Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUINTINA
(getauft
am 02.07.2016)
Anfang Juli 2016 wurde das Wetter in Mitteleuropa von einem
Tiefdruckgebiet in der Höhe bestimmt, wobei sich die Strömung in etwa 5,5 km
Höhe von der Südspitze Grönlands nach Süden über den Ärmelkanal und über
Skandinavien nach Norden erstreckte. Am Boden entstand an der Luftmassengrenze
von kühlen polaren Luftmassen im Norden und wärmeren Luftmassen subtropischen
Ursprungs ein Tiefdruckgebiet. Dieses verlagerte sich der Höhenströmung folgend
weiter nach Osten über den Nordatlantik und sollte das Wetter in Mitteleuropa
beeinflussen. Daher wurde dieses Tiefdruckgebiet in der Prognose für den
Folgetag am 02.07. auf den Namen QUINTINA getauft.
Am Tag seiner Entstehung befand sich das Tief QUINTINA um 00 Uhr
UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, mit einem Kerndruck von circa 1018 hPa über der
Keltischen See. Vom Kern des westlich vor Penzance in
Cornwall liegenden Tiefdruckwirbels gingen zwei Fronten aus. Zum einen zog sich
eine Warmfront in einem Bogen über den Ärmelkanal nach Südwesten bis nach
Santiago de Compostela in Galicien und zum anderen
erstreckte sich eine Kaltfront vom Zentrum nach Westen, ehe sie über dem
Atlantik weit südlich von Island in die Warmfront des südlich von Grönland
liegenden Tiefs RENATE überging. Bereits in der ersten Tageshälfte konnte die Kaltfront die ihr voraus laufende jedoch
langsamere Warmfront in Teilen einholen, sodass sich ab 12 Uhr UTC vom Kern
ausgehend eine sogenannte Okklusionsfront ausbildete. Als eine Okklusionsfront
wird eine Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und
Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Durch einsetzende
Hebungsprozesse entwickelte sich entlang des Tiefdruckwirbels QUINTINA ein
Niederschlagsgebiet, welches sich mit dem Wirbel QUINTINA im Tagesverlauf über
den Ärmelkanal nach Frankreich verlagerte. Das entstandene und um den Kern am
stärksten ausgeprägte Regengebiet brachte zunächst Mittel- und Südengland, und
anschließend der Normandie sowie der Bretagne leichte bis mäßige und teils von
Schauern durchsetzte Niederschläge. Die gemessenen Regenmengen fielen dabei
sehr unterschiedlich aus. Bis 18 Uhr UTC wurden Innerhalb von 12 Stunden aus
Bournemouth 0,8 mm, aus Herstmonceux 3,6 mm und vom
Flughafen der Kanalinsel Guernsey 5,0 mm gemeldet. In Mittelengland und Wales
hingegen wurde zumeist nur geringer Sprühregen oder leichter Regen mit 24-stündigen
Niederschlagsmengen von unter 0,2 mm registriert. Etwas ergiebiger fielen die
Niederschläge dem gegenüber in Nordfrankreich aus. Bis 18 Uhr UTC wurden bei
Dünkirchen in 12 Stunden 3,2 mm, in Deauville 5,8 mm
und in Caen 6,8 mm gemessen. In der Ortschaft Saint Helier
auf der zu England gehörenden Kanalinsel Jersey, über die das Zentrum des
Wirbels QUINTINA während der Mittagsstunden zog, fielen während eines Schauers
binnen 12 Stunden bis zu 43,0 mm, aus der nur 7,5 Kilometer entfernt gelegenem
Messstation am Flughafen von Jersey wurden für den selben Zeitraum hingegen nur
4,4 mm Niederschlag gemeldet. Von lokalen Ausnahmen abgesehen löste sich das
Niederschlagsfeld nach Abzug aus England bis etwa 18 Uhr UTC über
Nordfrankreich weitestgehend auf, so dass in der Nacht zum 04.07. in der Region
überwiegend kein Niederschlag mehr beobachtet werden konnte.
Bis 00 Uhr UTC des 04.07. hatte sich der Kern des sich bereits
rasch abschwächenden Tiefdrucksystems QUINTINA nach Frankreich verlagert und befand
sich mit einem Druck von knapp 1022 hPa unweit der Stadt Rouen. Vom Kern
erstreckte sich eine Okklusionsfront in südöstlicher Richtung bis zu ihrem
Okklusionspunkt nahe Verdun, wo sie sich in eine Warm- und eine Kaltfront
teilte. Die Warmfront reichte vom Okklusionspunkt in Richtung Alpen bis nach
Genf, während die Kaltfront von Verdun ausgehend einen Bogen über Châteauroux und Nantes nach Nordosten beschrieb und
anschließend über der Bretagne in die Warmfront des sich von Westen nähernden
Tiefs RENATE überging. Mit dem Aufzug der Warmfront wurden die polaren
Luftmassen durch maritime subtropische Luftmassen verdrängt, so dass vielerorts
im Süden Frankreichs eine Erhöhung der Tageshöchsttemperatur registriert werden
konnte. Beispielsweise meldete Toulouse am Vortag noch 26,0°C, an diesem Tag
hingegen 31,2°C. Aber auch in Carcassonne stieg die
Temperatur von maximal 26,6°C am vorherigen Tag auf 33,6°C. Weiter nördlich war
es zwar noch etwas kühler, aber auch dort konnte ein Anstieg der Temperatur
beobachtet werden. In Chartres wurde mit 22,7°C eine
um 5 Grad höhere Maximaltemperatur an diesem Tag gemessen. Im Bereich der Beneluxstaaten
hatte sich im Laufe des 04.07. noch einmal ein kleinräumiges
Niederschlagsgebiet mit vereinzelten eingelagerten Schauern ausbilden können.
Dieses brachte in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC bei Metz 1,4 mm, in der Stadt Luxemburg
3,0 mm und im belgischen Diepenbeek 4,0 mm mit sich.
Bis auf wenige Ausnahmen fielen ansonsten, wie beispielsweise verbreitet über
Holland, oft nur vereinzelte Tropfen oder nur geringfügige beziehungsweise kaum
messbare Niederschlagsmengen. Einige Schauer erreichten dennoch den Westen
Deutschlands: In Hahn am Hunsrück wurden zwölfstündig bis 18 Uhr UTC 1,4 mm,
bei Saarbrücken 1,9 mm und am Fernmeldeturm auf dem Petrisberg
in Trier 2,2 mm gemessen.
In der zweiten Tageshälfte löste sich das Tief QUINTINUA zunehmend
auf. Die Fronten gingen anschließend in die Zirkulation der nachfolgenden
Zyklone RENATA über, so dass das Tiefdruckgebiet QUINTINA bereits am 05.07.
nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert
und somit am Folgetag auch nicht mehr namentlich auf jener verzeichnet werden
konnte.
Geschrieben am 18.08.2016 von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 04.07.2016
Pate: Dr. Gerd Strasser