Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
RANDOLF
(getauft am
24.04.2013)
Am 24. April befand sich über dem Nordatlantik ein Langwellentrog, also
ein weiträumiges Gebiet in dem sehr kalte Luftmassen in großen Höhen nach Süden
vorstießen. Dieser spannte sich von Neufundland ausgehend in einem weiten Bogen
über den Nordatlantik bis nach Nordwesteuropa. Der Übergangsbereich zwischen
polarer Meereskaltluft zu subtropischen Luftmassen südlich davon, stellte sich
in Form einer Luftmassengrenze dar, welche einen Tiefdruckkomplex im Bereich
der Azoren mit dem Tief QUIRIN über Nordwesteuropa verband. Entlang dieser
Luftmassengrenze sollte sich ein flaches Wellentief im Bereich der Britischen
Inseln bilden. Da dieses Tiefdruckgebiet unter Intensivierung Einfluss auf das
Wettergeschehen in Mitteleuropa nehmen sollte, wurde das entstandene
Tiefdruckgebiet in der Prognose für den Folgetag auf den Namen RANDOLF getauft.
Um 00 Uhr UTC, d.h. 02 Uhr MESZ, des 25. April lag der Wirbel RANDOLF
nahe Dublin mit einem Kerndruck von etwa 1020 hPa. Die Kaltfront von Tief
RANDOLF erstreckte sich nach Südwesten über den Atlantik und ging in eine
Warmfront eines unbenannten Tiefs über. Die Warmfront hingegen verlief nach
Osten über Wales, England, die Niederlande und Deutschland, wo sie sich mit der
Kaltfront von Tief QUIRIN verband. Im Zusammenhang mit der Zyklogenese fielen
vor allem in der ersten Tageshälfte in einem Streifen von Irland bis
Nordengland länger anhaltende, gleichmäßige Niederschläge. So wurden in Dublin
bis zum Abend 10 l/m2 in 12 Stunden registriert. Ähnliche
Regenmengen fielen auch an der Nordwestküste Englands, wie zum Beispiel in St. Bees
mit 9,6 l/m2. Eine starke westliche Höhenströmung sorgte dafür, dass
sich Tief RANDOLF unter Intensivierung rasch weiter über die Nordsee und bis zur
nächsten Nacht vor die Westküste Dänemarks verlagerte. Der Süden Englands lag
vorübergehend im Warmluftsektor, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront,
sodass die Temperaturen auf bis zu 23°C im Londoner St. James Park stiegen. Im
Tagesverlauf überquerte jedoch die Kaltfront die Britischen Inseln, wodurch rückseitig Meereskaltluft subpolaren
Ursprungs vom Nordatlantik einfloss. In Mittelengland, erreichten die
Maximalwerte selten um oder über 10°C, in Blackpool waren
es zum Beispiel genau 10°C.
Am 26. April wurde der Kern von Tief RANDOLF über Südnorwegen im Raum
Oslo analysiert, wobei der Luftdruck in Oslo-Blindern 1007,8 hPa betrug. Vom
Zentrum ausgehend erstreckte sich zunächst eine kurze Okklusionsfront, also eine
Mischform aus Warm- und Kaltfront, südwärts und spaltete sich über Dänemark in
Warm- und Kaltfront auf. Während die Warmfront südostwärts über die Ostsee bis nach
Zentralpolen reichte, zog sich die Kaltfront in einem weiten Bogen über
Nordwestdeutschland, Belgien und Nordfrankreich bis hinaus über den Atlantik.
Subtropische Luftmassen aus dem Mittelmeerraum wurden durch den
zyklonalen Drehsinn, d.h. gegen den Uhrzeigersinn, nach Mittel- und Osteuropa
geführt. Dadurch lagen die Tagesmaxima zum Beispiel in Regensburg bei 27,5°C,
in Cottbus bei 27,0°C, in Krakau bei 26,7°C, in Warschau bei 25,9°C und in Prag
bei 26,0°C. Mit der Kaltfront einhergehend waren länger anhaltende
Niederschläge verbunden, die 12-stündig bis zum Abend verbreitet 5 bis 10 l/m2,
stellenweise auch mehr als das Doppelte, so wie in Dijon mit 23 l/m2
brachten.
Rückseitig der Front erreichte kühle, subpolare Meeresluft bis zum Abend
die europäische Nordseeküste. In den Schottischen Highlands fielen vorübergehend
Schnee, Schneeregen oder Graupelschauer, wie beispielsweise in Loch Glascanoch und auf dem Cairngorm Mountain mit 1245 m Höhe gab es bei Höchstwerten von -3°C
Dauerfrost.
Am 27. April um 00 Uhr UTC konnten zwei Kerne analysiert werden. Das Tief
RANDOLF I hatte sich bereits zügig weiter über St. Petersburg verlagert. Dabei betrug
der niedrigste Druck 999,4 hPa und wurde im etwa 180 km östlich von St.
Petersburg entfernten Tihvin gemessen. Die vom Kern
ausgehende Okklussionsfront verlief halbkreisförmig
bis etwa zur Grenze nach Weißrussland, wo sie sich in Warm- und Kaltfront
aufspaltete. Die Warmfront hatte Weißrussland und die Ukraine bereits
weitgehend überquert und erstreckte sich in südlicher Richtung bis zum
Schwarzen Meer. Die Kaltfront hingegen verlief nach Südwesten und ging in die
Warmfront von Tief RANDOLF II über. Dieser wurde mit einem Kerndruck von 999,0
hPa über Bromberg in Zentralpolen analysiert. Der Temperaturkontrast vom Vortag
zwischen der von Norden einfließenden, subpolaren Meereskaltluft und der von
Süden advehierten subtropischen Mittelmeerluft blieb aufgrund der zonalen Lage
der Luftmassengrenze in der nordostwärts gerichteten Höhenströmung bestehen. In
einem nur wenige 100 km breiten Streifen der von Pommerschen Ostseeküste quer
über Deutschland bis nach Südostfrankreich reichte, fielen in zwölf Stunden zum
Beispiel in Potsdam 13 l/m2, in Freiburg 19 l/m2, in
Stuttgart 21 l/m2, in Lyon 20 l/m2 oder in Clermont-Ferrand 21 l/m2. Das Einfließen
subpolarer Luft verursachte ein Absinken der Schneefallgrenze über dem
westlichen Mitteleuropa im Tagesverlauf auf circa 600 bis 800 m, was in den nördlichen
Mittelgebirgen zu zeitweiligem Schneeregen oder Schneefall führte. In
Ostfrankreich fiel zum Abend hin sogar bis in tiefe Lagen Schnee, wie zum
Beispiel in Lyon, der allerdings nicht liegen blieb. Ansonsten blieben die
Temperaturen meist im einstelligen Bereich. So lag die Höchsttemperatur in
Frankfurt am Main zum Beispiel nur bei 7,1°C. Dagegen wurden nur wenige hundert
Kilometer südöstlich davon durch die einfließende subtropische Luft weiterhin sommerliche Temperaturen wie etwa in Wien mit 25,5°C
gemeldet.
Vor allem in Nähe der einzelnen Tiefdruckzentren kam es zu schauerartig verstärkten
Niederschlägen, die am späten Nachmittag vereinzelt gewittrig verliefen wie
beispielsweise östlich von Kiew oder in Prag.
Bis zum 28. April lag die Zyklone RANDOLF I um 00 Uhr UTC über dem Raum
Perm mit unverändertem Druck. Die Warmfront verlief nach Süden aus dem
Analysebereich heraus und die Kaltfront ging in die Warmfront des südlich von
Moskau gelegenen Tiefs RANDOLF II über. Dessen Kaltfront wiederum ging in die
Warmfront des neu gebildeten Tiefzentrums RANDOLF III über, das sich über
Tschechien nahe Prag befand. Die Kaltfront verlief in südwestliche Richtung und
verband sich mit der Warmfront eines über Norditalien befindlichen unbenannten Tiefs.
Im frontalen Bereich war es vor allem in der Nacht zu diesem Tag zu weiteren
ergiebigen Niederschlägen gekommen. Bis 06 Uhr UTC summierten sich die
12-stündigen Regenmengen vor allem am Nordrand der fast stationären Front auf
24 l/m2 in Gera, 10 l/m2 in Bamberg, Oschatz oder Würzburg,
20 l/m2 in Lodz und 15 l/m2 in Warschau. In Osteuropa kam
es im Bereich des Tiefdruckkerns von RANDOLF III zu konvektiven Niederschlägen,
die abermals von Gewittern durchsetzt waren. Vor allem in Weißrussland brachten
die Gewitterschauer noch mal bis zu 11 l/m2 in 12 Stunden bis 18 Uhr
UTC. Im Tagesverlauf sollte sich jedoch die Wetterwirksamkeit der
Luftmassengrenze allmählich abschwächen, da sich von Westeuropa und dem
Ostatlantik her zunehmender antizyklonaler Einfluss bis nach Mitteleuropa
bemerkbar machte.
Während RANDOLF I in die Zirkulation eines Tiefs östlich des Nordural
aufgenommen wurde, hatte sich RANDOLF II aufgelöst. Daher wurde das Tief
RANDOLF III in RANDOLF umbenannt und befand sich am 29. April um 00 Uhr UTC mit
knapp unter 1005 hPa in der Nähe der an der Wolga gelegenen Stadt Samara. Vom
Zentrum ausgehend verlief die Warmfront ostwärts über das Uralgebirge. Die Kaltfront
hingegen erstreckt sich leicht geschwungen nach Südwesten über die Ukraine bis
nach Ungarn um dort in die Ausläufer eines Tiefdruckkomplexes über dem
Mittelmeer überzugehen. Bis in die frühen Nachmittagsstunden kam es im Gebiet
zwischen der Wolga und dem südlichem Ural noch zu schwachen Schauern, vereinzelt
auch Gewittern, wie in Magnitogorsk.
Im weiteren Verlauf wurde Tief RANDOLF unter zunehmender Abschwächung ostwärts
gesteuert und konnte nicht weiter in der Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben von
Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte:
27.04.2013
Pate: Randolf Jorberg