Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUINTINA

(getauft am 16.04.2016)

 

Am 15.04.2016 befand sich über Grönland ein Tiefdruckgebiet, an dessen Frontensystem sich über dem Süden Grönlands ein weiteres, aber schwächeres Tiefdruckgebiet entwickelte. Aufgrund der prognostizierten Wetterwirksamkeit für Europa wurde dieser neu entstandene Wirbel in der Analyse der Berliner Wetterkarte vom 16.04.2016 auf den Namen QUINTINA getauft. Am Tauftag befand sich das Tiefdruckgebiet QUINTINA über der südöstlichen Küste von Grönland. Mit einem anfänglich schwachen Kerndruck von 1010 hPa schloss sich Tief QUINTINA mit dem in der Nähe befindlichen Tiefdruckgebiet und dessen Frontensystem zusammen. Dieses Frontensystem wies eine vorlaufende Warmfront westlich von Island auf und eine nachfolgende Kaltfront über der südöstlichen Küste Grönlands. Schon ab 06 Uhr UTC, welches einer Zeit von 08 Uhr MESZ gleicht, erreichte die aus Westen kommende Warmfront die Küsten und anschließend das Festland Islands. Trotz dadurch entstandener Aufgleitbewegungen von Luftmassen ließen sich in der westlich liegenden Hauptstadt Reykjavík jedoch keine wesentlichen Niederschlagsmengen verzeichnen. Dort fielen in 9 Stunden nur 1 mm bis 18 Uhr UTC. Innerhalb des Warmsektors, welcher sich hinter der Warmfront und vor der Kaltfront befindet, stiegen die Temperaturen in der isländischen Hauptstadt im Laufe des Tages auf maximal 5,4°C an. Nachdem die Warmfront bereits über den östlichen Küstenregionen von Island lag, überquerte nachfolgend die Kaltfront ab 18 Uhr UTC den Westen Islands. Sie sorgte für Tiefstwerte in der darauf folgenden Nacht bis zu 1,2°C.

Zum 17.04.2016 verlagerte sich das Tief QUINTINA aufgrund einer westlichen Höhenströmung in 5,5 km nach Osten und lag nun mit dem Kern direkt über Island. Der Wirbel QUINTINA verstärkte sich bis dato auf einen Kerndruck von 990 hPa. Die Warmfront lag dabei über dem Europäischen Nordmeer und erreichte den Norden von Schottland. Auf der Hälfte der Strecke zwischen der Warmfront und Island erstreckte sich anschließend die Kaltfront, die sich bis hinaus über den Atlantik zog. In der zweiten Tageshälfte gab es über Island eine verstärkte Drängung der Isobaren, den Linien gleichen Luftdrucks, sodass in den 3 Stunden zwischen 18 Uhr UTC und 21 Uhr UTC die mittlere Windgeschwindigkeit in dem im Nordosten Islands liegendem Ort Grímsstaðir bei 81,5 km/h lag. Diese Windgeschwindigkeit entspricht der Stärke 9 der Beaufort-Skala, wodurch sich der Tiefdruckwirbel QUINTINA zu einem Sturmtief entwickelt hatte. Gegen Ende des Tages entwickelte sich nördlich der westlichen Höhenströmung ein Höhentief, dessen Zentrum sich über den Kern der Zyklone QUINTINA verlagerte. Durch diesen Prozess verstärkte sich das Bodentief QUINTINA etwas. Des Weiteren holte die nachfolgende, längere Kaltfront die vorlaufende, kürzere Warmfront ein. Die kalten Luftmassen der Kaltfront ließen somit die warmen Luftmassen der Warmfront aufsteigen, was eine Okklusion kennzeichnet. Durch diese Okklusion und der weiteren Aufgleitbewegung wurde dabei in dem Ort Kvamsøy im westlichen Norwegen Niederschlagsmengen von 9 mm in den 6 Stunden zwischen 18 Uhr UTC und 00 Uhr UTC gemessen.

Bis zum 18.04.2016 erreichte das Sturmtief QUINTINA einen minimalen Kerndruck von 985 hPa. Durch eine anhaltende westliche Höhenströmung wurde die Zyklone QUINTINA weiter nach Osten verlagert und befand sich mit dem Kern über dem Europäischen Nordmeer. Die Okklusion erstreckte sich nördlich vom Tiefzentrum ausgehend über die südwestliche Küste Norwegens und verlief dann als Kaltfront über die Nordsee, Schottland sowie Nordirland bis hinaus über den Atlantik. Im weiteren Tagesverlauf überquerte der Wirbel QUINTINA das Skandinavische Gebirge und sorgte dabei besonders in Norwegen für hohe Niederschlagsmengen. Somit fielen innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC in dem westlichen Ort Fossmark in Norwegen bis zu 21 mm Niederschlag. Aufgrund von höhenkalten Luftmassen, welche Instabilität in der Atmosphäre verursachen, entstanden großflächige Schauergebiete. Des Weiteren wurden auf der nordschottischen Insel namens Sule Skerry um 13 Uhr UTC maximale Böen bis zu 101,9 km/h gemessen, welches einem orkanartigen Sturm der Stärke Beaufort 11 gleicht. Nachdem das Tiefdruckgebiet QUINTINA über das skandinavische Gebirge zog, verstärkte sich die Isobarendrängung südlich des Tiefs. Somit war auch Dänemark von hohen Windgeschwindigkeiten betroffen, weshalb zwischen 20 Uhr UTC und 21 Uhr UTC in dem norddänischen Ort Skagen eine mittlere Windgeschwindigkeit von 38,9 km/h -der Stärke Beaufort 6 entsprechend- und sogar maximale Böen der Stärke Beaufort 9 mit 77,8 km/h gemessen wurden.

Der Tiefdruckwirbel QUINTINA lag nach dem Überqueren des Skandinavischen Gebirges am 19.04.2016 mit einem Kerndruck von 995 hPa über Zentralschweden. Das dazugehörige Frontensystem bestand nur noch aus einer sich über dem Europäischen Nordmeer, Norwegen, Schweden, der Ostsee sowie Norddeutschland und England erstreckenden Okklusion. Weiterhin waren besonders die hohen Windgeschwindigkeiten für die Zyklone QUINTINA markant. Es wurden zum Beispiel um 15 Uhr UTC und um 18 Uhr UTC in der nordpolnischen Stadt Łeba weiterhin Windböen der Stärke Beaufort 9 mit einer Windgeschwindigkeit von bis zu 86,5 km/h gemessen. Im gleichen Zeitraum brachte das Tiefdruckgebiet QUINTINA im Norden von Estland in der Stadt Kunda hohe Niederschlagsmengen. In 3 Stunden fielen dort bis zu 10 mm Regen.

Das Sturmtief QUINTINA lag durch die weitere Verlagerung nach Osten am Folgetag mit seinem Kern über Finnland. Der Wirbel QUINTINA schwächte sich jedoch weiterhin ab und erreichte an diesem Tag nur noch einen minimalen Kerndruck von 1005 hPa. Dessen Okklusion zog sich dabei von der Nordsee über Finnland bis zum Kern, den Osten Russlands sowie Weißrussland, wo sie ihren Charakter in den einer Kaltfront wechselte und über Südpolen, Tschechien bis nach Süddeutschland reichte. Trotz der Abschwächung von Wirbel QUINTINA wurden auf der westfinnischen Insel Kylmäpihlaja noch mittlere Windgeschwindigkeiten von bis zu 68,4 km/h gemessen. Diese zu 13 Uhr UTC registrierten Mittelwinde entsprechen der Stärke 8 auf der Beaufort-Skala. Dennoch nahm die Niederschlagsintensität rapide ab, sodass keine nennenswerten Niederschlagsmengen wie noch am Vortag gemessen werden konnten.

Zum 21.04.2016 verlagerte sich das Tief QUINTINA etwas stärker in südöstliche Richtung. Mit einem nicht veränderten Kerndruck von 1005 hPa lag das Zentrum von Tiefdruckgebiet QUINTINA etwa 450 km nördlich von Moskau. Die bereits schwache Okklusion hatte sich aufgelöst. Stattdessen hatte sich eine neue Warmfront ausgehend vom Zentrum des Wirbels QUINTINA ausgebildet und zog sich von dort nach Osten entlang des 60. Breitengrades. An der südöstlich des Weißen Meeres liegenden Stadt Archangelsk sind in den 6 Stunden zwischen 03 Uhr UTC und 15 Uhr UTC nur 2 mm Regen gefallen. Die Windgeschwindigkeiten nahmen zudem sehr stark ab. Die Windmessungen bezüglich des Mittelwindes in Archangelsk und der westrussischen Stadt Syktywkar lagen jeweils um 06 Uhr UTC noch bei maximal 10,8 km/h, welches einem schwachen Wind der Stärke Beaufort 2 entspricht.

Bis zum 22.04.2016 wurde die schwache Zyklone QUINTINA aufgrund einer auf Südwest drehenden Höhenströmung nach Nordosten verlagert. Mit einem weiterhin schwachen Kerndruck von 1000 hPa befand sich das Zentrum von Tief QUINTINA über dem südöstlichen Teil des Barentssee. Die mittlerweile vom Tiefzentrum ausgehende, aber weiterhin schwache Okklusion erstreckte sich nach Südosten über das russische Festland. Im Laufe der folgenden Tage verlagerte sich das Tiefdruckgebiet QUINTINA weiter nach Osten über Sibirien und konnte dementsprechend nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 

Geschrieben am 25.05.2016 von Florian Ruff

Berliner Wetterkarte: 19.04.2016

Pate: Dr. Gerd Strasser (www.verpacken.de)