Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet QUITTA

(getauft am 27.04.2018)

 

Am 27. April dominierte Hochdruckgebiet PETER weite Teile Mitteleuropas. Zeitgleich zog das kleinräumige Tiefdruckgebiet PEARL über die Keltische See. Das Tief wies dabei eine bereits okkludierte Front auf, welche sich in Richtung Frankreich und Spanien verlagerte. Eine okkludierte Front oder kurz Okklusion beschreibt die Vereinigung von Kalt- und Warmfront. An dieser Luftmassengrenze entstand das Tief QUITTA als sogenannte Frontalwelle und wurde von der Berliner Wetterkarte in der Prognose am 27. April getauft. Als Frontalwelle bezeichnet man ein kleinräumiges und relativ flaches Luftdruckminimum an einer wellenförmig deformierten Bodenfront ohne eigenständige Zirkulation. Diese frühe Entwicklungsstufe einer Frontenzyklone wird auch als instabiles Wellentief bezeichnet.

Erstmals in den Wetterkarten tauchte das Wellentief QUITTA am 28. April um 01 Uhr MEZ auf. Der Kern positionierte sich mit einem Druck von etwas unter 1010 hPa knapp nördlich von Madrid, wobei die kurze Warmfront bis Andorra und die Kaltfront in südwestlicher Richtung bis zu den Azoren reichte. Im Laufe des Tages verlagerte sich das Druckgebiet nur langsam nach Norden. Entlang der Luftmassengrenze traten wiederholt Regenfälle auf, örtlich konnten sich besonders in der Osthälfte Spaniens kräftige Gewitter bilden. Bis 07 Uhr MEZ des 29. April konnten in 24 Stunden verbreitet 1 bis 10 mm gemessen werden, wie in Madrid-Getafe mit 4,3 mm oder in Valencia mit 1,6 mm. Die höchste Niederschlagsmenge vermeldete Huesca-Pirineos mit knapp 38,6 mm. Auch rückseitig der Front konnten sich in der kalten Luftmasse zahlreiche Schauer entwickeln, welche beispielsweise in Lissabon 5 mm und in Porto 18 mm Regen brachten. An vielen Stationen konnten außerdem Graupel- oder Hagelschauer beobachtet werden. Im spanischen Bergland setzten oberhalb von 1800 m Schneefälle ein, sodass in Navacerrada am Folgetag 9 cm Schnee gemessen wurde. Die Höchsttemperaturen gingen im Vergleich zum Vortag um 5 Grad zurück und erreichten rückseitig der Kaltfront 13 bis 23°C, vorderseitig 24 bis 28°C. In der Nacht zum 29. April sank die Temperatur in der eingeflossenen Kaltluft stark ab. Verbreitet konnten Werte von 9 bis 3°C vermeldet werden, oberhalb von 1000 m trat gar Frost auf. Madrid-Getafe vermeldete als Minimum 3,8°C, welches 7 Grad kälter ist als im klimatologischen Mittel Ende April zu erwarten wäre.

Am 29. April um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief QUITTA über den westlichen Pyrenäen mit einem etwas vertieften Druck von ca. 1007 hPa. Die Kaltfront erstreckte sich nach Süden über Ostspanien bis Marokko, die Warmfront nach Nordosten bis zu den westlichen Alpen. Bis zum Morgen erreichte die Warmfront von Tief QUITTA bereits einen Streifen von Thüringen bis zum Norden Baden-Württembergs. Es fielen zum Beispiel in Bad Kissingen bis 07 Uhr MEZ 12-stündig 12,5 mm, auf dem Feldberg im Schwarzwald 13,0 mm. Dabei sank die Temperatur meist auf Werte zwischen 11 und 3°C, im rheinland-pfälzischen Nürburg sogar auf 2,8°C, in den höchsten Lagen der Eifel gab es zudem leichten Luftfrost. In einem Streifen von den Pyrenäen bis Paris verstärkten sich die Regenfälle ausgangs der Nacht deutlich. Gebietsweise konnten bis 07 Uhr MEZ in 12 Stunden 10 bis 30 mm Niederschlag gemessen werden. Die höchste Regenmenge konnte südlich der Pyrenäen in Bielsa mit 58 mm vermeldet werden. Im Laufe des 29. Aprils konnte sich das Tief QUITTA rapide verstärken und es bildete sich über dem nördlichen Frankreich ein Tiefdruckkern mit eigenständiger Zirkulation aus. Der Druck fiel in wenigen Stunden unter 1000 hPa. Entsprechend heftig waren die Hebungsvorgänge, die in Frankreich in Gang gesetzt wurden. Aufgrund der Zirkulation konnte maritime Polarluft über den Westen Frankreich nach Südosten fließen, wo sie auf die subtropische Luftmasse stieß und somit Hebung initiierte. Entlang dieser Grenze entwickelte sich eine für Ende April ungewöhnlich starke Wettererscheinung eines mesoskaligen konvektiven Systems, kurz MCS - mesoscale convective system. Ein MCS beschreibt ein langlebiges und mehrere hundert Kilometer zusammenhängendes Gewitter- und Regensystem. Während über der Mitte und dem Westen Frankreichs eher langanhaltender Regen fiel, konnten sich in Ostfrankreich sowie über den Benelux-Ländern kräftige Gewitter entladen. Dies spiegelt sich auch in den 24-stündigen Regenmengen bis 07 Uhr MEZ am 30. April wieder. Nahezu im gesamten Frankreich wurden 10 bis 30 mm Niederschlag registriert, wie 24,0 mm in Paris, 18,3 mm in Le Mans oder 10,5 mm in Toulouse. Die höchsten Mengen konnte man in der Nähe der Luftmassengrenze von der Schweiz über Ostfrankreich, dem äußersten Westen Deutschlands sowie den Benelux-Staaten finden. Hier lagen die Regenmengen gebietsweise bei 20 bis 40 mm. So fielen in Amsterdam 30,6 mm, in Rotterdam 27,5 mm, im belgischen Retie 39,9 mm und 30,1 mm auf Borkum. Von Ostfrankreich bis zur westlichen Nordseeküste zogen von Süd nach Nord mehrere Gewitterzonen, sodass örtlich extreme Regenmengen auftraten. Spitzenreiter war Aachen mit 63,3 mm in 24 Stunden. Einhergehend mit dem Luftmassenwechsel traten verbreitet Sturmböen, örtlich orkanartige Böen auf. Eschweiler in Nordrhein-Westfalen registrierte mit 98 km/h die höchste Windspitze, welche Stärke 10 auf der Beaufortskala entspricht. Entlang der Kaltfront traten die höchsten Böen in Südostfrankreich und der Schweiz auf. Oberhalb 1000 m konnten verbreitet 100 bis 140 km/h, auf dem kleinen Matterhorn in der Schweiz sogar 150 km/h, in tieferen Lagen meist 60 bis örtlich 100 km/h registriert werden. Die Höchsttemperaturen lagen am 29. April im Westen Frankreichs in der maritimen Polarluft bei gerade einmal 9 bis 13°C, in Ostfrankreich dagegen bei 20 bis 23°C, in Süddeutschland und der Schweiz bei 24 bis 28°C. Cherbourg im Nordwesten Frankreichs vermeldete 8,6°C, Paris 12,5°C, Nancy bereits 22,5°C und Bühl in Baden-Württemberg 28,7°C.

Um 01 Uhr MEZ am 30. April analysierte die Berliner Wetterkarte das Tief QUITTA als zwei Teiltiefs. Ein Wirbel über Paris, der Zweite über dem Saarland mit einem Druck von jeweils 998 hPa. Verbunden waren beide durch eine Okklusion. Die Warmfront erstreckte sich nach Nordosten über Hamburg entlang der polnischen Ostseeküste, die Kaltfront vom zweiten Teiltief über dem Saarland bis Rom. Im Tagesverlauf des 30. Aprils verlagerte sich das Tiefdrucksystem QUITTA langsam nach Norden und Nordosten. Das westliche Teiltief, QUITTA I, zog von Nordostfrankreich zur südlichen Nordsee, das andere, als QUITTA II benannte, von Nordrhein-Westfalen über die Ostseeregion. Verbunden damit waren erneut länger anhaltende Regenfälle, welche 24-stündig bis 07 Uhr MEZ am Folgetag von Nordfrankreich über die Niederlande, Dänemark bis Südschweden und Südnorwegen 10 bis 40 mm brachten. Das französische Bouelles registrierte 30,8 mm, Rotterdam 32,8 mm, das dänische Aalborg 26,5 mm, das norwegische Nelaug 29,6 mm und Bordelum im Norden von Schleswig-Holstein genau 40,0 mm. Ein zweiter Niederschlagsschwerpunkt stellte Nordostdeutschland dar. An der Okklusionsfront von Wirbel QUITTA II entwickelten sich von Hamburg bis Usedom am Nachmittag Schauer und Gewitter. Meist fielen 1 bis 5 mm, örtlich 10 mm, die höchste Menge in 24 Stunden vermeldete Stralsund mit 12,8 mm. Die Temperaturen stiegen in Ostdeutschland auf 22 bis 27°C, sonst auf 16 bis 22 °C, im äußersten Westen auf 11 bis 15°C, in der Eifel sogar nur auf 8 bis 10°C. Am wärmsten wurde es in Rieth in Mecklenburg-Vorpommern mit 27,1°C. In Kernnähe von Tief QUITTA I lagen die Temperaturwerte in Nordfrankreich durch anhaltenden Niederschlag in den Mittagsstunden ungewöhnlich niedrig. Um 13 Uhr MEZ wurden aus Rouen nur 3,2°C und aus Beauvais 2,5°C gemeldet. In der Normandie kam es vorübergehend zu leichten Schneefällen. Die Höchstwerte lagen hier nur um 5°C, selbst in Paris erreichte man nur 6,9°C. Grund dafür war die Zufuhr maritimer Arktikluft direkt vom Nordmeer, rückseitig von Tief QUITTA I. Am Nachmittag und Abend gab es zudem im Einflussgebiet zeitweise stürmische Böen der Stärke 8, stellenweise auch Sturmböen. In St. Peter-Ording an der Nordsee konnte mit 126 km/h sogar eine Orkanböe vermeldet werden.

Am 1. Mai um 01 Uhr MEZ konnte Zyklone QUITTA I über der Nordsee und QUITTA II über der Ostsee mit einem Druck von 994 bzw. 1003 hPa analysiert werden. Erneut waren die Kerne durch eine Okklusion verbunden. Außerdem lag eine kurze Kaltfront über Mittelpolen und die Warmfront reichte bis Moskau.

Der Mai startete vor allem in der Nordwesthälfte Deutschlands kühl und regnerisch. Ursache dafür war das Tief QUITTA I, das im Tagesverlauf unter allmählicher Abschwächung von Westfriesland nach Schweden zog. Die eindrehende Okklusion brachte dabei vom nördlichen Niedersachsen bis zur dänischen Grenze dichte Wolken mit zeitweiligem Regen. Vom westlichen Niedersachsen über Hamburg bis Schleswig-Holstein fielen gebietsweise 2 bis 10 mm, in Haale sogar 16,3 mm. Dabei wurden in Kiel nur 8,9°C und in Hamburg 9,2°C erreicht. Gleichzeitig wehte der Wind immer noch frisch bis stark, in Böen in Sturmstärke. An der Nordsee gab es an den Stationen Elpersbüttel mit 89 km/h und Büsum mit 100 km/h Böen der Stärke 10. Insgesamt ließ die Wetteraktivität von Tief QUITTA I allmählich nach. Mit abnehmenden Temperaturunterschieden schwächten sich auch die Regenfälle in Skandinavien ab. In Südnorwegen, Südfinnland und Schweden fielen im Einflussbereich der Kerne meist 5 bis 10 mm, vereinzelt bis 20 mm in 24 Stunden. Über den Baltischen Staaten konnte sich im Bereich von Wirbel QUITTA II erneut eine Luftmassengrenze ausbilden. Während in Helsinki nur 5,5°C gemessen wurden, stieg die Temperatur 500 km weiter südlich auf bis zu 29,1°C in Weißrussland. Stellenweise bildeten sich kräftige Schauer und Gewitter aus, welche 5 bis 10 mm, im russischen Holm sogar 20,0 mm brachten.

Am 2. Mai um 01 Uhr MEZ befand sich Tief QUITTA mit nur noch einem Zentrum und einem Druck von ca. 1003 hPa über Mittelschweden. Mit Hochdruckgebieten nördlich, östlich und südlich des Tiefs schwächte sich die Wetteraktivität weiter ab. Nur noch von Mittel- und Nordschweden über Süd- und Mittelfinnland bis Nordwestrussland fielen 24-stündig 5 bis 10 mm, wie 7,0 mm im finnischen Kauhuva. Bei Temperaturen von 2 bis 8°C gingen die Niederschläge in Nordschweden und Mittelfinnland zeitweise in Schnee über.

Letztmalig auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet war Tief QUITTA am 3. Mai um 01 Uhr MEZ. Mit einem deutlich erhöhten Druck von ca. 1013 hPa lag der Kern des Tiefs knapp nördlich von Moskau. Die Fronten brachten nur noch geringe Regenmengen von 0,1 bis 2 mm im Nordwesten Russlands. Lagen am Vortag die Höchstwerte noch bei 10 bis 13°C, so sanken sie am 2. Mai auf 4 bis 6°C ab. Nachfolgend verlagerte sich das Tief QUITTA weiter nach Osten und war somit nicht mehr im Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte.

Tief QUITTA stellte den letzten flächendeckenden Regen in Norddeutschland dar. Es stellte sich in der Folge unter häufigen Hochdruckwetterlagen eine große Trockenheit mit nur örtlichen Regenschauern ein, erst Tief CATHY brachte ab dem 21. Juni vereinzelt etwas Regen.