Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet REBEKKA
(getauft am 20.02.2012)
Mitte Februar
entwickelten sich etwas südlich der nordamerikanischen Insel Neufundland zwei Bodentiefs,
welche sich in den folgenden Tagen über die Labradorsee zwischen Neufundland
und der Südspitze Grönlands verlagerten. In diesem Bereich gelangten die
Zyklonen in die steuernde Höhenströmung in ca. 5,5 km Höhe, was für eine
plötzliche Intensivierung des Tiefkomplexes sorgte. In der Folge verschmolzen
beide Tiefzentren miteinander und das entstandene System verlagerte sich rasch
ostwärts. Die Zyklone erreichte schließlich am frühen Morgen des 20. Februar
Island und wurde noch am gleichen Tag auf den Namen REBEKKA getauft.
Das Tief wies zum
Zeitpunkt der Taufe einen Kerndruck von knapp unter 990 hPa und ein
umfangreiches Frontensystem auf. Auf der Vorderseite reichte zunächst eine
Warmfront bis an die norwegische Westküste etwa bis zur Stadt Bergen. Eine
Okklusion, die eine Mischform aus Warm- und Kaltfront darstellt, reichte
bogenförmig in süd- bis südwestliche Richtung bis vor die irische Westküste auf
die Breite von Dublin. Dort befand sich der sogenannte Okklusionspunkt, wo sich
die Okklusion wieder in Warm- und Kaltfront teilt. Von diesem Punkt aus reichte
eine weitere Warmfront etwa 1000 km in südliche Richtung, wohingegen die
deutlich kürzere Kaltfront nur einige Hundert Kilometer südwestwärts verlief.
Zudem erstreckte sich eine weitere Okklusionsfront auf der Rückseite des Tiefs,
die vom Kern ausgehend bis zur Südspitze Grönlands reichte.
Auf Island sorgte
die Zyklone REBEKKA verbreitet für Dauerregen, sodass beispielsweise in Kirkjubæjarklaustur (Südisland) 10 l/m² innerhalb von 15 Stunden fielen. Insbesondere aber an
der norwegischen Westküste summierten sich hohe Niederschlagsmengen auf. Grund
dafür war das skandinavische Gebirge, welches die mit den Fronten verbundenen
Niederschlagsgebiete durch Staueffekte verstärkte. In vielen Orten an der
Westküste fielen daher Niederschlagsmengen um 10 l/m² oder mehr, wie z.B. in Vangsnes mit 14 l/m² innerhalb von 24 Stunden. Stellenweise
wurden diese Mengen jedoch deutlich übertroffen, in Bergen und Eik Hove wurden jeweils 31 l/m²
innerhalb desselben Zeitraums gemessen. Neben teils kräftigen Regenfällen
beeinflusste das Tief REBEKKA aber auch durch starke Windböen das
Wettergeschehen im Einflussgebiet. In den schottischen Highlands wurden an
mehreren Orten Orkanböen gemessen, wie z.B. auf dem Cairnwell-Pass
mit 122 km/h oder auf dem Aonach Mor
mit 167 km/h. Im Flachland erreichten die Böen wie z.B. im englischen Boulmer mit 81 km/h Sturmstärke.
Im weiteren
Tagesverlauf verlagerte sich die Zyklone REBEKKA zügig in Richtung Osten. Sie
erreichte am frühen Morgen des 21. Februar mit einem Kerdruck
von rund 970 hPa die norwegische Westküste südwestlich der Stadt Tromsö. Das Frontensystem bestand aus einer
Okklusionsfront, welche sich vom Kern ausgehend in leichter Bogenform über
Nordnorwegen und Mittelschweden bis zum Okklusionspunkt über der Nordspitze
Dänemarks erstreckte. Von dort ausgehend reichte eine Warmfront südwestlich
über die Nordsee und Südengland hinweg, über den Atlantik bis knapp südwestlich
von Cornwall. Die Kaltfront reichte hinter der Warmfront bis zur schottischen
Stadt Edinburgh. Zudem verlief eine weitere bogenförmige Kaltfront vom
Tiefzentrum über die norwegische Westküste bis zur Stadt Bergen und von dort
aus weiter bis zu den Färöerinseln.
Die Zyklone mit
ihrem umfangreichen Frontensystem beeinflusste zunächst in großen Teilen
Skandinaviens das Wetter. So brachten die Niederschlagsgebiete in der Nähe des
Tiefzentrums vereinzelt Summen über 10 l/m², wie z.B. in Tromsö
mit 16 l/m² in 24 Stunden oder 11 l/m² in demselben Zeitraum im etwas südlicher
gelegenen Sortland. Trotz der verhältnismäßig milden
Atlantikluft fielen diese Mengen allerdings teilweise in fester Form, sodass
die Schneedecke in Tromsö um 9 cm auf 52 cm anstieg.
Fernab der Küstenregionen sorgten die Niederschlagsgebiete ausschließlich für
Schneefall. In Finnland wuchsen die Schneedecken z.B. verbreitet um 1 bis 2 cm
an. Auch im Baltikum und Westrussland verzeichnete man ähnliche Zuwächse der
Schneehöhe. Beispielsweise kann Türi in Estland mit 3
cm in 24 Stunden oder St. Petersburg in Russland mit 4 cm genannt werden, wobei
die Temperaturen nur geringfügig den Gefrierpunkt überschritten.
Im Verlauf des
Tages schwächte sich das Tief REBEKKA wieder etwas ab und verlagerte sich in
nordöstliche Richtung. Es erreichte gegen 1 Uhr MEZ die Barentssee in einem
gedachten Dreieck zwischen Spitzbergen, dem Nordkap und der russischen Insel Nowaja Semlja. Das Tief wies zu diesem Zeitpunkt einen
Kerndruck von knapp unter 980 hPa auf und besaß eine langgestreckte
Okklusionsfront, die im zunächst hakenförmig um das Zentrum verlief. Von dort
aus reichte sie in südliche Erstreckung über die Halbinsel Kola ungefähr bis
St. Petersburg und anschließend in bogenförmiger, südwestlicher Richtung über
Weißrussland bis Warschau.
Da das
Frontensystem mit dem Transport feuchter und relativ milder Atlantikluft die
bis zu diesem Zeitpunkt vorherrschende kalte Festlandsluft verdrängte, wies die
Okklusion einen warmfrontähnlichen Charakter auf. Dadurch fiel an den
Niederschlagsgebieten vor der Front zunächst durchweg Schnee. In der russischen
Stadt Twer fielen z.B. 4 cm Neuschnee innerhalb von
24 Stunden. Auf der Rückseite setzte sich jedoch die milde Atlantikluft durch,
sodass wie in Minsk, zunächst Schnee und anschließend Regen fiel.
Die Zyklone
verlagerte sich weiter in nördliche Richtung und erreichte am Morgen des 23.
Februar mit einem Kerndruck von knapp unter 980 hPa die Nordspitze der
Inselgruppe Spitzbergen. Zwar besaß das Druckgebilde weiterhin eine
Okklusionsfront, die sich vom Kern ausgehend in südliche Richtung über die
russische Stadt Archangelsk und Moskau bis Rostow am Don erstreckte, allerdings
verlagerte sich die Luftmassengrenze kaum noch.
An der Front
hielten die leichten Schneefälle dennoch an. In einigen Städten wie z.B. in
Moskau oder im südlich davon gelegene Woronesch nahm die Schneehöhe im
Tagesverlauf um 1 cm zu. Selbst am südlichen Ende der fast 4000 km langen
Okklusionsfront kam es noch zu Schneefällen bzw. Schneeschauern, so
beispielsweise in Rostow am Don.
Allmählich füllte
sich die Zyklone REBEKKA im Tagesverlauf weiter mit Luft auf und auch die
Aktivität des großräumigen Frontensystems nahm ab, sodass das Tief am Folgetag,
dem 24. Februar, nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden
konnte.
Geschrieben am 11.04.2012 von Alexander Bütow
Berliner Wetterkarte: 21.02.2012
Pate: Peter Harder