Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet QUIRIN
(getauft am 22.06.2017)
Das Tief QUIRIN wurde am 22.06.2017 mittels einer
Prognosekarte für den folgenden Tag um 12 Uhr UTC, d.h. 13 Uhr MEZ, getauft. Zu
diesem Zeitpunkt sollte sich das Tief, nachdem es von Kanada heranziehend den
Nordatlantik überquert hatte, mit einem Kerndruck von knapp unter 980 hPa
südöstlich von Island befinden.
Die erste Analyse des Tiefdruckgebiets QUIRIN erfolgte
schließlich auch tatsächlich am 23.06.2017 südlich von Island. Der Kerndruck war
mit knapp unter 985 hPa etwas höher, als er am Tag zuvor noch prognostiziert
worden war. Vom Kern ausgehend verlief das Frontensystem zunächst als
Okklusionsfront einen Bogen beschreibend westlich der Färöer-Inseln und der
äußeren Hebriden entlang, ehe sie westlich von Irland ungefähr auf dem
Breitengrad Dublins ihren Okklusionspunkt erreichte und sich in Warm- und
Kaltfront aufspaltete. Okklusionsfronten entstehen durch die Vereinigung eben
dieser beiden Frontenarten im sogenannten Okklusionspunkt, da sie
unterschiedliche Verlagerungsgeschwindigkeiten aufweisen. Die Okklusion stellt
somit eine Mischfront dar, die die Eigenschaften von Warm- und Kaltfront in
sich vereint. Während die Warmfront sich vom Okklusionspunkt nahezu geradlinig
in südwestlicher Richtung hinaus über den zentralen Atlantik erstreckte und in
etwa auf dem Breitengrad von Bordeaux endete, verlief die Kaltfront in
westlicher Richtung bis fast nach Neufundland, wo sie in die Warmfront eines unbenannten,
nachfolgenden Tiefs überging.
Während der Kern des Tiefs QUIRIN nahezu stationär verblieb,
verlagerte sich das gesamte Frontensystem und mit ihm seine Niederschlagsfelder
rasch nach Osten. In Schottland gab es neben Sturmböen in den Highlands, die
Station des Cairngorm meldete Windgeschwindigkeitsspitzen von 126 km/h, auch
leichte Niederschläge. Mit 9,6 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum 06 Uhr UTC-Termin
am folgenden Tag erreichte die Station von Fair Isle den schottischen
Höchstwert. Die Spitzenwerte auf den Britischen Inseln erreichte aber die
Region Wales. Die Stationen Sennybridge, Capel Curig und Trawscoed meldeten im
gleichen Zeitraum 11,2 l/m², 11,6 l/m² und 12,6 l/m², wobei in Trowscoed das Gros der Niederschläge mit 12,0 l/m²
innerhalb von 12 Stunden bis um 18 Uhr UTC gefallen war.
Das Kerngebiet des Wirbels QUIRIN befand sich am
24.06.2017 mit ca. 980 hPa über dem Seegebiet zwischen den Färöern und Island.
Während das Frontensystem zunächst abermals als Okklusionsfront in östlicher
Richtung über Trondheim führte und dort in südlicher Richtung abgelenkt wurde,
endete es in etwa mittig zwischen Oslo und Stockholm. Dort spaltete sich eine kurze
Warmfront ab, die östlich vorbei an Kopenhagen nach Süden führte und über
Mecklenburg-Vorpommern endete. Die Kaltfront verlief westlich von Kopenhagen
und südlich von Aalborg über Dänemark in südwestlicher Richtung über die
Nordsee und Südengland bis zur Keltischen See, wo sie in die Warmfront eines in
Entstehung befindlichen Tiefs überging.
In Schottland führte dies weiterhin zu stürmischen
Windverhältnissen. Die Station des Cairngorm meldete Mittelwinde, die auch über
einen längeren Zeitraum 100 km/h knapp überschritten, was schwerem oder fast
schon orkanartigem Sturm entspricht. Dabei traten Spitzenböen auf, die über einen
Zeitraum von etwa 20 Stunden den Schwellenwert für einen Orkan von 118 km/h zum
Teil deutlich übertrafen, die Tageshöchstgeschwindigkeit von 161,2 km/h wurde
um 18 Uhr UTC verzeichnet. Die Niederschläge hatten sich derweil nach Osten
verlagert, auch wenn die Station Baltasound bis um 06
Uhr UTC des folgenden Tages mit 10,2 l/m² innerhalb von 24 Stunden erneut
ähnlich hohe Niederschläge wie tags zuvor registrierte. In Norwegen und
Schweden fielen die Niederschläge spürbar stärker aus. Bedingt durch Staueffekte
an den Bergen Westnorwegens konnten in Fossmark im
gleichen Zeitraum 34,6 l/m² gemessen werden, wobei 30 l/m² auf die letzten 12
Stunden entfielen. In Takele wurden währenddessen 34,4 l/m² und im schwedischen
Hoting 33,5 l/m² verzeichnet.
Während sich der ursprüngliche Kern bis zum Folgetag nur
unwesentlich in Richtung Norwegen verlagerte und über der Norwegischen See mit
nur leicht auf 990 hPa gefallenem Kerndruck lag, hatte sich über der Ostsee ein
zweiter Kern etabliert, der mit dem ersten Kern über eine Okklusion verbunden
war und mit knapp unter 995 hPa einen nochmals gestiegenen Kerndruck aufwies.
Diese Okklusion führte noch weiter in südöstlicher Richtung bis zur
Südwestspitze Finnlands, wo sich ihr Okklusionspunkt befand. Von dort aus
verlief in südöstlicher Richtung die Warmfront des Wirbels QUIRIN über Tallinn,
südlich von St. Petersburg und Moskau bis nach Südrussland, wo sie nochmals
einen Bogen beschrieb und einige Hundert Kilometer südwestlich von Wolgograd in
die Kaltfront des Tiefs PAUL mit Zentrum über dem Südural überging. Die
Kaltfront hingegen führte südwärts über die Ostsee, änderte ihren Charakter
über dem Norden Deutschlands zeitweilig zu dem einer Warmfront und führte anschließend
über den Ärmelkanal, die Bretagne und die Biskaya bis nach Nordspanien. In
Norwegen und Schweden führte dies zu weiterhin ergiebigen Niederschlägen. In
Bergen wurden in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 30 l/m² gemessen, in Hoting summierten sich die Niederschläge auf 22,2 l/m² bis
zum 06 Uhr UTC-Termin des folgenden Tages.
Sich weiter nach Osten verlagernd vereinigten sich im
Laufe des 25.06.2017 die zwei Kerne wieder zu einem Zentrum, welches sich mit
einem Druck von knapp unter 990 hPa über dem Norden der Ostsee befand. Von dort
verlief zunächst eine Okklusion in einem Bogen bis nach Moskau, wo sich der
Okklusionspunkt befand. Von diesem erstreckte sich die Warmfront in
südöstlicher Richtung gen Georgien, wobei sie den Analysebereich der Berliner
Wetterkarte verließ. Die Kaltfront führte westwärts über Minsk, Polen, Berlin
und Amsterdam bis nach Cornwall, wo sie in die Warmfront des nachfolgenden
Tiefs RASMUND überging. Zudem spaltete sich eine zweite Kaltfront bei Minsk von
der ersten ab und reichte südwestwärts über Ungarn und die Adria bis nach
Norditalien. Dies führte in Russland zu meist nur schwachen Niederschlägen,
wobei sich in einzelnen Regionen aufgrund des länger anhaltenden Niederschlags
Mengen von 24 l/m² wie in Holmogory akkumulieren
konnten.
Sich nun leicht abschwächend verblieb das Tief QUIRIN
fast stationär über Finnland und Nordwestrussland. Wie schon tags zuvor ging
vom Kern eine Okklusionsfront einen Bogen beschreibend in östlicher Richtung
ab, deren Okklusionspunkt sich südöstlich von Archangelsk befand. Von dort verlief
die Warmfront zunächst in Richtung Perm, welches sie aber nicht erreichte
sondern sich schon zuvor in südlicher Richtung erstreckte und an den südlichen Ausläufern
des Urals endete. Die Kaltfront führte in einem weiten Bogen vom
Okklusionspunkt über Kiew nach Prag und ging über Mitteldeutschland in die
Warmfront des Tiefs RASMUND über. In Russland kam es infolge des Einflusses des
Wirbels QUIRINS verbreitet zu Gewittern, die aber nicht zwingend größere
Niederschlagsmengen mit sich brachten. In Archangelsk fielen bei gewittrigen Niederschlägen
in 24 Stunden bis zum Morgen des Folgetages um 06 Uhr UTC lediglich 6 l/m², in
Altay 11 l/m².
Am 28.06.2017 hatte sich das Tief QURIN weiter entlang
der nordrussischen Küste verlagert und befand sich bei unverändertem Kerndruck nordöstlich
von Archangelsk. Dabei hatte das Tief QUIRIN jedoch abermals einen Doppelkern
ausgebildet, der durch eine kurze Okklusionsfront verbunden war. Der zweite Kern
befand sich an diesem Tag über dem nördlichen Ural. Zwischen diesem zweiten
Kern und Tobolsk befand sich der Okklusionspunkt der Zyklone QUIRIN. Während
die Warmfront den Analysebereich der Berliner Wetterkarte nach Osten verließ,
erstreckte sich die Kaltfront über Russland südwestwärts und ging südlich von
Kiew in die Warmfront des Tiefdrucksystem RASMUND über. Das sich somit im
Kaltluftbereich befindliche Kiew verzeichnete dadurch ein deutliches Absinken
der dort gemessenen Temperatur. Am Vortag betrug die Tagestiefsttemperatur noch
19,7°C, welche nun auf 16,4°C gesunken war.
Der 29.06.2017 war schließlich der letzte Tag an dem
das Tief QUIRIN auf der Berliner Wetterkarte analysiert wurde. Der nun abermals
auf einen Kern reduzierte Wirbel QUIRIN wies einen leicht abgeschwächten Druck
von knapp unter 995 hPa auf. Von diesem ausgehend verlief westwärts eine kurze
Kaltfront, die im Kernbereich zu einer Okklusion wurde und in östlicher
Richtung weiterführte und so den Analysebereich der Berliner Wetterkarte
verließ. In Archangelsk, das sich nun im Kaltluftbereich befand, führte dies zu
einem Absinken der Tageshöchsttemperatur. Tags zuvor noch im Bereich der
Okklusionsfront sank das Maximum von 13,3°C auf 7,2°C, wobei durch leichten
Regen zudem noch 7,3 l/m² registriert wurden.
Sich weiter ostwärts verlagernd verließ der Kern des
Tiefdruckgebietes QUIRIN bis 18 Uhr UTC schließlich den Analysebereich der
Berliner Wetterkarte.
Geschrieben am 17.09.2017 von Patrick Ilmer
Berliner Wetterkarte: 25.06.2017
Pate: Daniel Merz