Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
QUIRINUS
(getauft am
06.04.2019)
In der Nacht zum 06.04.2019 entwickelte sich unterhalb eines Troges kalter
Luft, der in einer Höhe von etwa 5,5 Kilometern über Südskandinavien lag, am Boden ein Tiefdruckwirbel, der anhand der Prognosekarte für 12
Uhr UTC des folgenden Tages auf den Namen QUIRINUS getauft wurde. Unterhalb dieses Höhentroges verlagerte sich das Tief
QUIRINUS im Laufe des 06.04. von Südnorwegen nach Schweden und befand sich
gegen 00 Uhr UTC des 07.04. mit einem Druck von gut 1010 hPa nördlich von
Stockholm. Vom Kern des Tiefs erstreckte sich zu diesem Zeitpunkt eine
Okklusionsfront bis nach Örebro. Als Okklusionsfront wird dabei eine oft regenreiche
Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss einer Warmfront und der
ihr nachfolgenden Kaltfront bildet. Die Stelle, an der beide Fronten ineinander
übergehen, wird dabei als Okklusionspunkt bezeichnet. Vom Okklusionspunkt bei
Örebro reichte anschließend die Warmfront über Malmö in Richtung der
Flensburger Förde und die Kaltfront über Kristiansand und Kirkwall nach Westen auf den Atlantik hinaus.
Hebungsprozesse im Kernbereich des sich ausprägenden Wirbels hatten die
Entwicklung zwar lokal begrenzter, jedoch recht ausgeprägten Niederschläge zur
Folge, die vor allem über Mittelschweden über mehrere Tage teils ergiebigen
Schneefall mit Niederschlagsmengen zwischen 10 und 25 mm in 24 Stunden mit sich
brachten. Beispielsweise waren in den 24 Stunden bis 6 Uhr UTC des 06.04. in
Gävle bereits 10,1 mm, in Alvdalen 17,9 mm oder in Mora bis zu 24,7 mm
gefallen. Das Niederschlagsfeld verlagerte sich anschließend mit dem Wirbel langsam
nach Osten und schwächte sich dabei allgemein leicht ab. Zunehmend mit Regen
vermengt fielen durch leichten bis mäßigen Schneefall im Laufe des 06.04. in
Torpshammar 9,1 mm, am Leuchtturm Skagsudde 11,4 mm und in Vastmarkum 14,8 mm.
Etwas stärker waren die Niederschläge einen Tag später über Teilen Finnlands
ausgeprägt, nachdem das Tief über der Ostsee an Feuchtigkeit hatte gewinnen
können. So führte anhaltender Regen in Niinisalo 14,4 mm, bei Kankaanpää 18,0 mm und
in Pori 25,5 mm mit sich.
Zum 08.04. war das Zentrum des sich verstärkenden Tiefs QUIRINUS
über Schweden hinweg über das nördliche Baltikum gezogen. Sich nur sehr langsam
nach Osten verlagernd verblieb der Wirbel die folgenden 48 Stunden annähernd
stationär mit einem auf 1005 hPa fallenden Kerndruck. Sein sich ausprägendes
Frontensystem hatte dabei bis zum 09.04. die Nord- und Ostsee überschritten.
Gegen 00 Uhr UTC erstreckte sich seine Okklusionsfront in einem Bogen von
Helsinki bis nach Moskau. Ab Moskau den Charakter einer Kaltfront annehmend
reichte sie anschließend über Minsk, Warschau und Köln bis nach Amsterdam und
weiter auf den Nordatlantik hinaus. Beim Überqueren der Ostsee hatte der Wirbel
nochmals leicht an Energie gewinnen können. Größere Niederschlagsmengen wurden
bis auf wenige Ausnahmen jedoch weiterhin nur im Kernbereich des Wirbels sowie
entlang der nach Nordosten voranschreitenden Okklusionsfront über Finnland und
Teilen Westrusslands registriert, wohingegen es entlang der sich nach Süden
verlagernden Kaltfront zumeist nur vereinzelt regnete oder gänzlich trocken
blieb. Beispielsweise wurden innerhalb von 48 Stunden im Raum Helsinki 7,1 mm,
in Tallinn 8,1 mm und in St. Petersburg 16,0 mm gemessen. Besonders intensiv
waren die Niederschläge nördlich des Wirbels über Zentralfinnland ausgeprägt.
So wurde durch anhaltenden, in Schneefall übergehenden Regen in Alkkia 20,6 mm,
in der Gemeinde Puumala 30,4 mm und in Jyväskylä bis zu 34,9 mm registriert.
Demgegenüber fielen im Bereich der Kaltfront mit Ausnahme des Südens in
Deutschland nur vereinzelte Tropfen oder es blieb gänzlich trocken. In Bayern
und Baden-Württemberg aber auch in Teilen Hessens konnten sich in der noch
vorherrschenden feucht-labilen Luftmasse Schauer
und lokale Gewitter ausbilden. Diese brachten in nur 12 Stunden auf dem
Hohenpeißenberg 18,0 mm, in Waldmünchen 22 mm und in Schongau 30,1 mm. Hinter
der sich nähernden Kaltfront wurden Luftmassen polaren Ursprungs nach Süden
geführt, die die warme Luftmasse verdrängte
und zu einem Temperaturrückgang führte. Wurden am 08.04. in einem Streifen vom
Ruhrgebiet bis nach Brandenburg nochmals 20°C erreicht oder gar überschritten,
stiegen die Tageshöchstwerte hinter der Kaltfront nur noch vereinzelt auf Werte
über 12°C. So maß man vor der Kaltfront in Bremen 18,7°C, in Leipzig 19,1°C
oder in Potsdam 21,1°C, während tags darauf trotz anhaltenden Sonnenscheins nur
noch 12,5°C in Bremen, 12,6°C in Leipzig und 13,5 °C in Potsdam gemessen werden
konnten. Der ausgeprägte Druckgradient zwischen Tief QUIRINUS und dem
Nordmeerhoch KATHARINA führte zudem an beiden Tagen entlang der schwedischen
und finnischen Ostseeküste zu einem lebhaften Nord- bis Nordostwind mit schweren
Sturmböen und mitunter auch orkanartigen Böen, der auf den schwedischen Inseln
Örskär und Holmön eine Spitzengeschwindigkeit von 93,7 und auf der finnischen
Insel Valassaaret von bis zu 104,5 Stundenkilometern erreichte.
Um 00 Uhr UTC des 10.04. befand sich das Zentrum des Tiefs QUIRINUS
mit einem Druck von knapp 1010 hPa unweit von St. Petersburg. Östlich des Kerns
ausgehend zog sich dessen Okklusionsfront in einem Bogen um das Zentrum herum
über Helsinki bis zu ihrem Okklusionspunkt bei Welsk in Russland. Von dort
reichte anschließend eine Warmfront über das nördliche Uralgebirge nach Osten.
Die Kaltfront beschrieb hingegen in einem weiten Bogen über Moskau, Prag und
London bis nach Dublin. Sie schritt im
Tagesverlauf über Deutschland weiter nach Süden voran und hatte bis zum
nächsten Morgen den Alpenraum erreicht. Die zuvor vorherrschende Warmluft war
damit nahezu vollständig von der polaren Kaltluft verdrängt worden, wodurch die
Tageshöchstwerte zumeist im Bereich der 10°C-Marke lagen. Lediglich im
äußersten Süden konnten zuvor nochmals Tageshöchstwerte um 15°C gemessen
werden: Ingolstadt meldete einen Tageshöchstwert von 14,4°C, Würzburg 14,8°C
und Neuburg an der Donau 15,8°C. Nachts kühlte es sich bei oft wolkenlosem
Himmel vielerorts auf Werte unterhalb des Gefrierpunktes ab. Beispielsweise
wurde aus Hamburg eine Tiefsttemperatur von -2,5°C, aus Dresden -3,1°C und aus
Baruth -7,2°C gemeldet. Während es in den meisten Regionen Deutschlands trocken
blieb, kam es im äußersten Süden im Stau der Alpen zunächst noch zu weiteren Schauern.
In Kempten wurden innerhalb von 24 Stunden 5,7 mm, in Konstanz 6,0 mm und in
Freiburg im Breisgau 11,1 mm registriert. Die Niederschläge entlang des
Zentrums und der Okklusionsfront verlagerten sich hingegen mit dem Wirbel von
Finnland in den Westen Russlands mit Schwerpunkt südlich des Weißen Meeres: In Belomorsk
wurden 10,0 mm, in Jarensk 22,0 mm und in Archangelsk 28,0 mm gemessen. An der
Südwestflanke des sich nach Osten verlagernden Wirbels QUIRINUS
wurden feuchte Luftmassen aus der
Schwarzmeerregion in einem engen Band nach Nordosten geführt. Durch schauerartig
verstärkten Regen waren in Kaschira nahe Moskau 7,0 mm, in Wesljana 12,0 mm und
bei Wladimir 14,0 mm gefallen, dies jeweils 12-stündig bis 18 Uhr UTC am 10.04.
Mit zunehmender Entfernung ließ der Wind in der Ostseeregion unter Hochdruckeinfluss
rasch nach, konnte aber dennoch an einigen Stationen in Böen Sturmstärke
erreichen. Stürmische Böen der Stärke 7 wurden beispielsweise auf Örskär mit 72
km/h, Sturmböen von 75,6 und 79,3 km/h in Holmön und auf Valassaaret
registriert werden.
Am 11.04. lag das Zentrum des Wirbels QUIRINUS
mit nahezu unverändertem Kerndruck südlich von Archangelsk. Westlich des Kerns
reichte zu diesem Zeitpunkt eine kleinskalige Okklusionsfront nach Süden bis
nach Welsk, östlich des Kerns eine Warmfront Richtung Sibirien sowie eine Kaltfront
in einem Bogen über Nischni Nowgorod, Kiew und Wien bis nach Nantes. Die ausgeprägte Luftmassengrenze erstreckte sich somit von
Westrussland über die Ukraine und Ungarn bis weit über den Alpenraum hinaus.
Besonders markant waren die Temperaturunterschiede über der Ukraine. Während
beispielsweise in Charkiw im Osten des Landes 21,4°C gemessen werden konnten,
lag die Temperatur hinter der Kaltfront im knapp 400 Kilometer westlich
gelegenen Kiew nur noch bei 7,3°C. Entlang dieser Luftmassengrenze konnten
zudem Niederschlagsmengen von bis zu 15 mm in 24 Stunden registriert werden:
Schauerartige und lokal von Gewittern begleitete Regenfälle führten in Kiew
10,0 mm Niederschlag, bei Tula 16,0 mm und in Konotop 25,0 mit sich. Noch
ergiebiger fielen die Niederschläge über Rumänien aus, die teilweise durch ein
unbenanntes Tief mit Kern über dem Donaudelta beeinflusste wurden. Hier waren
24-stündig während Schauern und Gewittern in Bukarest 17,2 mm, in Călărași 22,4 mm und in
Drobeta Turnu Severin 46,0 mm gefallen. Die Niederschläge südlich des Weißen Meeres, im Kernbereich des Wirbels, verloren hingegen
allmählich an Intensität. Ehe diese aus der Region abzogen, führten sie jedoch
nördlich von Archangelsk, an der Station in Mud'Jug noch bis zu 11,5 mm in 24
Stunden mit sich. Sonst fielen durch Schnee oder Schneeregen zumeist unter 5
mm. In Deutschland blieb es bei Tageshöchstwerten, die direkt an den Küsten unter
dichten Wolken zwischen 4 und 7°C beziehungsweise im Süden und Westen von viel
Sonnenschein begleitet um 12 bis lokal 14°C lagen, weitestgehend trocken.
Lediglich in einigen Regionen im Norden und direkt an den Alpen sowie in Teilen
Brandenburgs fiel leichter Regen.
Das Zentrum des Tiefdruckwirbels QUIRINUS
hatte in der Zwischenzeit den nördlichen Ural überschritten und befand sich am
12.04. um 00 Uhr UTC nahe dem Ort Tegi. Westlich des Kerns, dessen Druck bei
etwa 1010 hPa verblieben war, zog sich eine kleinskalige Okklusionsfront nach
Nordosten. Vom Kern aus erstreckte sich eine Warmfront in südöstlicher Richtung
nach Sibirien. Die ihr folgende Kaltfront reichte, sich allmählich wellenförmig
deformierend und somit den Frontencharakter wiederholt wechselnd, in einem
Bogen über Perm und Kiew nach Südwesten und zog sich anschließend entlang der
Südalpen weiter bis nach Marseille. Über der Ukraine, Ungarn und Italien nahm
sie den Charakter einer Warmfront an. Entlang der sich zunehmend deformierenden
Kaltfront entwickelten sich erneut teils intensive Schauer und Gewitter, die
über der Ukraine und Rumänien lokal recht ergiebige Regenmengen mit sich
brachten. So konnten innerhalb von 24 Stunden in Saporischschja 25,0 mm und in
Krywyj Rih bis zu 45,0 mm gemessen werden. Ebenfalls intensive Niederschläge
wurden auch aus dem ungarischen Békéscsaba mit 14,7 mm oder dem serbischen
Negotin mit 22,9 mm berichtet. Die Regen- und Schneefälle im Kernbereich des
Wirbels schwächten sich weiter ab und verlagerten sich mit dem Tief weiter nach
Osten. Aus Workuta wurden 2,2 mm, aus Nojabrsk 3,3 mm und aus Korliki 7,0 mm
gemeldet. Eine Ausnahme bildete Lar'yak. Hier führten wiederholte Regen- und
Schneeschauer noch bis zu 14,9 mm in 24 Stunden mit sich. Das Zentrum des
Tiefdruckwirbels QUIRINUS verlagerte sich weiter in Richtung Mittelsibirien und
verließ somit im Laufe des 13.04. auf seiner östlichen Zugbahn den von der
Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich, sodass er nachfolgend nicht mehr
auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Während das Hochdruckgebiet
KATHARINA seinen Einflussbereich auf weite Teile Europas hatte ausweiten
können, bestimmten nun lokale, unbenannte Tiefdruckgebiete das Wettergeschehen
über Süd-, Südosteuropa und Teilen Südrusslands, die sich zum Teil entlang der
sich zuvor deformierenden Kaltfront des Tiefs QUIRINUS ausgebildet hatten.