Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUIRINA

(getauft am 20.12.2012)

 

Am 20.12. wurde anhand einer Prognosekarte für den folgenden Tag die Entstehung eines Tiefdruckwirbels am Rande eines ausgeprägten Langwellentroges in 500 hPa, was einer Höhe von etwa 5,5 entspricht, vorhergesagt und auf den Namen QUIRINA getauft.

Schon gegen 00 Uhr UTC, d.h. 01 Uhr MEZ, des 21.12. konnte Tief QUIRINA erstmalig auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden. Ähnlich wie vorhergesagt befand sich das Zentrum mit einem Kerndruck von knapp unter 985 hPa südlich von Grönland, auf einer geographischen Breite mit Bordeaux. Zusätzlich zu diesem ersten Kern konnte mit einem Druck von 990 hPa ein weiteres Zentrum analysiert werden. Beide Zentren waren durch eine Okklusionsfront, d.h. eine Mischfront mit Eigenschaften von Warm- und Kaltfront, miteinander verbunden waren. Östlich des nördlicheren, ausgeprägteren Kerns ging eine weitere Okklusionsfront aus, die ihren Okklusionspunkt circa 400 Kilometer nordöstlich vom Kern hatte. Vom Okklusionspunkt reichte einerseits eine Warmfront nach Südosten, die sich mit einem zu diesem Zeitpunkt noch vor Nordspanien liegendem anderem Tiefdruckwirbel verband. Zum anderen zweigte in südwestlicher Richtung eine Kaltfront ab, die zwischenzeitlich Warmfrontcharakter annehmend weit über den Atlantik lief. Zusätzlich ging westlich vom südlichen Zentrum noch eine weitere Okklusionsfront aus, die sich in südwestlicher Richtung über den Atlantik zog und nahe den Bermuda-Inseln endete.

In den kommenden 24 Stunden zog die Zyklone QUIRINA unter Ausbildung zweier eigenständiger Kerne in Richtung Nordosten. Das zugehörige und mittlerweile weitläufige Frontensystem verlagerte sich mit dem Wirbel ebenfalls nach Osten, welches gegen 00 Uhr UTC zunächst Irland erreichte und im Laufe des Tages Großbritannien und Westeuropa überquerte. Mit diesen Ausläufern stellte sich durch den Zustrom extrem milder und feuchter Luftmassen ein Wetterwechsel über Mitteleuropa ein. Ein großflächiges Niederschlagsband überquerte am 22.12. zunächst Großbritannien. Besonders intensiv fielen dabei die Niederschläge in Wales aus. Dort fielen innerhalb von 36 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages in Trawscoed 45 Liter, in Sennybridge 56 Liter und in Mumbles 60 Liter Regen auf einen Quadratmeter.

Zum 23.12. verstärkte sich die Zyklone QUIRINA zunehmend und verlagerte sich mit ihren beiden Kernen bis 00 Uhr UTC des 23.12. über das Seegebiet zwischen Island und Irland. Ihr ursprüngliches Zentrum QUIRINA I lag mit einem Druck von knapp unter 970 hPa etwa 600 Kilometer südlich von Reykjavik, auf einem Breitengrad mit Oslo, während ihr östlich gelegenes Zentrum QUIRINA II ca. 150 Kilometer von der nordirischen Küste entfernt lag. Beide Zentren waren durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden. Östlich des Zentrums QUIRINA II entsprang eine weitere Okklusionsfront, die sich nahe der Stadt Ballycastle in Warm- und Kaltfront teilte. Die Kaltfront verlief nach Südwesten und verband sich über dem Atlantik mit Tief RITA. Die Warmfront beschrieb einen Bogen über Lockerbie, Amsterdam und Köln und endete nordöstlich von Bern. Nahe dem englischen Newcastle upon Tyne zweigte in südöstlicher Richtung eine zusätzliche Warmfront ab, die nach Überquerung von Langeoog und Prag unweit der Slowenischen Hauptstadt Ljubljana endete. Das großflächige Niederschlagsband, welches Tags zuvor über Großbritannien und Frankreich zog, überquerte nun den deutschen Raum und brachte auch hier teils ergiebige und lang anhaltende Niederschläge mit sich. Spitzenreiter waren hier Carlsfeld mit 36 Liter, Braunlage mit 38 Liter und Schmücke mit 44 Liter Regen pro Quadratmeter, die in einem Zeitraum von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 24.12. fielen. Auf dem Großen Arber in Bayern wurden im selben Zeitraum sogar 58 Liter Niederschlag registriert.

Zum 24.12. verlagerte sich Tief QUIRINA etwas nach Süden und lag somit gegen 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von 980 hPa etwa 1100 Kilometer südlich von Reykjavik, auf einem Breitengrad mit Dublin. Von diesem ursprünglichen Zentrum reichte eine Okklusion mit Warmfrontcharakter in einem Bogen im Uhrzeigersinn um den Kern und zog sich dann nach Osten bis zur Nordspitze Schottlands. Dort lag ein weiteres Zentrum innerhalb der Zirkulation des Tiefs, von dem sich ebenfalls eine Okklusion mit Warmfrontcharakter bis nahe Breslau zog.

Von dort reichte eine Kaltfront nach Westen, die im weiteren Verlauf in die Warmfront des vor Frankreich liegenden Randtiefs RITA überging. Vom Okklusionspunkt verlief weiterhin eine Warmfront bis nahe der österreichischen Stadt Linz. Des Weiteren zweigte bei Warschau eine bis nahe der ungarischen Stadt Miscolc reichende Warmfront ab. Mit Durchzug des Tiefs stiegen auch die Temperaturen in Deutschland deutlich an. Wurden am vorangegangenen Tag während der Mittagsstunden noch Temperaturen um -2°C in Berlin und +2°C in Dresden gemessen, waren es am Nachmittag des Heiligen Abends in Berlin bereits 7,9°C beziehungsweise 7,2°C in Dresden. Im Zusammenspiel mit dem herannahenden Tief RITA wurden besonders im Süden Deutschlands Rekordtemperaturen erreicht. In Freiburg wurde ein Tageshöchstwert von 18,9°C gemessen, der nur noch von einer Station in München übertroffen wurde. Hier wurden bei einer Sonnenscheindauer von 6 Stunden sommerliche 20,7°C registriert.

Gegen 00 Uhr UTC des 25.12. hatte der Wirbel erneut zwei eigenständige Kerne ausgebildet. Der Wirbel QUIRINA I lag frontenlos und mit einem Druck von 990 hPa nahe der Südspitze Irlands und der Kern QUIRINA II wurde mit 985 hPa knapp nordwestlich der Nordspitze Schottlands analysiert. Von diesem ging eine Okklusion mit Warmfrontcharakter aus, die sich über die Südspitze Norwegens, Südschweden und die zentrale Ostsee bis Litauen zog. Dort verband sie sich nahe der litauischen Hauptstadt mit der Warmfront des Tiefs RITA.

In den folgenden 24 Stunden zog das Tiefdrucksystem QUIRINA über die Nordsee. Dort lag es am 26.12. etwas abgeschwächt, jedoch weiterhin mit zwei Zentren und einem Druck von etwas unter 990 hPa vor der norwegischen Westküste. Südwestlich des nördlichen Kerns QUIRINA I zog sich eine Okklusionsfront über die Nordsee und Schottland. Eine zweite Okklusionsfront, die nordöstlich des Kerns begann endete nahe Oslo. Das zum Tiefsystem QUIRINA gehörende Niederschlagsband, welches in den Tagen vor Weihnachten für teils ergiebige Regenmengen sorgte, verlagerte sich unter Abschwächung über Dänemark weiter nach Norwegen. Bei Tageshöchstwerten um oder knapp unter dem Gefrierpunkt kamen durch teilweise stark ausfallende Regen- oder Schneeregenschauer innerhalb von 48 Stunden in Vangsnes 19 Liter, in Takle 24 Liter und in Bergen 28 Liter zusammen, die bis 06 Uhr UTC des 27.12. auf einen Quadratmeter fielen. Das Zentrum des sich abschwächenden Tiefdruckwirbels befand sich mit einem Kerndruck von knapp unter 985 hPa gegen 00 Uhr UTC des 27.12. in der Nähe von Östersund über Schweden. Von diesem Kern losgelöst erstreckte sich eine Okklusionsfront, die etwas westlich vom finnischen Raum beginnend bis zur weißrussischen Stadt Homel reichte. Westlich der skandinavischen Gebirgskette befand sich zusätzlich ein weiterer Kern, der mit einem Druck von etwa 975 hPa westlich der norwegischen Küste über dem Polarkreis lag. Ähnlich wie die Tage zuvor in Mitteleuropa stiegen auch im finnisch-russischen Raum die Temperaturen deutlich, wenn auch nur kurzfristig an. Gegenüber den zurückliegenden Weihnachtsfeiertagen stiegen die Tageshöchstwerte in Helsinki von -7°C auf +2°C und in St. Petersburg von -8°C am ersten Weihnachtsfeiertag bzw. -4°C am zweiten auf +3°C. Die Niederschläge fielen trotz der gestiegenen Temperaturen vielerorts noch als Schnee, größere Schnee- oder Regenmengen kamen bis auf Rovanieni und Sodankyla in den meisten Regionen jedoch nicht mehr zusammen. Hier registrierte man bei anhaltenden leichten Schneefällen in 24 Stunden Niederschlagsmengen von je 10 Litern pro Quadratmeter, die bis 06 Uhr UTC mit der bereits vorhandenen Schneedecke in Rovanieni eine Schneehöhe von 35 Zentimeter und 50 Zentimeter in Sodankyla ergaben. Ergiebiger fielen die Regenmengen im vom zweiten Kern beeinflussten Norwegen und Westschweden aus. Im selben Zeitraum wie in Finnland wurden im norwegischen Tafjord 14 Liter, in Vinjeora Ii 29 Liter und im schwedischen Korsvattnet 18 Liter pro Quadratmeter registriert.

Mit wieder vereintem Kern verlagerte sich Tief QUIRINA bis zum 28.12. weiter nach Norden. Mit einem Druck von 985 hPa lag der Kern um 00 Uhr UTC nahe Tromsö und bildete zusammen mit Tief SILVIA ein weit verzweigtes Frontensystem über Skandinavien und Teilen Russlands. Im Laufe des Tages zog das Zentrum nach Norden über das Europäische Nordmeer in Richtung Spitzbergen. In der auf Spitzbergen gelegenen russischen Bergbausiedlung Barentsburg wurden Graupel- und Schneeschauer registriert, die innerhalb von 12 Stunden 2 Liter pro Quadratmeter mit sich brachten.

Der 28.12. war zugleich der letzte Tag an dem der Tiefdruckwirbel QUIRINA namentlich auf der Berliner Wetterkarte analysiert wurde. Im Laufe der folgenden Tage zog der sich rasch abschwächende Kern weiter nach Nordwesten über den Arktischen Ozean, ehe er sich im Verlauf des 30.12. nahe der grönländischen Station Nord vollständig auflöste.

 

Geschrieben am 23.02.2012

Berliner Wetterkarte: 23.12.2012

Pate: Björn Wolter (www.terraristikshop.net)