Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUINTUS

(getauft am 19.11.2017)

 

Aus einem vorgelagerten Frontensystem im Warmsektor eines Tiefs über dem Nordatlantik entwickelte sich am Ende der zweiten Novemberdekade eine Zyklone, welche Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa nehmen sollte. Daher wurde dieses Tief anhand der Analysekarte vom 19.11.17 um 01 Uhr MEZ auf den Namen QUINTUS getauft.

Am Tauftag selbst hatte das Tief QUINTUS ein komplexes Frontensystem über dem Atlantik ausgebildet. Das steuernde Tief mit dem Zentrum nordöstlich von Neufundland erstreckte sich quer über den nördlichen Atlantik bis zu den Britischen Inseln. Hinter dem westlichen Teil der Warmfront und vor der kürzeren Kaltfront im Warmsektor des namenlosen Tiefdruckgebiets befand sich der Kern der Zyklone QUINTUS mit einem minimalen Druck von knapp unter 990 hPa. Zudem hatte die Zyklone bereits eine Okklusion ausgebildet. Dies bezeichnet eine Mischfront, bei welcher die vorlaufende wärmere Luft bereits von der kälteren Luftmasse eingeholt und vom Boden komplett gehoben wurde. Diese Mischfront lag etwa 1500 km westlich der Britischen Inseln. An die spiralförmige Okklusion schloss sich im weiteren Verlauf noch ein kurzes Stück Höhenkaltfront an. Daran reihten sich wiederum mehrere Wellenstörungen, die nur in der Höhe ausgeprägt waren. Beim Durchzug einer solchen Front kommt es nur in den höheren Luftschichten zu einer Abkühlung oder Erwärmung.

Unter einer leichten Abschwächung zog das Tief QUINTUS bis zum nächsten Tag weiter in Richtung Osten. Der Kern mit einem Druck von etwa 998 hPa befand sich nun rund 600 km westlich von Schottland. Dabei blieb das komplexe Frontensystem in Form einer Doppelstruktur erhalten. Westlich des Zentrums erstreckte sich die Okklusion über Irland bis zum zentralen nördlichen Atlantik. Kurz dahinter verlief die Kaltfront, welche im Osten in die Warmfront der Zyklone QUINTUS überging bzw. im Westen von einer Warmfront eines kleinen Tiefdruckgebiets bei Neufundland begrenzt wurde. An der Warmfront glitt langsam die wärmere Luftmasse über die vorgelagerte kühlere Luft auf. Die Warmfront des Tiefs QUINTUS verlief in einem Bogen über den Atlantik, dem Südwesten Schottlands, England, dem Ärmelkanal und die Bretagne. Hinter dieser Front bildete sich ein Warmsektor aus, sodass die Okklusion einen engeren Bogen einschlug und sich östlich des Kerns hauptsächlich über Irland erstreckte. Im weiteren Verlauf schloss sich an dieser Mischfront eine Warmfront einer weiteren kleinen Zyklone über dem Atlantik an. Während in der Bretagne an der Warmfront nur wenig Regen fiel, wie in Quimper und Lorient 0,2 l/m² innerhalb von 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ, kam auf den Britischen Inseln erheblich mehr Niederschlag zusammen. Dort zog zusätzlich noch die Okklusion hinüber. Spitzenreiter waren im selben Zeitraum die Stationen Dundrennan im Süden Schottlands mit 12 l/m², Stornoway auf den Äußeren Hebriden mit 13 l/m² und Capel Curig in Nordwales mit 18 l/m². Im Bereich des Tiefdruckgebietes stiegen die Temperaturen auf Werte zwischen 5,9°C in Kinloss bei Inverness, 11,3°C in Bedford und 15,5°C in Hawarden an der walisisch-englischen Grenze. Wegen des ausgeprägten Hochs über der Polarregion war es über Teilen der Britischen Inseln ziemlich windig. Im Norden von Wales wurden vor allem am Vormittag Böen von etwa 80 km/h erreicht. Dies entspricht Stärke 9 auf der Beaufortskala.

Aus dem beschriebenen Geflecht von Fronten entstand bis zum nächsten Tag u.a. das Tief REINHARD, an dessen Warmfront sich die nur noch schwache Welle QUINTUS anschloss. Mit einem Druck von rund 1007 hPa lag das Zentrum der Zyklone QUINTUS über der Nordsee. Die mit rund 400 km ziemlich kurz ausgebildete Warmfront befand sich um 01 Uhr MEZ über dem Ruhrgebiet und den Niederlanden. Noch kürzer war die Kaltfront, die über der Nordsee lag. Die höchsten 12-Stunden-Niederschlagsmengen wurden in Nordrhein-Westfalen und im Süden von Niedersachsen registriert. Bis 07 Uhr MEZ fielen in Bochum 10,3 l/m², 12 l/m² in Braunlage oder 16,2 l/m² an der Station Remscheid-Lennep. In der maritimen Polarluft vor der Warmfront stiegen die Höchstwerte nur auf 4,8°C in Boizenburg oder 4,3°C in Zehdenick. Mit dem Zustrom milderer Luft erreichte die Temperatur 11,3°C in Belm bei Osnabrück oder 11,5°C am Flughafen von Groningen.

Im weiteren Verlauf hatte sich Tief REINHARD über Schottland verstärkt, sodass sich der Wirbel QUINTUS vollständig auflöste und nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte auftauchte.


 

Geschrieben am 28.12.2017 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 21.11.2017

Pate: Florian Weber