Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet REINHARD

(getauft am 31.01.2021)

 

In den letzten Januartagen des noch jungen Jahres 2021 befand sich in der Höhe ein sogenannter Trog, also ein Kaltluftvorstoß nach Süden, welcher am Boden die Entstehung von Zyklonen begünstigt. Dieser lag in einer Höhe von circa 5,5 km und war östlich der Vereinigten Staaten über dem zentralen Nordatlantik analysiert worden. Der Höhentrog führte schließlich zur Bildung eines zunächst als Randtief entstandenes Tiefdruckgebiet, welches am 31. Januar auf den Namen REINHARD getauft wurde. Zu dieser Zeit, dem letzten Tag des Monats, um 00 UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, lag Tief REINHARD mit einem Kerndruck von unter 995 hPa mehrere hundert Kilometer südlich von Neufundland am südwestlichen Rand der Zyklone QUIRIN, welche weiter nordöstlich mitten über dem Atlantik zu verorten war.

Zum 01. Februar verlagerte sich das Tiefdruckgebiet gen Osten und verstärkte sich auf unter 990 hPa. Zum 00 UTC Termin diesen Tages befand sich das Tief REINHARD nordwestlich der Azoren über dem zentralen Nordatlantik. Die Zyklone hatte bereits eine Warm- sowie eine Kalt- als auch eine Okklusionsfront ausgebildet. Bei einer Okklusionsfront handelt es sich um eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, welche Eigenschaften beider in sich vereint. Entlang dieser Front kommt es zu vertikaler Luftbewegung, was oft zu Niederschlägen führt. Der Punkt, an dem sich die Kaltfront unter die Warmfront schiebt und diese anhebt, nennt sich Okklusionspunkt. Dieser lag zu dieser Zeit östlich des Kerns. Von ihm aus verlief die Warmfront gen Osten bis westlich der spanisch-portugiesischen Westküste und die nachfolgende Kaltfront erstreckte sich gen Süden, im späteren Verlauf nach Südwesten. An diesem Tag wurde auch erstmals Niederschlag registriert, welcher dem Tiefdruckgebiet zuzuordnen war. So fielen auf den Azoren 12-stündig bis 18 UTC 1 bis 4 l/m². Im nachfolgenden Zeitintervall kamen sogar bis zu 14 l/m² zusammen, wie beispielsweise an der Station Flores/Acores.

 

Bis zum Folgetag, dem 02. Februar, verlagerte sich die Zyklone abermals gen Osten und hatte sich erneut um gut 10 hPa verstärkt und so einen Kerndruck von unter 975 hPa inne. Der Kern war immer noch sehr nah am Tiefdruckkern der Zyklone QUIRIN I bzw. folgte unverändert dessen Strömungsmuster, wodurch sich eine Tiefdruckrinne südlich von Island bilden konnte. Dies bezeichnet einen Bereich (Rinne), welcher von niedrigem Luftdruck gekennzeichnet ist und zwei Tiefdruckgebiete miteinander verbindet. Das Tief REINHARD positionierte sich zum 00 UTC Termin westlich von Irland und seine Okklusionsfront lag bereits über Irland. Sie verlief bis zum Okklusionspunkt über dem westlichsten Punkt Frankreichs und spaltete sich dort in die kurze Warmfront, welche bis nach Bordeaux reichte, und die längere Kaltfront, welche gen Südwesten verlief und westlich der spanisch-portugiesischen Westküste in die Warmfront der Zyklone SIEGBERT überging, auf. Die Niederschläge, welche dem Tief REINHARD an diesem Tag zuzuordnen waren, fielen bis 06 UTC vor allem über Irland, Großbritannien und Frankreich, später dann aber auch über Deutschland und den Benelux-Länder. Zwölfstündig bis 06 UTC fielen in Irland maximale 19 l/m² in Dublin, in Großbritannien maximale 13 l/m² in Capel Curig und in Frankreich maximale 12 l/m² in La Roche, südlich von Nantes. Im darauffolgenden Zeitintervall bis 18 UTC trafen der Regen sowie der Sprühregen auch auf Deutschland. Ganz im Norden, wie in Hamburg oder Rostock blieb es trocken. Im Westen Deutschlands kam es zu Regenmengen um die 8 l/m² mit maximalen Werten um 11 l/m² in Meinerzhagen-Redlendorf nahe Wuppertal. Die meisten Regenfälle wurden allerdings im Südwesten registriert, wo Regensummen von knapp 20 l/m² an den Stationen Baiersbronn-Ruhestein und Bad Rippoldsau mit 18,5 l/m² und 19,4 l/m² gemeldet wurden.

 

Innerhalb der nächsten 2 Tage blieb das Tiefdruckgebiet REINHARD relativ stationär und verlagerte sich nur leicht im Bereich Irlands. Der Kerndruck war wieder angestiegen auf nunmehr knapp unter 995 hPa. Die Zyklone hatte nun keine Okklusionsfront mehr ausgebildet, lediglich eine Kalt- sowie eine Warmfront existierten noch. Erstere verlief um 00 UTC des 04. Februars vom Kern aus in westliche Richtung einige hundert Kilometer über den Nordatlantik, wo sie auch endete und die Warmfront zog in östliche Richtung, wo Sie über den Niederlanden in die Kaltfront der Zyklone SIEGBERT überging, welche zu dieser Zeit etwa auf halber Strecke zwischen Hamburg und Warschau lag. Interessant zu wissen ist noch, dass Tief SIEGBERT erst 2 Tage zuvor entstand und innerhalb dieser Tage von den Azoren bis zu seiner aktuellen Position gewandert war und REINHARD im Vergleich lediglich einige hundert Kilometer hinter sich bringen konnte. Die Niederschläge fielen zum Großteil über den Britischen Inseln und dort meist in Form von Regen, in Schottland teils auch als Schneefall. Innerhalb von 24 Stunden wurden bis zum Folgetag um 06 UTC Niederschlagsmengen von bis zu 42 l/m² registriert, wie an der Station West Freugh nördlich der Isle of Man. An den Stationen Port Ellen (auf der Insel Islay), Machrihanish und Glasgow wurden ähnliche Mengen mit 37 l/m², 32 l/m² und 32 l/m² verbucht.

 

Die Abschwächung des Kerndrucks sollte sich auch in den kommenden Tagen fortsetzen, so lag der Druck einen Tag später nur noch bei gut 1000 hPa. Die Zyklone REINHARD befand sich um 00 UTC über dem Ostteil Irlands. Eine Okklusionsfront verlief einige hundert Kilometer in südwestlicher Richtung und eine weitere Okklusionsfront verlief erst nach Norden, über Schottland aber nach Südosten abknickend, später als Warmfront bis nach Budapest, wo sie nach wie vor mit der Kaltfront von Tief SIEGBERT verbunden war. Niederschläge wurden entlang der Fronten registriert, vor allem aber über den Britischen Inseln sowie Deutschland. So wurden 12-stündig bis 18 UTC Niederschlagsmengen von bis zu 17 l/m² in Ballypatrick, im Norden Irlands gelegen, registriert und bis zu 12 l/m² in Gießen. In Deutschland war der äußerste Norden sowie Süden vom Niederschlag verschont geblieben, welcher meistens als Regen, teils aber auch als Schneefall den Erdboden erreichte.

 

Innerhalb der nächsten Tage sollte sich das Tiefdruckgebiet REINHARD weiter abschwächen und war demzufolge am 06. Februar das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet. Der Kerndruck lag bei knapp unter 1010 hPa und es sollte innerhalb des Tages vom Tiefdruckkomplex TRISTAN aufgenommen werden und für die Bildung des Teiltiefs TRISTAN I sorgen, welches anschließend weiter über Mitteleuropa vorherrschen sollte.