in Ottersberg-Otterstedt bei Bremen. Hinter der Warmfront
wurde immer noch sehr warme Luft bis in den äußersten Norden Europas
transportiert mit Höchstwerten von 25,9°C in Murmansk, 26,8°C in Oulu und
26,4°C in Kolezma am Weißen Meer. Mit der Passage der
Kaltfront wurden nur noch zum Beispiel 14,5°C in Bergen und 18,2°C im
schottischen Aviemore erreicht.
Mit einem weiter steigenden Kerndruck
von rund 996 hPa befand sich das Zentrum des Höhentiefs QUINO über dem Nordmeer
auf halber Strecke zwischen Spitzbergen und Norwegen. Ausgehend von den
Shetland-Inseln verlief die Okklusion parallel zu Norwegens Küste hakenförmig
über das Meer. Unweit östlich des Kerns erstreckte sich vom Okklusionspunkt die
Warmfront von polaren Gewässern über Nowaja Semlja
bis nach Westsibirien, wo sich noch immer eine Kaltfront anschloss. Ebenfalls
vom Okklusionspunkt ausgehend lag die Kaltfront über dem Westen Finnlands und
dem Baltikum und verlief anschließend bogenförmig über den Balkan bis zur
Schweiz. Neben marginalem Niederschlag an der Warmfront gab es an der Kaltfront
infolge des plötzlichen Einfließens kalter Luftmassen schauerartigen Regen mit
12-stündigen Regenmengen bis 08 Uhr MESZ von 18 l/m² in Jyväskylä und 29 l/m²
in Brest. Schauer zogen im Bereich der Mischfront besonders über die Mitte
Norwegens hinweg mit beispielsweise 13 l/m² in Bodø.
Mit der Verlagerung nach Osten gelangen Skandinavien und weite Teile
Mitteleuropas unter Einfluss arktischer und polarer Luftmassen mit Höchstwerten
von 11,4°C in Trondheim, 22,3°C in Norrköping oder 15,8°C in Wroclaw. Die
wärmere Luft des Warmsektors zwischen Warm- und Kaltfront lag nun über dem
Westen Russlands, wo zum Beispiel in Kanevka 26,8°C
und in Demjansk 27,9°C gemessen wurden.
Bis zum 14.06. zog der Kern des Wirbels
QUINO nach Nordosten und lag um 02 Uhr MESZ rund 350 km südöstlich von
Spitzbergen über der Barentssee, wo ein minimaler Druck von circa 989 hPa
registriert wurde. Südwestlich des Zentrums verlief die Okklusion über das
Polarmeer. Nach Osten erstreckte sich die Warmfront ausgehend vom
Okklusionspunkt im Zentrum und die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt quer
über der Barentssee bis in den Westen Russlands, wo diese in eine Warmfront
überging. Dem südlichen Teil der Kaltfront war eine Konvergenzzone vorgelagert,
wo am Boden zwei Luftmassen aufeinandertrafen. Es bildeten sich noch einzelne
Schauer entlang der Kaltfront mit beispielsweise 5 l/m² in Kondopoga
und 3 l/m² in Lowozero auf der Halbinsel Kola in der
12-stündigen Zeitspanne bis 08 Uhr MESZ. Im Einflussbereich der Okklusion
schneite es auf Spitzbergen. Im genannten Zeitraum kamen so 9 l/m² in Hopen bei einer Höchsttemperatur von -1,3°C zusammen. Mit
maximal 25,9°C in Twer war es etwa 3 bis 5 Kelvin wärmer als hinter der
Kaltfront mit einer Maximaltemperatur von beispielsweise 20,9°C in St.
Petersburg.
Bis zum darauffolgenden Tag hatte sich
das Tiefdruckgebiet QUINO erneut verstärkt und lag nun mit einem Zentrumsdruck
von knapp 984 hPa östlich von Spitzbergen. Die halbkreisförmige Okklusion, an
der die Warmluft komplett vom Boden gehoben wurde, verlief vom östlichen Teil
Spitzbergens bis zur Barentssee. Nah am Nordkap schloss sich eine weitere
Mischfront an. 2,4 l/m² Schnee fielen dabei an der Station Hopen
in 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ und 2 l/m² Regen auf Nowaja Semlja
innerhalb 24 Stunden. Auf der Vorderseite der Zyklonen QUINO und ROBERT,
welches über der Mitte Skandinaviens lag, wurde warme Luft bis in die
Polarregion transportiert mit einer Höchsttemperatur von 8°C auf Nowaja Semlja. Auf Spitzbergen waren es hingegen nur
beispielsweise 2,2°C in Hornsund.
Bis zum nächsten Tag verlagerte sich
die Zyklone QUINO weiter nach Nordosten und zog damit aus dem Erfassungsgebiet
der Berliner Wetterkarte heraus. Somit war der 15.06. der letzte der insgesamt
6 Lebenstage des Tiefdruckgebietes QUINO, zumindest auf der Berliner
Wetterkarte, die Reise in Richtung Arktik setzte sich
fort.