Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
RACHEL
(getauft am
17.10.2018)
Am 17.10.2018
wurde anhand der Prognosekarte für den Folgetag über dem westlichen
Nordatlantik ein Wirbel, der zuvor über Kanada und Neufundland gezogen war, auf
den Namen RACHEL getauft.
Um 00 Uhr
UTC, also 01 Uhr MEZ, des 18.10. befand sich der soeben getaufte Wirbel mit
einem Kerndruck von knapp 1000 hPa über dem östlichen Québec und hatte sich 24
Stunden später mit einem Kerndruck von wenig unter 990 hPa vor die Küste
Neufundlands verlagert. Das dem Tief RACHEL zugehörige Frontensystem bestand zum
einen aus einer Okklusionsfront, ein Frontentypus, der die Eigenschaften von
Warm- und Kaltfront in sich vereint und im Okklusionspunkt durch die
Vermischung dieser beiden Frontensysteme entsteht. Westlich von Neufundland
wies diese Okklusionsfront einen Höhenfrontcharakter auf, der sich über
Neufundland zu dem einer Bodenfront wandelte und bis zum Okklusionspunkt über
dem westlichen Nordatlantik erstreckte. Vom Okklusionspunkt aus erstreckte sich
zum anderen eine Warmfront, die nach Osten verlief und in die Kaltfront des Grönlandtiefs
QUENDOLIN überging, sowie eine Kaltfront, die in westsüdwestlicher Richtung verlief
und im Bereich des Bermudadreiecks den Analysebereich der Berliner Wetterkarte
verließ.
Bis zu den
Morgenstunden des 20.10. hatte sich der Wirbel RACHEL in nordöstlicher Richtung
bis zur Dänemarkstraße weiterbewegt. Während der Verlagerung hatte es sich
zudem leicht intensiviert, sodass der Kerndruck um rund 10 hPa auf unter 980
hPa gesunken war. Wie am Tag zuvor wies das Tief RACHEL alle drei Frontentypen
auf. Eine Okklusionsfront führte vom Kern über 950 Kilometer nach Südwesten und
nach Osten hin bis zum Okklusionspunkt südwestlich von Reykjavik. Die Warmfront
führte von dort zunächst in einem leichten Bogen in südöstliche Richtung,
schließlich parallel zur Küste Irlands nach Süden und endete auf dem
Breitengrad Londons. Die Kaltfront verlief nach Südwesten und verließ abermals
den Analysebereich der Berliner Wetterkarte in Nähe des Bermudadreiecks. Die
Überquerung Islands durch das Frontensystem des Tiefs RACHEL brachte in
Reykjavik innerhalb des Zeitraums zwischen 18 Uhr UTC des 19.10. und 09 Uhr UTC
des 21.10. 2,6 l/m² an leichtem Regen, wobei trotz durchgehend starker
Bewölkung die Tageshöchst- sowie Tiefsttemperaturen deutlich sanken, und zwar
von jeweils 9,0 und 4,2°C auf 5,6 und 3,6°C. Demgegenüber konnten in Trondheim,
Norwegen, die Auswirkungen der Warmfront beobachtet werden. Innerhalb von 12
Stunden bis zum Beobachtungstermin um 06 Uhr UTC des 21.10. fielen 7,0 l/m² in
Form von anhaltendem Regen während die erfassten Höchst- und Tiefsttemperaturen
in Trondheim (Værnes) von 7,5
und 4,9°C auf 10,2 und 8,0°C im gleichen Zeitraum angestiegen waren.
Am 21.10. erreichte
der Wirbel RACHEL schließlich das Europäische Nordmeer östlich von Jan Mayen
und hatte sich mit einem auf knapp unter 965 hPa gefallenen Kerndruck zu einem ausgeprägten
Sturmtief entwickelt. Wie tags zuvor führte entlang des Kerns eine
Okklusionsfront in einem Bogen bis an die norwegische Küste nördlich von
Trondheim. Im dortigen Okklusionspunkt spaltete sich diese in die Warmfront,
die über Oslo verlaufend die Nordsee überquerte und kurz vor Amsterdam endete,
auf und in die Kaltfront, welche im Gegensatz zur Warmfront westlich an
Trondheim vorbeiführte, Edinburgh und Dublin passierte, um das Nordatlantikhoch
XERXES herumführte und schließlich über dem Westatlantik auf dem Breitengrad
des marokkanischen Rabats endete. Während tags zuvor in Trondheim noch mittlere
Winde mit Geschwindigkeiten um 7,2 km/h gemessen wurden, stiegen diese im Laufe
des 21. auf bis zu 35 km/h und Böen von bis zu 50 km/h an, Spitzenwerte in der
Region wurden im grönländischen Ikermiit gemessen, wo die Geschwindigkeiten des
mittleren Windes Werte von bis zu 128 km/h erreichten und Böen gar Werte von
165 km/h aufwiesen. Auch auf der anderen Seite des europäischen Nordmeers
wurden, wie zum Beispiel im norwegischen Rotvaer, Spitzenböen von 162 km/h
erfasst.
Sich nur
langsam weiter verlagernd erreichte die Zyklone RACHEL am 22.10. die Region
südwestlich der Inselgruppe Spitzbergen. Mit kaum verändertem Luftdruck im
Zentrum, in dem knapp 965 hPa vorherrschten, war das Frontensystem der Zyklone
nun vollständig okkludiert. Sich um den Kern windend erstreckte es sich auf
nahezu gerader Linie südostwärts bis zum Delta des Weißen Meeres, von wo sie im
Bogen in die Warmfront eines unbenannten Tiefs nördlich von Helsinki überging.
Somit hatte die Front unter anderem Murmansk überquert, was dort zu einem
kurzfristigen Anstieg der Temperaturen und leichtem, zum Teil schauerartig
verstärktem Regen führte. Das Tagesminimum der Temperatur war auf 2,7°C
gestiegen und die Niederschlagssumme belief sich auf 3,0 l/m². Nach Durchzug
der Front kehrte sich dies um und die Temperaturen fielen durch direkt vom
Polargebiet herangeführte Luftmassen auf Tiefstwerte von -1,6°C. Gleichzeitig
setzte zudem der langsame Auflösungsprozess des Tiefs RACHEL ein. Der Kerndruck
schwächte sich ab und stieg auf knapp 975 hPa an, während sich das Frontensystem
vollständig aufgelöst hatte. Trotz aufgebrochener Bewölkung, ausbleibendem
Niederschlag und über vier Stunden Sonnenscheins in Murmansk sanken die
Temperaturen weiterhin deutlich. Nach Dauerfrost am 24.10. betrug die
Tiefsttemperatur in der Nacht -3,7°C.
Retrograd,
also entgegen des üblichen Westdrifts, verlagerte sich das Tiefdruckgebiet
RACHEL am 24.10., sodass es um 00 Uhr UTC des 25.10. bei Mo i Rana an der
norwegischen Westküste lag. Unter Ausbildung eines zweiten Kerns entstand eine
Tiefdruckbrücke über das Skandinavische Gebirge bis zum schwedischen Bygdeå.
Diese Brücke wies einen weiter abgeschwächten Kerndruck von nunmehr 995 hPa auf
und verfügte über keine auf der Berliner Wetterkarte analysierten Fronten.
Während in Murmansk die Temperaturen mit einem Tagestiefstwert von nur noch
-4,7°C weiterhin sanken, fielen auch im finnischen Helsinki die Temperaturen
drastisch. Während im innerstädtischen Bereich die Tiefsttemperatur von 5,4°C
auf 2,4°C sank, wurde knapp außerhalb ein Temperaturrückgang der von 4,1°C auf
-3,4°C beobachtet.
Der 26.10.
war der letzte Tag, an dem das Tief RACHEL auf den Karten der Berliner
Wetterkarte analysiert wurde. Mit nur noch knapp 1000 hPa Kerndruck und dem
Zusammenschluss der zwei Kerne vom Vortag über dem Finnischen Meerbusen setzte die
Auflösung des Tiefs RACHEL ein. Frontenlos war es nicht mehr in der Lage,
Luftmassen aus der Polarregion anzuzapfen, sodass in seinem Einflussgebiet die
Temperaturen wieder spürbar stiegen. Außerhalb Helsinkis stieg die
Tiefsttemperatur vom Vortag bis zum 26.10. von -3,4°C auf +0,5°C und im
Innenstadtbereich von 2,4°C auf 3,2°C.
Am 27.10.2018
wurde das Tiefdruckgebiet RACHEL nicht mehr namentlich auf den Karten der
Berliner Wetterkarte erwähnt.