Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet RAINER

(getauft am 29.06.2013)

 

Am 29. Juni 2013 bildete sich über dem westlichen Nordatlantik ein Tiefdruckgebiet als Wellentief entlang einer in West-Ost-Richtung verlaufenden Luftmassengrenze. Dieses als Wellenstörung entlang des sogenannten Jetstreams, eines Starkwindbandes der Luftschichten in 5,5 km, entstandene Tief wurde aufgrund seiner prognostizierten Wetterwirksamkeit für Europa noch am selben Tag auf den Namen RAINER getauft. Sein Zentrum befand sich mit einem ungefähren Kerndruck von 1005 hPa etwa 800 Kilometer südöstlich der Südspitze von Grönland.

Bis zum Folgetag verlagerte sich das Bodentief RAINER mit der Höhenströmung nach Osten und lag nun etwa 500 km südlich von Island und ungefähr 700 km westlich von Schottland. Der Druck im Tiefdruckzentrum hatte sich auf unter 995 hPa reduziert. Von dort ging eine Warmfront aus, die in einem Bogen entlang der Faröer-Inseln und der zu Schottland gehörenden Inselgruppen Shetland und Orkney und weiter über die westliche Nordsee bis zum Ärmelkanal verlief. Weiter westlich spannte sich der Warmluftsektor auf, an dessen westlichem Ende die vom Tiefdruckzentrum nach Süden und Südwesten reichende Kaltfront lag. Diese ging nördlich der Azoren in eine Warmfront über, die zu einem unbenannten Tief über Ostkanada gehörte. Kurz hinter der Kaltfront folgte vom Kern des Tiefs RAINER ausgehend für einige Hundert Kilometer eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die sogenannte Okklusion. Am Rande des Tiefs RAINER stieg die Temperatur im Einflussbereich des Warmsektors am Londoner Flughafen Heathrow auf 27°C an, was eine deutliche Erwärmung im Vergleich zu 22°C am Vortag bedeutet. Auf den Schottland westlich vorgelagerten Äußeren Hebriden war es teils sehr windig, so meldete die Station Stornoway am Morgen des 30. Juni maximale Böen von 42 Knoten oder knapp 80 km/h, was der Sturmstärke 9 entspricht. Die norwegische Hafenstadt Bergen gelangte bis zum Morgen des 1. Juli mehr und mehr in den Einflussbereich des Tiefs RAINER, sodass mit Annäherung des Okklusionspunktes, die Stelle an der sich die Okklusion wieder in Warm- und Kaltfront spaltet, in 24 Stunden eine Niederschlagsmenge von 5 Litern pro Quadratmeter zusammenkam.

Am 1. Juli befand sich der Kern des Tiefs RAINER mit einem Luftdruck von weiterhin knapp 995 hPa nördlich der Faröer-Inseln. Von dort zog sich eine Okklusionsfront nach Norden bis über die Gegend östlich der Insel Jan Mayen, von wo eine Warmfront und eine Kaltfront ausgingen. Während die Warmfront bis nahe der Inselgruppe Spitzbergen reichte und dort in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs weiter nördlich überging, beschrieb die vom Okklusionspunkt abzweigende Kaltfront einen scharfen Bogen nach Süden und zog sich entlang der norwegischen Küste bis über die Region von Bergen. Dort zweigte eine Warmfront nach Süden ab und reichte über das westliche Mitteleuropa bis über die Schweiz, wogegen sich die Kaltfront weiter über die Nordsee und den Süden Großbritanniens bis einige Hundert Kilometer nordwestlich der Iberischen Halbinsel erstreckte. Wenn sich Warm- und Kaltfront wie ein Reißverschluss zusammenziehen, sind in diesem Okklusionsbereich oft besonders ausgeprägte Wettererscheinungen wie Niederschläge zu beobachten.

Am Morgen des nächsten Tages lag der Kern des Tiefs RAINER mit einem Luftdruck von ungefähr 990 hPa zwischen Jan Mayen und Island. Die Fronten des Tiefs RAINER zogen dabei weiter nach Osten und brachten auch einigen Gebiete in Deutschland teils ergiebigem Regen. So kamen beispielsweise in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern und an der Berliner Wetterstation Tempelhof jeweils 12 l/m² zusammen, während in Magdeburg in Sachsen-Anhalt 14 l/m² Regen fielen. Deutlich übertroffen wurden diese jedoch Werte von Braunlage im niedersächsischen Teil des Oberharzes, wo durch Staueffekte der von Westen gegen das Gebirge stoßenden feuchten Luftmassen 50 l/m² zusammenkamen.

Am 3. Juli hatte sich die Position des Tiefdruckkerns des Wirbels RAINER kaum geändert, jedoch hatte sich der Druck im Zentrum auf etwa 995 hPa erhöht. Vom Tiefdruckzentrum zog sich nach Nordosten eine Okklusionsfront entlang der ostgrönländischen Küste bis nördlich von Spitzbergen. Im weiteren Verlauf löste sich das Tiefdruckgebiet RAINER schließlich über Grönland auf und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 24.08.2013 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 01.07.2013

Pate: Rainer Krämer