Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUINTA
(getauft
am 06.09.2020)
Im
Laufe des 06.09.2020 begann sich im Seegebiet östlich von Neufundland entlang
der sich wellenförmig deformierenden Kaltfront des zwischen Grönland und Island
liegenden Tiefs PIA ein neuer Tiefdruckwirbel auszubilden. Seine
voranschreitende Entwicklung und weitere Ausprägung wurde anhand der
Prognosekarte für 12 UTC des darauffolgenden Tages für den westatlantischen
Raum vorhergesagt. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der
Berliner Wetterkarte diesen Wirbel auf den Namen QUINTA zu taufen.
Am
07.09. selbst befand der sich noch in der Frühphase seiner Entwicklung
befindliche Wirbel zunächst südlich von Grönland, auf einem Breitengrad mit
Neufundland. Sich allmählich verstärkend wurde er jedoch unterhalb der starken
westlichen Strömung des Jetstreams entlang der Südflanke des ihn steuernden und
sich nach Island verlagernden Tiefs PIA rasch nach Osten geführt und befand
sich kaum 24 Stunden später, gegen 00 UTC des 08.09., mit einem Kerndruck von
knapp unter 1020 hPa bereits westlich vor Irland. Von seinem Kern reichte zu
diesem Zeitpunkt sowohl eine Warmfront über Irland nach Osten, die sich über
Wales mit dem Frontensystem des Tiefs PIA verband, als auch eine Kaltfront in westlicher
Richtung auf den Atlantik hinaus. War das Tief QUINTA zunächst nur geringfügig
wetterwirksam gewesen, hatten Hebungsprozesse im Kernbereich des Wirbels als
auch entlang seines kernnahen Frontensystem auf ihrem Weg über den Atlantik
zunehmend zur Ausbildung eines Niederschlagsfeldes geführt. Dieses streifte im
Laufe des Vormittages zunächst Irland und schritt mit dem Tief in der zweiten
Tageshälfte über Schottland nach Nordosten voran. Dabei brachte der
einsetzende, zumeist leichte Regen innerhalb von 24 Stunden bis 06 UTC des
darauf folgenden Morgens am Mace Head im Süden der Grünen Insel 3,5 mm, am
Malin Head im Norden 4,6 mm und an der Station im Ballypatrick
Forest 5,6 mm mit sich. Etwas ergiebiger fielen die Niederschläge dagegen in
Schottland und den umliegenden Inseln aus. Hier waren im selben Zeitraum in Aultbea 8,6 mm, am Flughafen von Kirwall
(Orkneyinseln)
10,6 mm und in Kinloss 15,6 mm gefallen. In der Nacht zum 09.09. hatte das Regengebiet bereits die südnorwegischen
Küsten erreicht. Beim Auftreffen der feuchten Luftmassen auf die dortigen
Gebirgsketten und dem damit einhergehenden erzwungenen Aufgleiten in deutlich
kühlere Luftschichten, erfuhren die Niederschläge zusätzliche Intensivierung.
Im Zusammenspiel mit dem zuvor für die Region wetterbestimmenden, nunmehr vor
Nordnorwegen liegenden Tiefs PIA wurden dort binnen 24 Stunden am Leuchtturm
der vorgelagerten Insel Utsira 16,5 mm, in Sauda 21,4 mm und in Takle 28,9 mm registriert. Von der
Station am See Liarvatn wurden gar 31,5 mm und aus
Bergen bis zu 37,2 mm gemeldet.
Bis
00 UTC des 09.09. hatte der Kern des Tiefdruckwirbels den Norden
Großbritanniens überquert und befand sich mit einem auf unter 1010 hPa
gefallenen Druck über der Nordsee, nordöstlich von Edinburgh. Seine Warmfront
erstreckte sich über die zentrale Nordsee und die Niederlande in Richtung der
Alpen ehe sie nahe München erneut in das Frontensystem eines Ablegers des Tiefs
PIA mit Kern über Westrussland überging. Die ihr folgende Kaltfront zog sich
vom Kern des Wirbels in einem weiten Bogen über Wales und die Keltische See auf
den Atlantik hinaus. Das Tiefdruckgebiet QUINTA verlagerte sich im Tagesverlauf
weiter zügig gen Osten. Zwar zogen mit ihm auch dessen Niederschläge aus Norwegen
ab, doch konnten diese zunächst noch weiterhin recht ergiebig ausfallen. Im
Verbund mit dem für die Region nach Abzug des Wirbels erneut wetterwirksam
werdenden Tiefs PIA, an dessen Südflanke der Zustrom feuchter Luftmassen an die
Küsten Norwegens beständig anhielt, waren binnen 24 Stunden im Raum Bergen
nochmals 12,1 mm, in Sauda 12,3 mm und in Takkle 17,0 mm gemessen werden. An der Station bei Kvamskogen führte der anhaltende Regen bis zu 28,8 mm mit
sich. Beim Überqueren Skandinaviens verloren die Niederschläge vorübergehend an
Intensität, doch konnte das Tief mit zunehmender Annäherung an die Ostsee
alsbald erneut an Feuchtigkeit gewinnen. Waren in Schweden in Floda 8,5 mm, in Torup 13,8 mm
und in Ullared 14,3 mm gefallen, brachte der
einsetzende, teils schauerartig verstärkte Regen auf der anderen Seite des
Meeres im litauischen Mažeikiai 17,0 mm, auf der
estnischen Insel Ruhnu 22,5 mm und im lettischen Kolka 23,0 mm mit sich. Im Raum Helsinki waren es im selben
Zeitraum je nach Station bis zu 13,1 mm, im etwas nordwestlich gelegenen
Tampere 15,6 mm und im zentralfinnischen Halola gar
36,0 mm. Deutschland gelangte ebenfalls in den Einflussbereich des sich im
Tagesverlauf in den Ostseeraum verlagernden Wirbels QUINTA. Dabei streifte
zunächst seine Warmfront den Norden des Landes, brachte aber bis auf dichte
Wolkenfelder keine nennenswerten Niederschläge. Dies änderte sich am Abend und
in der Nacht, als die ihr nacheilende Kaltfront über das Land in südöstlicher
Richtung querte, jedoch fielen im Gegensatz zu Skandinavien und dem Ostseeraum
die Regenmengen über Deutschland weitaus geringer aus: Bei Waren an der Müritz
waren in 24 Stunden 3,4 mm, in Glücksburg und Bremervörde je 4,0 mm und auf dem
Brocken, von stürmischen Böen bis 72 Stundenkilometern begleitet, 5,6 mm
gefallen. Ansonsten beliefen sich die Niederschlagsmengen zumeist zwischen 0,2
und 2 Millimetern. In Süddeutschland blieb es bei reichlich Sonnenschein und
fast wolkenlosem Himmel hingegen gänzlich niederschlagsfrei. Dort stieg die
Temperatur vielerorts auf Werte jenseits der 25-Grad-Marke, während sich ganz
im Nordwesten bereits die hinter der Kaltfront einfließenden maritimen
Luftmassen polaren Ursprungs bemerkbar machten. Wurde in Bamberg ein Höchstwert
von 26,5°C, in Freiburg im Breisgau von 27,5°C und in Mannheim von 28,4°C
gemessen, kletterte das Quecksilber im wolkenverhangenen Leck auf maximal
18,2°C, in Schleswig auf 18,7°C und in Bremerhaven auf 19,3°C. In den übrigen
Landesteilen lagen die Tageshöchstwerte zumeist im Bereich zwischen 22°C und
spätsommerlichen 25°C.
Mit
einem in der Zwischenzeit um 20 hPa gefallenen Kerndruck befand sich Tief
QUINTA am 10.09. gegen 00 UTC nordwestlich von Helsinki, unweit von Tampere.
Der Wirbel war nunmehr am Höhepunkt seiner fast klassischen
Tiefdruckentwicklung angekommen: Seine voranschreitende Kaltfront hatte
begonnen die ihr vorlaufende Warmfront einzuholen. Die aus dem Zusammenschluss
beider entstehende, oftmals durch ergiebigen Regen gekennzeichnete jedoch zu
diesem Zeitpunkt zunächst noch kleinskalige Okklusionsfront erstreckte sich vom
Kern bei Tampere bis nach Helsinki. Vom dortigen Okklusionspunkt, der Stelle an
der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen, reichte die Warmfront über Weliki Nowgorod (Westrussland) und Minsk bis nach Lwiw im
Nordwesten der Ukraine. Die ihr nacheilende Kaltfront beschrieb dagegen einen
Bogen über Riga, Prag bis nach Paris und weiter in westlicher Richtung über die
Biskaya auf den Atlantik hinaus. Eine weitere, jedoch nur in der Höhe
analysierbare Okklusionsfront reichte vom Kern des Tiefs nach Åland. Sein Niederschlagsfeld
konzentrierte sich mit seinen höheren Intensitäten im Wesentlichen auf das
Zentrum des Wirbels sowie entlang der sich kontinuierlich weiter ausprägenden
Okklusionsfront. Es zog in der ersten Tageshälfte aus dem Baltikum ab und
verlagerte sich mit dem Wirbel über Finnland in den Norden Russlands. Dabei
fielen in einem breiten Streifen bis ans Weiße Meer vielerorts weiterhin
Regenmengen von über 15 mm in 24 Stunden. Während es im Großraum Helsinki
bereits trocken blieb, wurden aus dem nur wenig nördlich gelegenem Lepola 13,9 mm, vom Flughafen Mikkeli
26,3 mm und aus der zentralfinnischen Gemeinde Vesanto
27,8 mm gemeldet. Ehe sie aus der Region abzogen waren in Tallin noch 9,1 mm
und im lettischen Madona sowie in St. Petersburg 8,0
mm gefallen. Im östlich von St. Petersburg gelegenen Tichwin wurden
dagegen 15,0 mm, in Tscherepowez, am Rybinsker
Stausee gelegen, 21,0 mm und am nördlichen Ende des Onegasees,
bei Medweschjegorsk, 23,0 mm registriert. In den
Regionen um Wolodga und in Karelien bildeten sich
lokale Gewitter aus. Sie führten in Babajewo 12,0 mm
und in Pudosch 15,0 mm mit sich. Für Deutschland wurde mit zunehmender Entfernung des Tiefs
QUINTA das aus Frankreich aufziehende Zwischenhoch KEVIN wetterbestimmend.
Dieses verlagerte sich zwar im Tagesverlauf weiter nach Polen, jedoch folge ihm
schon bald der Azorenhochableger LEIKI, wodurch sich insgesamt eine schwache
Hochdruckbrücke auszubilden begann. Die Kaltfront des Tiefs QUINTA kam über
Deutschland nur noch wenig südwärts voran und wurde in ihrer Lage in etwa auf
der Linie Saarland - Franken - Vogtland stationär. In ihrem Bereich dominierten
dichte Wolken und leichter Regen oder Sprühregen den Wettercharakter. Größere
Niederschlagsmengen fielen jedoch nicht: Saarbrücken und Nürnberg meldeten je
0,8 mm, Berus 2,8 mm und Weinbiet
3,8 mm. Sonst wurden in ihrem Bereich meist unter 0,5 mm oder gar nur vereinzelte
Tropen registriert. Vor der Front überwog ein recht freundlicher sowie
trockener Sonne-Wolken-Mix mit Tageshöchstwerten von 23,8°C in der Innenstadt
Münchens, 25,7°C in Freiburg und 26,6°C am Bodensee bei Konstanz. In der hinter
der Kaltfront aus Nordwest bis West einfließenden kühleren Meeresluft bildeten
sich zwar vermehrt Quellwolken aus, dennoch überwog auch hier ein recht
freundlicher sowie sonnenscheinreicher Wettercharakter mit Höchsttemperaturen
zwischen 17°C an der Küste und 21°C im Inland. Regen fiel trotz erhöhter
Schauerneigung abgesehen vom äußersten Norden kaum: Hannover und Cuxhaven
meldeten lediglich vereinzelte Tropfen ohne messbaren Niederschlag, Itzehoe und
Rostock registrierten jeweils 0,1 mm und List auf Sylt immerhin 1,1 mm.
Um
00 UTC am 11.09. befand sich der Kern des Wirbels QUINTA mit einem Druck von
weiterhin knapp 990 hPa bereits nahe Archangelsk, im Nordwesten Russlands. Das
Tief hatte seinen Höhepunkt überschritten und näherte sich zunehmend der
Endphase seiner Entwicklung. Seine Warmfront war in den vergangenen 24 Stunden
vollständig von der ihr nachfolgenden Kaltfront eingeholt worden. Die daraus
resultierende Okklusionsfront reichte südlich des Kerns beginnend in einer
Spirale um den Kern herum bis nach Kasan, im Westen Russlands an der Wolga
gelegen. Ab Kasan den Charakter einer Kaltfront annehmend, erstreckte sie sich
anschließend weiter über Charkiw (Ostukraine) nach
Westen in Richtung der Karpaten. Über den Ostkarpaten lediglich noch in der
Höhe analysierbar und nördlich der Alpen Warmfrontcharakter annehmend endete
die Front nahe Freiburg im Breisgau. Von einigen Wolkenfeldern abgesehen zeigte
sich die Front über Deutschland und Osteuropa jedoch nur noch geringfügig wetterwirksam.
Niederschläge fielen kaum. Hoch KEVIN war in der Zwischenzeit für weite Teile
Mittel- und Osteuropas wetterbestimmend geworden. In Deutschland blieb es bei
einem freundlichen Mix aus Sonne und Quellwolken und von seltenen Ausnahmen
abgesehen weitgehend niederschlagsfrei: Hannover meldete nochmals vereinzelte
Tropfen, die Station auf dem Brocken registrierte 0,1 mm und jene in List auf
Sylt 0,2 mm. Dagegen hielten über Nordwestrussland im Kernbereich des Tiefs
QUINTA als auch entlang seiner Okklusionsfront die Niederschläge weiter an.
Allgemein an Intensität verlierend verlagerten sie sich mit dem Tief in
Richtung des Nordurals und brachten dabei in Syktywkar 4,9 mm, in Kosland 10,0 und bei Lun, einer Gemeinde östlich von
Syktywkar, 14,0 mm mit sich. Im westlich von Wokruta
gelegenen Narjan-Mar konnten noch bis zu 31,0 mm
registriert werden, aus Archangelsk selbst wurden hingegen keine relevanten
Wettererscheinungen gemeldet. Tags zuvor waren dort noch 15,9 mm binnen 24
Stunden gefallen.
Gegen
00 UTC hatte das Tief QUINTA die nördlichen Ausläufer des Urals erreicht und
lag mit einem auf 995 hPa leicht angestiegenem Kerndruck am 12.09. nördlich von
Workuta. Von seinem Kern gingen nunmehr zwei Okklusionsfronten aus: Eine erste
erstreckte sich östlich, die zweite westlich der Gebirgskette nach Süden. Auf
seiner östlichen Zugbahn verließ der sich zunehmend abschwächende
Tiefdruckwirbel im Tagesverlauf den von der Berliner Wetterkarte erfassten
Analysebereich in Richtung der Sibirischen Weiten, sodass er nachfolgend nicht
mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Zuvor brachte zumeist
leichter, doch örtlich mitunter auch weiterhin schauerartig verstärkter Regen
in Workuta 6,3 mm, in Perm 4,0 mm und bei Saranpaul 0,3 mm mit sich. Auf Tief QUINTA folgte im Laufe des 13. und
14.09. der vom Europäischen Nordmeer über Nordskandinavien aufziehende
Tiefdruckkomplex RENATE und führte erneut Niederschläge in den Norden
Russlands. In West- und Mitteleuropa wurde dagegen nach Abzug des Hochs KEVIN
das sich vom Azorenhoch abkoppelnde Hochdruckgebiet LEIKI wetterbestimmend. In
Deutschland setzte sich somit ein ruhiger und freundlicher Wettercharakter
durch. In den Folgetagen stiegen in vielen Regionen die Temperaturen nochmals
auf Werte jenseits der 30-Grad-Marke an und erreichten damit hochsommerliches
Niveau. Nur vorübergehend streiften am 13.09. Ausläufer des Nordmeertiefs
RENATE mit geringem Regen den Norden des Landes. Niederschlagsmengen über einem
Millimeter in 24 Stunden blieben dabei jedoch die Ausnahme.